18-jähriger Syrer in Bocholt gespannt auf das „Geheimnis“ der deutschen Industrie



Sieben Oberstufen-Jahrgänge – insgesamt ganz genau 148 Schülerinnen und Schüler aus Bocholt, Borken und Umgebung – haben inzwischen das Duale Orientierungspraktikum (DOP) des Unternehmerverbandes absolviert. Es besteht aus einer studienpraktischen Woche an der Westfälischen Hochschule (WH) und einer betriebspraktischen Woche in einem hiesigen Betrieb. „Rund 20 Prozent der ehemaligen DOP-Absolventen studieren nun tatsächlich an der WH“, freute sich Prof. Dr. Martin Maß.

Einer von ihnen ist Leon Koch, Schüler des DOP-Jahrgangs 2013, der bei der Abschlussveranstaltung am vergangenen Freitag im Berufskolleg Bocholt-West von seinem weiteren beruflichen Werdegang berichtete. Sein Duales Studium hat den 19-Jährigen zum einstigen Praktikumsbetrieb Flender geführt. „Ich bin jetzt im zweiten Ausbildungsjahr und arbeite in der Konstruktionsabteilung schon aktiv mit.“ Nicht nur Kochs Bericht, sondern auch das Praktikum selbst seien authentisch und auf Augenhöhe, erklärte Jürgen Paschold vom Unternehmerverband, der das Praktikum organisiert hatte: „Die drei Schülerinnen und elf Schüler, die dieses Jahr mitmachten, kamen mit fast gleichaltrigen Studierenden und Azubis ins Gespräch. So wurden die aussichtsreichen Perspektiven, die technische Berufe bieten, von allen Seiten sehr gut deutlich.“

Abd Al Karem Hadla, 18-jähriger Schüler des Mariengymnasiums, absolvierte seine betriebspraktische Woche bei der Pieron GmbH, einem von elf Bocholter bzw. zwei Borkener Unternehmen, die mitmachten. „In Syrien haben wir von der deutschen Industrie und dem deutschen Maschinenbau gehört, der der Beste sein soll. Mich hat interessiert, welches Geheimnis und welche Abläufe dahinter stecken.“ Deutlich wurde dem jungen Mann, der vor zwei Jahren nach Deutschland kam, wie der Alltag von Studierenden aussieht und wo Ingenieure eingesetzt werden: „Dieser Beruf gefällt mir sehr. Nur die Büroarbeit in der Qualitätssicherung – das war so gar nichts für mich!“ Pieron-Geschäftsführer Christian Fehler, von Haus aus selbst Ingenieur, hatte Hadla betreut; der Federn-Hersteller im Industriepark ist von Beginn an beim DOP dabei. „Wir gehen inzwischen viele Wege, um Ingenieure auszubilden. Gerade etwa hat einer unserer Werkzeugmacher seinen Master in unserem Haus gemacht. Ein anderer Master-Studierender arbeitet in Teilzeit bei uns.“ Denn der Bedarf an Ingenieuren, so Fehler, habe sich allein in seinem Betrieb innerhalb kurzer Zeit vervielfacht – nicht nur in der Projektentwicklung seien sie gefragt, sondern auch in Qualitätsmanagement, Vertrieb und Werksleitung. „An erster Stelle steht aber immer noch der Facharbeiter. Auch eine Duale Ausbildung bietet tolle Perspektiven“, betonte Fehler.

„Die Generation Praktikum nach dem Schulabschluss gibt es nicht mehr“, machte Prof. Dr. Martin Maß von der WH den DOP-Absolventen bei der Abschlussveranstaltung Hoffnungen. Nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Hochschulen und Universitäten buhlten um technischen Nachwuchs. „Ihr habt Eure Herbstferienwoche deshalb nicht geopfert, sondern investiert“, womit Maß auf die studienpraktische Woche anspielte. In den Herbstferien mischten sich die Oberstufenschüler von Kapu und Marien-Gymnasium bzw. Berufskolleg Bocholt-West und Berufskolleg Technikgymnasium (Borken) eine Woche lang unter die Studierenden. Die Kombination aus praktischer Arbeit in Labors und dem Besuch ausgewählter Lehrveranstaltungen gab den Schülern einen realistischen Einblick in das Studium verschiedenster Ingenieurdisziplinen. Professoren führten sie zudem gezielt an technische Projekte, praktische Arbeiten und Grundlagenversuche heran.

Mitte November – in dieser Zeit waren sie von der Schule freigestellt – schnupperten die Schüler dann Betriebsluft. In den 13 Unternehmen liefen die Schüler mit einem Ingenieur mit oder begleiteten Kollegen mit anderen technischen Berufsschwerpunkten. Organisator Jürgen Paschold vom Unternehmerverband weiß: „Die hiesigen Firmen leisten eine Menge, um selbst technischen Nachwuchs auszubilden, sei es durch die duale Ausbildung oder das duale Studium. Besonders freut mich, dass einige ‚DOP‘-Teilnehmer später tatsächlich den Berufseinstieg im einstigen Praktikumsbetrieb gemacht haben – für beide Seiten ein Gewinn!“

Weitere Informationen
www.duales-orientierungspraktikum.de

Bildunterschrift: Drei Schülerinnen und elf Schüler erhielten für ihr Duales Orientierungspraktikum nun im Berufskolleg Bocholt-West ihre Zertifikate. Mit Unternehmensvertretern, Studierenden, Prof. Dr. Martin Maß (2. v. r.) und Organisator Jürgen Paschold (rechts) vom Unternehmerverband sprachen sie über den Weg zum Ingenieur. (Foto: Unternehmerverband)

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