Café-Pläne am Markt scheitern – Das Dilemma der City



Von Berthold Blesenkemper

Sie durften, sie wollten, aber sie konnten nicht: Der Versuch, ein weiteres attraktives Café in Bocholts „Wohnzimmer“ am Markt anzusiedeln, ist trotz eines hochmotivierten Interessenten nach dreimonatigen intensiven Bemühungen aller Beteiligten gescheitert. Hauptgrund waren nach Angaben des Vermieters zu hohe Auflagen. Darum wird der zur Zeit noch leerstehende Laden an der Ecke Markt/Neustraße, in dem bis zur Insolvenz über Jahrzehnte M+S Moden residiert hatte,  jetzt an ein Fachgeschäft für Akustik und Optik vermietet. Der Fall wirft ein spezielles Licht auf einige Probleme der City. Das Bemühen, die Innenstadt attraktiver zu machen, ist auf vielen Seiten zwar vorhanden. Gleichwohl ist die Realisierung nur selten möglich.

Ein Problem sind behördliche Hürden. Um aus einem Geschäft in einem alten Gebäude ein Café machen zu können, müssen teure Lärmschutz-, Statik- und Brandschutzgutachten her. Auch der Bau von mindestens vier Toiletten (Männer, Frauen, Behinderte, Personal) sowie gesetzliche vorgeschriebenen Aufenthaltsräumen schlägt in Geld. Hinzu kommt die so genannte Stellplatzablöse, die für gastronomische Betriebe solcher Größenordnung schon mal schnell sechsstelligen Summen erreichen kann. Stadtverwaltung, BEW unterstützten die Pläne am Markt laut Vermieter zwar, doch mit einem klassischen Sortiment eines Cafés lassen sich die notwendigen Investitionen dauerhaft nicht refinanzieren.

Große Burger- und Imbissläden haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Wer nicht um 22 Uhr schließen will, muss hohe Auflagen erfüllen oder hinaus in die Vorstadt. So auch in Bocholt, wo sich viele aus der Branche in Nähe des Aa-Sees sammeln.  Anders sieht es mit bestehenden gastronomischen Betrieben aus. Sie genießen Bestandsschutz und müssen viele der oben aufgeführten Auflagen nicht erfüllen. Das gibt Neuanbietern so gut wie keine Chance. Sie können entweder nur bestehende Gaststätten umbauen oder in Neubauten einziehen, die von Beginn für ihre Ansprüche konzipiert wurden

Einige Findige nutzen ein Hintertürchen. Bäckereien und vor allem Kioske deklarieren ihre Läden nicht selten als Verkaufsräume, in denen die gekaufte Ware nebenbei auch verzehrt werden kann. Schon sieht der Gesetzgeber hinsichtlich Lärmschutz und anderer Vorschriften nicht mehr so genau hin.

Was tun? Wer alteingesessene Citylagen schützen will, darf an sie nicht die Maßstäbe von Neubauten legen. Für Auto-Oldtimer gelten schließlich auch andere Regeln als für Neufahrzeuge. Andernfalls wird sich der Trend zu Outlet-Centern oder Einkaufszentren in Außenlagen verstärken. Dabei müssen Immobilienbesitzer, Gewerbetreibende, Verwaltung und Politik an einen Tisch, gemeinsame Visionen entwickeln  und sich in Düsseldorf und Berlin Gehör verschaffen.

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