Denkmal Rathaus „repräsentiert das neu gewonnene Selbstbewusstsein der Stadt“



Vereinfachter Auszug aus der Denkmalliste der Stadt Bocholt zum neuen Rathaus

Charakteristische Merkmale:

Das Rathaus wurde 1974 – 1977 als Verwaltungs- und Kulturzentrum nach Plänen des Architekten Gottfried Böhm aus Köln erbaut. Gegliedert wird der vollflächig verglaste viergeschossige Verwaltungstrakt durch 11 grün gefasste Stützen und horizontale Fluchtbalkone mit Sonnenschutzlamellen. Der Theatertrakt ist hingegen ein geschlossener mit hellroten Backsteinziegeln verkleideter Massivbau. In der Gestaltung greift die Kombination aus grün gefassten Stahlelementen und roten Backsteinen ineinander, um den Kontrast der beiden Trakte zu mildern.Denkmalwert ist die komplette Gebäudestruktur auf der künstlichen Insel mit den fünf Brückenzugängen und dem Stichgraben auf der Westseite mit der Platanen-Baumreihe am Ufer.Zum Denkmalumfang gehört neben der überlieferten Raumstruktur u. a. auch die sichtbare technische Installation der Rohre für die Klimaanlage, die Backsteinböden, die Schriftmalereien an den Fassaden und die bauzeitlichen Fenster und Türen sowie die Wand-, Tür- und Deckenfassungen im Verwaltungs- und Theatertrakt.

Begründung:

Das Rathaus ist bedeutend für die Geschichte der Stadt Bocholt, da hier erstmalig eine Zentralisierung der städtischen Dienste erfolgte und im Zuge der 1975 vollzogenen kommunalen Neugliederung der Neubau auf die neuen Verwaltungsbedürfnisse abgestellt werden musste. Nach dem Bau des Historischen Rathauses 1621 repräsentiert die Architektur des neuen Rathauses quasi 350 Jahre später das neu gewonnene Selbstbewusstsein der Stadt. Der 1909 gegründete Theaterverein fand in dem für seine Bedürfnisse geplanten Theatertrakt zudem erstmalig einen festen Standort.An der Erhaltung und Nutzung des Gebäudes besteht aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Das neue Rathaus wurde aufwendig an der Schnittstelle zwischen Kernstadt und Stadterweiterung auf einer künstlichen Insel in der Bocholter Aa erbaut.

Durch die ums Gebäude platzierten Brücken und das Wegenetz, das teilweise durch das Rathausgebäude hindurch führt, wird auch das Bestreben Böhms dokumentiert, den Bau in einen städtebaulichen Kontext zwischen Altstadt und Siedlungserweiterung zu setzen. Aus wissenschaftlichen und architektonischen Gründen ist der Gebäudekomplex nicht nur ein qualitätsvolles Beispiel für die einheitliche architektonische Umsetzung von Verwaltungs- und Kulturzentren der 1970er und 1980er Jahre und die architektonische Entwicklung von Beton- und Skelettbauten, sondern spielt auch für das Verständnis des Oeuvres des weltbekannten und 1986 mit dem Pritzker-Preis ausgezeichneten Architekten Gottfried Böhm eine wichtige Rolle.

Mögliche Vorbilder für diese technizistische Ästhetik könnten das zeitgleich gebaute Pariser Centre Pompidou und die Uniklinik Aachen sein.Für die Erhaltung und Nutzung des Rathauses liegen in der skulpturalen Architekturgestaltung des Theatersaales und der Schriftmalerei der Fassade sowie der Ausmalung des Theatersaales durch Peter und Markus Böhm künstlerische Gründe vor. Ihnen kommt ein hoher Zeugniswert für die Entwicklung der Bildenden Kunst nach 1945 im Hinblick auf die Gattung ‚Kunst am Bau‘ zu.

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