Innenstadtbesucher bewerten Bocholter City mit „durchschnittlich“



Bocholt. Im Sommer 2016 hatte das Bocholter Stadtmarketing in einer Stellungnahme zum Integrierten Handlungskonzept diverse Massnahmen im konzeptiollen und kommunikativen Bereich für die Bocholter Innenstadt angeregt – u.a. Befragungen, Zählungen, Evaluationen. Damit wurde –trotz seinerzeit fehlendem Ratsbeschluss zur Finanzierung bereits im Herbst 2016 begonnen. „Das Institut für Handelsforschung, Köln, hat uns nach 2014 erneut auf eine Befragung von Innenstadtbesuchern angesprochen – das passte so gut in Konzept und Zeitplan, dass wir die Teilnahme an der bundesweit durchgeführten Befragung direkt zugesagt haben,“ so Ludger Dieckhues, Geschäftsführer von Stadtmarketing Bocholt.

Nach 60 bundesweit beteiligten Städten in 2014 lag die aktuelle Untersuchung mit 121 be­teiligten Städten deutlich höher. So konnte das IFH ein umfassendes Bild zur deutschen Innenstadt aufzeigen. Aufgefächert nach Stadtgrößen (Einwohnerzahl) haben sich in der Größenklasse von 50.000 bis 100.000 Einwohnern insgesamt 31 Städte beteiligt. Bocholt gehört auch dazu. Aus der Region war wieder Ibbenbüren dabei, aber auch die Nachbarstadt Rhede beteiligte sich in der Größenklasse mit bis zu 25.000 Einwohnern. Der sogenannte Top-Performer in der Bocholter Ortsgrößenklasse ist Hilden.

Wie sieht die Zukunft der deutschen Innenstädte aus und was wünschen sich Innen­stadtbesucher von ihren Stadtzentren? Diese Fragen liegen der bundesweiten Untersu­chung „Vitale Innenstädte 2016“ zugrunde, die das IFH Köln im Herbst 2016 durch­geführt hat. Partner der Untersuchung sind die Bundesvereinigung City- und Stadt­marketing Deutschland e.V. (bcsd), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Handelsverband Deutschland (HDE).

Zeitgleich wurden die Innenstadtbesucher in allen Städten zu ihren Einkaufsgewohn­heiten und der Attraktivität der Innenstadt befragt. Die Datenerhebung erfolgte an zwei ausgewählten Tagen (Donnerstag und Samstag) im September 2016 anhand eines ein­heitlichen Fragebogens. Insgesamt sind so mehr als 58.000 Interviews zusammen ge­kommen. Ziel ist es, den Partnern in Handel und Verwaltung dringend benötigte Infor­mationen über die Positionierung ihrer Stadt aus Sicht der Besucher als Planungs­grundlage für standortspezifische Maßnahmen liefern zu können. Die Untersuchung liefert sowohl allgemeine Ergebnisse zur Attraktivität von Innenstädte und die Ansprüche der Inennstadtbesucher an die Stadtzentren der Zukunft als auch spezifische Erkennt­nisse zu einzelnen deutschen Städten aller Größen und Regionen. Auch in Bocholt wurden am 25.9. und am 27.9. durch Stadtmarketing Bocholt rund 600 Innenstadtbesucher befragt                                                                                            

Fünf Thesen zur Vitalität deutscher Innenstädte

In fünf Thesen hat das Institut für Handelsforschung aus Köln alle bundesweiten Ergeb­nisse zusammengefasst. Diese unterscheiden sich zum Teil erheblich von den neun Thesen, die im Jahr 2014 auf der Grundlage dieser Untersuchung erstellt wurden:

These 1: Passanten nehmen Verödung der Innestädte nicht pauschal wahr.
These 2: Innenstädte punkten insbesondere mit Ambiente und Flair.
These 3: Gebäude und Plätze prägen den Charakter einer Innenstadt.
These 4: Mär von Online vs. Offline: Wettbewerb zwischen den Standorten entscheidet.
These 5: Die neue Stadt(ver)führung: Mit digitalen Services zu mehr Frequenz

Ergebnisse für Bocholt

Wie sieht es in Bocholt u.a. bezogen auf diese fünf Thesen aus? Wie bewerten die hie­sigen Innenstadtbesucher die Bocholter City? Liegen wir im Mainstream unserer Orts­größenklasse oder gibt es bei manchen Fragestellungen Abweichungen? Vorweg zu nehmen ist, dass auch in Bocholt die Gesamtbewertung der Innenstadt­attraktivität so wie im Durchschnitt aller teilnehmenden Städte bei 3 plus liegt. Interessant ist das Besucherprofil, das sich für Bocholt anhand der häufigsten Nennun­gen für den Donnerstag ergibt und das in 2016 unterschiedlich zu dem Profil 2014 ist: An einem Donnerstag kommt im Durchschnitt aller Befragten eine weibliche, 41jährige Bocholterin mit dem Zweirad (Fahrrad/Roller/Motorrad), einmal wöchentlich in die Innenstadt. Sie bewertet die Attraktivität der Innenstadt mit der Note 2,5 und kauft Lebensmittel, Bekleidung und Consumer Electronics in den Geschäften von Bocholt. Sie kauft zwar online ein, besucht diese Innenstadt aber unverändert häufig. Damit ist der durchschnitt­liche Besucher der Bocholter Innenstadt jünger (bezogen auf die Ortsgröße sind die Besucher im Schnitt 45,3 Jahre alt) und nutzt aussergewöhnlich häufig das Zweirad, um in die Innenstadt zu kommen (37,2 % im Durchschnitt beider Befragungstage). In den anderen Städten gleicher Ortsgröße nutzen 46,7 % den PKW, um in die City zu gelan­gen

Im Durchschnitt der beiden Befragungstage kommt der Innenstadtbesucher aus Bocholt (64,7 %), was sich in etwa mit dem Ortsgrößendurchschnitt und dem bundesweiten Durchschnitt deckt. Das Einzugsgebiet erstreckt sich vor allem auf Rhede, Hamminkeln, Isselburg, Rees und Borken.

Die Gesamtattraktivität der Innenstadt wird von den Befragten mit einer Note zwischen 1 und 2 bewertet. Das Einzelhandelsangebot allerdings mit einer 3. Hinsichtlich des Ein­kaufsverhaltens suchen die Besucher nur 1 bis 2 Geschäfte in Bocholt bei der Befra­gung auf. Das entspricht den anderen Städten aus der Ortsgrößenklasse. Die Aufent­haltsdauer ist vergleichsweise kürzer und entspricht einer kurzen Zeitspanne bis zu zwei Stunden. Die Besuchshäufigkeit ist seltener, die meisten Besucher kommen wöchentlich in die Bocholter City. Der Gesamteindruck der Innenstadt in Bezug auf die Gesamt­attraktivität wird mit einer Note zwischen 1 und 2 beurteilt, besonders hervorzuheben sind die Themen „Erreichbarkeit mit dem PKW“, „Ladenöffnungszeiten“, „Verkaufs­offene Sonntage“, „Dienstleistungsangebot“. Der Gesamteindruck der Innenstadt in Be­zug auf das Allgemeine Ambiente schneidet ebenfalls gut ab, Benotung liegt zwischen 1 und 2. Allerdings liegen die Einzelbewertungen hinsichtlich Gebäuden, Fassaden, We­gen, Plätzen, Sehenswürdigkeiten, Lebendigkeit nur bei einer durchschnittlichen 3.

Gut werden Sauberkeit und Sicherheit in der Stadt bewertet. Das Einzelhandelsangebot wird insgesamt nur mit einer 3 bewertet. Besonders hervorzuheben ist, dass das Lebens­mittelangebot in der City nur mit Schulnoten zwischen 4 und 6 benotet wird.

Neben diesen „normalen“ Bewertungen durch die Innenstadtbesucher wurde bei der Untersuchung auch ein Augenmerk auf die Online-Affinität der Innenstadt­besucher gelegt. Kostenfreies WLAN ist gefragt und die Möglichkeit, online reservierte oder bestellte Waren in den Geschäften abholen zu können. Weniger wichtig ist scheinbar ein Online-Shop der Geschäfte bzw. ein stadtweiter Online-Marktplatz. Die Auffindbar­keit der Geschäfte im Netz ist für die meisten Befragten von Bedeutung und deckt sich insofern mit der These des IFH, aber auch den Aktivitäten von Stadtmarketing Bocholt sei 2104. Im Vergleich zu den anderen Städten dieser Ortsgrößenklasse kaufen die Befragten in Bocholt verstärkt online ein und besuchen daher die Bocholter Innenstadt zum Einkaufen seltener (21,6 % gegenüber 16,6 % bei den anderen Städten im Durchschnitt).

Innenstadtbesucher bewerten auch die Bocholter Innenstadt mit einer 3+

Ein Fazit aus Bocholter Sicht: Die Innenstadtbesucher bewerten auch die Bocholter Innenstadt mit einer 3+ und verhalten sich in vielen Bereichen wie der Durchschnitt der Besucher aller Städte in gleicher Ortsgröße. Aus Stadtmarketing-Sicht bestätigt sich, dass trotz vieler schon in den letzten Jahren durchgeführter City­management – Projekte keinesfalls in den Bemühungen um eine positive Innenstadt­entwicklung nachgelassen werden darf – im Gegenteil! „Die Umsetzung priorisierter Punkte aus dem Integrierten Handlungskonzept für die Innenstadt muss schnell angegangen werden – gut, dass der Stadtrat im Dezember dem Beginn von Massnahmen zugestimmt hat. Hoffentlich kommt auch kurzfristig ein Förderbescheid des Landes NRW zum Innenstadtkonzept,“ erläutert Stadtmarketing-Geschäftsführer Ludger Dieckhues.

Die fünf aufgestellten Thesen sind auch auf Bocholt zu beziehen. Die Standortattraktivität hat eine besondere Bedeu­tung, hier insbesondere Flair, Ambiente, Gebäude, Plätze, Aufenthaltsqualität. Online vs. Offline hat weiterhin eine hohe Bedeutung, vor allem der inhabergeführte Einzelhandel muss hier reagieren. Denn: die Umsatzanteile im Online-Bereich gehen weiterhin zu Lasten des stationären Handels. Insgesamt gibt jeder fünte Befragte an, dass sich sein Einkaufsverhalten durch die Nutzung von Onlineshopping so verändert hat, dass die Innenstadt seltener aufgesucht wird. Bei genauer Betrachtung der Branchen – so das IFH – zeigt sich aber, dass auch ein stärkerer Wettbewerb zwischen den stationären Standorten stattfindet. Die einzigen Bran­chen, bei denen mindestens jeder Fünfte den Onlineshop bevorzugt, sind Consumer Electronics und Telekommunikation – unabhängig von der Größe des Ortes.

Kleefest-Verkaufsoffener Sonntag
Bokeltsen TreffFür das Citymanagement in Bocholt wesentlich interessanter für die weitere Vorgehensweise auch im Hinblick auf die Umsetzung des Stadtmarketing-Strategiepapiers zum Integrierten Handlungskonzept ist die 5. These: Mit digitalen Ser­vices zu mehr Frequenz. Digitale Services bewertet jeder zweite Innenstadtbesucher positiv – auch in Bocholt. Zugriff auf kostenfreies WLAN (in Bocholt schon zu einem großen Teil in der City vorhanden) ist der beliebteste Service. Aber auch die Möglichkeit, online Informationen über die Ge­schäfte in der Innenstadt einzuholen (siehe für Bocholt der digitale Innenstadt- und Shoppingstadtplan auf der www.bocholt.de) oder online bestellte Ware in Geschäften der In­nenstadt abholen zu können, ist mehr als jedem zweiten Befragten wichtig. Ein eigener Onlineshop ist weniger zwingend, auch lokale Onlinemarktplätze eher nicht. Es findet bundesweit keine reine Verlagerung von stationären zu Online-Umsätzen statt. Vielmehr bestehen vielfältige Wechselwirkungen im Informations- und Kaufverhalten der Konsu­menten. Die Zukunft ist Cross-Channel, denn der traditionelle Handelskäufer, der nur stationär einkauft, stirbt langfristig aus. Diese Entwicklung stellt den traditionellen Han­del und auch Stadtplanung / Stadtmarketing weiterhin vor große Herausforderungen – natürlich auch in Bocholt.

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