Mit Computersimulationen Produkte schneller entwickeln



„Try and Error“ – diese Methode des Ausprobierens und Scheiterns überholt sich gerade, der entscheidende Fortschritt heißt hier: Industrie 4.0. „Am Computer lassen sich heute Anwendungen und Prozesse derart realistisch simulieren, dass nicht mehr Modelle gebaut und Versuche gemacht werden müssen. Das verkürzt die Entwicklungszeit von Produkten rasant, verhindert Fehler in Konstruktion und Material und senkt die Energiekosten“, zählt Verbandsingenieur Jürgen Paschold die Vorteile auf. Er hatte für den Unternehmerverband in Zusammenarbeit mit Wirtschaftsförderung Bocholt und Westfälischer Hochschule das dritte Netzwerktreffen Industrie 4.0 „Von der Vision in die Praxis“ organisiert. Gerade für den Industriestandort Bocholt sei die Digitalisierung eine große Chance, so Ludger Dieckhues, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Bocholt: „Neue Produkte, Geschäftsmodelle, Kooperationen und Arbeitsplätze können durch Industrie 4.0 entstehen. Das kann nicht auf Knopfdruck geschehen, sondern muss sich entwickeln. In unserem Netzwerk bringen wir dafür die richtigen Partner aus Wirtschaft, Gründerszene und Forschung zusammen.“

45 Unternehmensvertreter, angesprochen waren vor allem die Konstrukteure aus Fertigungsbetrieben, kamen zum 3. Forum in der vergangenen Woche in der Hochschule zusammen. „Wehret den Anfängen“ muss ihr neues Mantra lauten. Denn um smart zu konstruieren, müssen die Daten von Beginn an optimal aufbereitet sein und durchgängig gemanagt werden, wie Prof. Dr. Franz-Josef Peitzmann vom Fachbereich Maschinenbau eingangs erläuterte. Dies war schon beim 2. Forum rund um den 3D-Druck deutlich geworden, wie Jürgen Paschold überleitete: „Das Zeichnen und Konstruieren auf Papier hat schon lange ausgedient! Heute heißen die Zauberworte PDM – Produktdatenmanagement, PLM – Produktlebenszyklusmanagement, FEM – Finite-Elemente-Methode sowie CAD / CAM-Datenaufbereitung.“

Mehr über diese Themen erfuhren die Teilnehmer in drei Vorträgen. Professor Dr.-Ing. Frank Lobeck von der Universität Duisburg Essen verdeutlichte, dass einheitliche Produktdaten quer durch alle Abteilungen eines Unternehmens IT-Insellösungen über Prozessgrenzen hinweg zusammenführt. Ein konkretes Beispiel stand im Mittelpunkt des Referats „Von der virtuellen Produktentwicklung zum realen Bauteil“ von Dr. Konrad Weiss, RWP – Gesellschaft beratender Ingenieure für Berechnung und rechnergestützte Simulation mbH. In Gießereien könnten dank Industrie 4.0 die Systeme optimal ausgelegt werden. „Das Temperaturverhalten des Materials oder die Eigenspannung der Bauteile können simuliert werden.“ Der dritte Vortrag von Andre Schwack, Master of Engineering im Fachbereich Maschinenbau, drehte sich um komplexe kinematische Systeme. „Bereits in der Entwicklungsphase können das Bewegungsverhalten an sich und die benötigten Kräfte und Momente ermittelt werden.“

Im anschließenden „world cafe“ erfuhren die Konstrukteure aus den Unternehmen noch genauer, wie Simulationen eingesetzt werden, wo ihre Grenzen sind, welche Wettbewerbsvorteile sich für kleine und mittlere Unternehmen ergeben und wie wirtschaftlich diese Systeme sind. „Auch wenn das Thema heute sehr technisch war, so ist es doch der Wunsch der Unternehmensvertreter, hierzu mit Experten zu diskutieren. Wir werden weitere Themen der Digitalisierung im nächsten Jahr anbieten“, so abschließend Ludger Dieckhues von der Wirtschaftsförderung.

Das Netzwerk Industrie 4.0 „ Von der Vision in die Praxis“ startete im Januar 2016. Organisatoren sind der Unternehmerverband, die Wirtschaftsförderung Bocholt und die Westfälische Hochschule. Der nächste Termin des Netzwerks findet im Frühjahr statt.

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