Serie 36,5 Grad: Reife Leistung – zu Besuch in der Gutsbrennerei Geuting



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PAN-Fotos: Kirsten Enk

VON BERTHOLD BLESENKEMPER

Die aufgeräumt wirkende westfälische Parklandschaft im kleinen, beschaulichen Spork hat sonst nur wenig gemein mit den ursprünglichen Bergen der Südstaaten-Region Tennessees oder dem rauhen Charme des schottischen Hochlandes. Und doch verbindet das Dorf vor den Toren Bocholts etwas Unverwechselbares mit diesen fernen Regionen. Hier reift Whisky. Und zwar ein buchstäblich ausgezeichneter. Seit drei Jahren reiht sich der Name der Gutsbrennerei Joh. B. Geuting – kurz J.B.G. – in die Phalanx der Jack Daniels oder Johnny Walkers dieser Welt ein. Whisky aus dem Münsterland, das ist ebenso ungewöhnlich wie einmalig. Und genau das ist die Geschäftsidee von Magnus Joh. B. Geuting. „Man muss einfach anders sein“, erklärt der Gutsherr mit Tradition und Brenner aus Leidenschaft.

enn Magnus Geuting Besucher durch die 200 Jahr alten Mauern des ehemaligen Getreidelagers führt, in dem sich heute bei Dunkelheit und kühlen Temperaturen die Fässer stapeln, paart sich Begeisterung mit Stolz. Der eben noch scheinbar reserviert wirkende 47-Jährige erzählt fast schon ehrfurchtsvoll davon, wie das hochprozentige Korn-Destillat durch mehrjährige Lagerung in amerikanischer Weißeiche einzigartige Geschmacksnoten annimmt, was es malzig, fruchtig oder würzig macht und woher der für J.B.G. so typische milde Abgang kommt. Er schildert, wie er Single Malt mit Single Grain kombiniert, um seinen Whisky unverwechselbar zu machen. Und er philosophiert über Harmonie und Vollmündigkeit.

Der Erfolg gibt Magnus Geuting Recht. Kaum sind die vergleichsweise kleinen Mengen der Sporker Spirituose auf dem Markt, sind sie auch schon ausverkauft. Wer mehr will, muss bis zur nächsten limitierten Abfüllung warten. Und genau das ist auch das Problem. „Man muss immer schon drei, vier Jahre vorausschauen. Denn wenn unser Brennmeister heute Whisky destilliert, weiß ich noch nicht, wie der Whisky schmecken wird, wenn er fertig ist oder wie sich bis dahin der Markt entwickelt hat“, erklärt der diplomierte Betriebswirt, Destillateur und Kornbrenner.

Nur auf zwei Dinge kann sich der 47-Jährige sicher verlassen: Das ist zum einen eine lange Familienerfahrung und die Gewissheit, dass alle eingesetzten Rohprodukte wie der Weizen und das quellfrische Brunnenwasser vom eigenen, rund 80 Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb kommen und beste Ausgangsqualität garantieren. So haben die Spirituosen aus Spork im Laufe der Zeit zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen erhalten.

Seit 1837 wird am Brennereiweg Alkohol produziert. Was als „Fuselstöcherije“ unter Johann Andreas Geuting begann, wurde von dessen Enkel Johann Bernhard Geuting ab 1900 zu einer Marke entwickelt und ins Handelsregister eingetragen. Geutings Korn, Anis und Wacholder waren in der Region und darüber hinaus gefragt. Der Betrieb wuchs stetig. Magnus Geuting trat als sechste Generation 1997 ins Unternehmen ein und führte ihn – spätestens mit der Übernahme der Geschäfte in 2008 – in die Neuzeit. Der Markt hatte sich spürbar verändert. Marketing und Innovation gewannen an Bedeutung. Die Produktzyklen verkürzten sich.

Heute kann die Gutsbrennerei Joh. B. Geuting e.K. ein Sortiment von über 30 selbst erzeugten Spirituosen anbieten. Auf den sich ändernden Kundengeschmack wird schnell reagiert. Beispiel Fußball-Europameisterschaft. Passend zu dem Großereignis in Frankreich hat Magnus Geuting die einst in Rhede entwickelte Ampel-Kombination aus grünen, gelben und roten Likören in eine fankompatible schwarz-rot-goldene Version umgewandelt. Beliebte Klassiker bleiben derweil Korn und Doppelkorn.

Und doch nimmt der Whisky aus Spork nicht nur in den Regalen des hauseigenen Verkaufsraumes, sondern vor allem wohl auch im Herzen des Chefs einen besonderen Platz ein. Magnus Geuting hat ihn nicht nur entwickelt, sondern vor allem am Markt etabliert. Eine im doppelten Sinne des Wortes reife Leistung.

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