Stadtgeschichte: Klirrende Kälte im Februar 1956 in #Bocholt



Bocholt (PID). Die Witterung zu Jahresbeginn 1956 fiel – ähnlich wie in diesem Jahr – regenreich und mild aus. „Es gibt keinen Winter“, hörte man vor 60 Jahren in Bocholt vielfach sagen. Erst am 28. Januar überkam ein eisiger Nordostwind mit Dauerfrost das Land, der den ganzen Februar über anhielt und in den Nächten sogar für zweistellige Tiefsttemperaturen sorgte. Das historische Foto des Monats zeigt diesmal ein Wintermotiv.
Die Aa fror zu, und immer wiederkehrende Schneefälle verwandelten die Umgebung in ein beständiges Weiß. Im gesamten Bundesgebiet stellten sich Kälterekorde ein.
Minus 20 Grad
Das Winterfoto wurde am 15. Februar 1956 in der Bismarckstraße aufgenommen, deren Häuserreihe bis heute fast unverändert ist. In der vorausgegangenen Nacht und am besagten Tag selbst hatte es in Bocholt – abgesehen von kurzen Unterbrechungen – fortwährend geschneit. Die Verkehrsteilnehmer müssen vorsichtig diese einzige Verbindungsstraße zwischen Bahnhof und Ostwall befahren. Radfahrer bewegen sich mitten auf der Straße, und die Autos halten den erforderlichen Sicherheitsabstand ein. Einen Winterdienst scheint es nicht zu geben, der Schnee auf der Straße ist festgefahren. Auch die Gehwege sind nicht geräumt. Zum Zeitpunkt der Aufnahme traut sich die Nachmittagssonne hervor, welche die Szene recht beschaulich wirken lässt. Vielleicht lud sie den einen oder anderen Bürger zu einem kurzen Spaziergang durch die Kälte ein. In der Nacht zum 16. Februar wurden an der Wetterstation am Mariengymnasium minus 20,4 °C gemessen, tagsüber war es mit minus 14 °C nur wenig gemäßigter.
Mörtel und Gestein barsten
Kälte und Schnee dieses Februars vermochten zwar in Natur und Landschaft durchaus reizvoll erscheinen, die Begleitumstände und Nachwirkungen waren dagegen eher ernüchternd: Das Baugewerbe in Bocholt erlebte durch den Wintereinbruch einen herben Niedergang, die Zahl der Arbeitslosen in dieser Branche stieg binnen Tagen auf mehr als 1.500 an. Es kam zu zahlreichen Verkehrsunfällen in Stadt und Land. Der Januar-Regen hatte die offenen Gemäuer noch vorhandener Kriegsruinen durchzogen. Nach dem Dauerfrost barsten dann vielfach Mörtel und Gestein und beschworen so eine mögliche Gefahr für Passanten oder spielende Kinder herauf. Mit dem einsetzenden Tauwetter Anfang März 1956 kam der Regen zurück, so dass Aa und Pleystrang in den Außenbezirken zum Teil über die Ufer traten. Der Frühling war aber nicht mehr fern, und das Leben in der Stadt blühte nach dem Witterungsumschwung neu auf.

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