Triphaus: Starrer Schuldendeckel ist als Finanzsteuerungsinstrument nicht mehr haltbar



Haushaltsrede von Kämmerer Ludger Triphaus heute im Rat.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Zukunft unserer Stadt ist zu wichtig, als dass wir sie allein der Zukunft überlassen können. Dieser Leitgedanke war bei der Aufstellung des Haushaltplanentwurfs 2017 ein entscheidender Orientierungsfaktor. Bereits seit dem Jahr 2013 haben wir in der Arbeitsgruppe „Strategische Planung innovatives Bocholt“ Innovationsfelder für die Entwicklung der Stadt Bocholt identifiziert und entsprechende Maßnahmen erarbeitet, die Bocholt als kreative und innovative Stadt zukunftsfähig werden lassen. Dieser Prozess wird fortgeführt unter dem Begriff „Zukunftsstadt Atmendes Bocholt 2030+“ von der Vision zum Konzept. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt diesen Prozess bei der Stadt Bocholt mit einer Fördersumme von 200.000 Euro. Das ist eine besondere Auszeichnung, aber auch Verpflichtung. Den Herausforderungen, die eine sich stetig verändernde Gesellschaft an Rat und Verwaltung unserer Stadt stellt, müssen wir gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren Rechnung tragen.

Wir müssen den Internationalisierungsprozess der Stadt Bocholt mit dem Ziel einer starken Positionierung der Bocholter Wirtschaft weiter ausbauen.

Insbesondere die Sicherung und Gewinnung von Fachkräften zur Stärkung der mittelständischen Unternehmen ist eine wesentliche Zukunftsaufgabe. Hierbei werden Unternehmen und Bildungseinrichtungen intensiver zusammenarbeiten und gleichzeitig die Potenziale der grenznahen Lage aufgreifen und systematisch nutzen. Die Einrichtung eines gemeinsamen deutsch-niederländischen Büros bei der Stadtmarketing und Wirtschaftsförderungs GmbH der Stadt Bocholt und der Gemeinde Oude Ijsselstreek ist ein erster nachhaltiger Schritt auf diesem Weg.

Ebenfalls sind Bildung und Qualifizierung strategische Ziele, denen höchste Priorität eingeräumt wurde. Zu deren Umsetzung wurden bzw. werden ca. 40 Mio. Euro bis 2020 zur Schaffung und Sanierung der gebäudlichen Schulinfrastruktur zur Verfügung gestellt. Dadurch werden in den Schulen unserer Stadt nahezu optimale Bedingungen für ein differenziertes Schulangebot geschaffen. Das ist besonders notwendig, wird doch die Schule vom reinen Lernort stets mehr zum Lebensort von Kindern und Jugendlichen. Unsere Aufgabe ist es, durch eine optimale Raumstruktur ein motivierendes Lern- und Aufenthaltsklima zu schaffen. Denn die Kinder und Jugendlichen verbringen den größten Teil des Tages im Lern- und Lebensort Schule.

Bildung und Qualifizierung beinhaltet auch die Frage nach weiteren Bildungsmöglichkeiten oberhalb von Schule.

Mit der Westfälischen Hochschule ist Bocholt seit ca. 25 Jahren Hochschulstandort. Unter den Aspekten von Zukunftsfähigkeit, wachsender Stadt, studentischem Leben im Stadtbild und Internationalisierung mag auch der Gedanke erlaubt sein, in Bocholt eine eigenständige Hochschule zu etablieren und den Abteilungsstatus zu verändern. Ich glaube, es macht ausgesprochen Sinn, sich diesem Themenkomplex – wenn auch behutsam – zu nähern.

Für die Zukunft unserer Stadt ist es dringend nötig, jungen und alten Menschen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern attraktive Lebensbedingungen zu bieten. Dafür ist u. a. der Aufbau eines professionellen Quartiersmanagements dringend erforderlich. Bereits bestehende Ansätze zur Quartiersarbeit müssen ausgebaut und weiter entwickelt werden. Um die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihren Quartieren zu stärken und neue Bürgerinnen und Bürger zu integrieren, bedarf es einer gemeinsam von Bürgern und gesellschaftlichen Akteuren innerhalb des Quartiers sowie der Verwaltung entwickelten Infrastruktur sowohl als Hardware wie auch als Software. Diesbezüglich müssen sowohl in der Verwaltung als auch außerhalb der Verwaltung neue Strukturen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die besonderen Potenziale hinweisen, die die Quartiersentwicklung für die Integration von Flüchtlingen bietet.

Angefangen, meine Damen und Herren, wurde bereits mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme KuBAaI. Diese Umsetzung wird die zukünftige Entwicklung Bocholts maßgeblich mitgestalten. Durch die Entwicklung dieses ehemaligen Textilindustrieareals wird ein Quartier geschaffen, in dem Menschen arbeiten und wohnen, Freizeit verbringen sowie Kultur und Bildung erleben. Dieser Maßnahme muss in all ihren Facetten die weitere städtische Unterstützung gelten.

Zur Realisierung stadtgesellschaftlich relevanter Bereiche bedarf es einer neu strukturierten Kommunikation und Partizipation zwischen Bürgern, Rat und Verwaltung sowie einer Strukturänderung innerhalb der Verwaltung. Eine „innovative und kreative“ Stadt erfordert weniger ein fachbereichsbezogenes als vielmehr ein fachbereichsübergreifendes, projektorientiertes Denken und Handeln strukturell und personell. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bocholt darf weder infrastrukturell noch gesellschaftlich zu einer „Frozen City“ werden, in der Rahmenbedingungen existieren, die Entwicklungen nicht ermöglichen und Weiterungen nicht zulassen. Nein, meine Damen und Herren, Veränderungsbereitschaft und Verschiedenartigkeit sind Elemente eines dynamischen Prozesses. Das muss in Bocholt gewährleistet bleiben und finanziell und ideell unterstützt werden.

In früheren Haushaltseinbringungen hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass wir eine Balance zwischen finanzieller Machbarkeit und der Realisierung zukunftsfähiger struktureller Erfordernisse herstellen müssen. Diese Aufgabe gilt es auch weiterhin zu erfüllen.

Bei der Vorlage des Entwurfs der Haushaltssatzung habe ich mich an die Vorschriften der Gemeindeordnung gehalten, wonach der Haushalt 2017 noch vor Beginn des betreffenden Haushaltsjahres beschlossen werden kann. Das war von Ihnen mit Nachdruck gewünscht und von der Rechnungsprüfung stets angemahnt worden. Die hiermit verbundenen Planungsunsicherheiten werden bewusst in Kauf genommen und ihre Auswirkungen sind während des Beratungsverfahrens zu berücksichtigen oder im Laufe des Haushaltsjahres mit geeigneten haushaltswirtschaftlichen Instrumenten zu bewältigen. Wenn Sie, sehr geehrte Damen und Herren, dem Haushaltsentwurf im ersten Anlauf zustimmen könnten – was meines Erachtens möglich wäre – sind wir just in time.

Bestimmendes Thema auf verschiedenen Ebenen war in den vergangenen anderthalb Jahren die Flüchtlingskrise. Bocholt hat die hiermit verbundenen akuten Herausforderungen dank vieler engagierter haupt- und ehrenamtlich tätiger Akteure gut bewältigt. Mit der Bündelung der Verantwortlichkeiten bei der städtischen Tochter EWIBO wurde der richtige Schritt getan für eine effektive und ganzheitliche Aufgabenerfüllung. Die Schaffung und Bereitstellung von sozialem Wohnraum rundet deren Aufgabenspektrum sinnvoll ab und auch die in diesem Haushalt vorgesehenen Weiterleitungsdarlehen sind hierzu wichtiger Bestandteil, ohne dass sich hieraus eine Haushaltsbelastung ergibt. Durch verschiedene Auszeichnungen für eine qualifizierte Flüchtlings- und Integrationsarbeit wurde deutlich, dass wir in Bocholt die richtigen Wege beschritten haben.

Inhaltlich waren die Haushaltsplanungen in der ersten Hälfte dieses Jahres geprägt von der Diskussion über die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer. Neben der verwaltungsseitig vorgeschlagenen Anhebung der Grundsteuer wurde nach politischer Beratung ergänzend eine Erhöhung der Gewerbesteuer beschlossen mit dem Ziel, das Haushaltsdefizit im Ergebnisplan einzudämmen und eine drohende Aufnahme von Kassenkrediten zu vermeiden.

Der nunmehr vorgelegte Haushaltsentwurf ist gekennzeichnet von zwei Effekten; zum einen von einer erneuten Zunahme des planerischen Defizites im Ergebnisplan und zum anderen von einer immer stärkeren Priorisierung und teilweise voraussichtlich dauerhaften Zurückstellung anstehender Investitionsmaßnahmen vor dem Hintergrund des definierten Schuldendeckels. Trotz aller Sparanstrengungen in den Fachbudgets liegt das Plandefizit bei einem Gesamtvolumen im Ergebnisplan von 194.350.800 Euro bei rund 9 Mio. Euro – der Bürgermeister wies darauf hin. Trotz einer sehr positiven Entwicklung des kommunalen Steueraufkommens können die Einnahmeausfälle bei den Schlüsselzuweisungen (- 4,7 Mio. Euro) und der Mehraufwand für die Landschaftsumlage (+ 1,7 Mio. Euro) nicht kompensiert werden. Ob und inwieweit sich die Bundesentlastungen in Zusammenhang mit der Zuwanderung von Flüchtlingen über die bislang bereits eingeplanten Beträge hinaus entlastend auf den Haushalt auswirken, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilt werden. Ich hoffe, sehr geehrte Damen und Herren, dass am Jahresende ein geringeres Defizit vorliegt. Aber wir werden mit defizitären Haushalten auch in Zukunft umgehen müssen.

Sehr positiv wirken sich die Gewerbesteuer und die Entwicklung der Einkommensteueranteile aus. Wegen der anhaltend guten Werte im laufenden Haushaltsjahr wurde die Gewerbesteuer im Planjahr und auch im Finanzplanungszeitraum nunmehr mit 44,5 Mio. Euro angesetzt; die unterjährige Entwicklung wird dabei aber stets zu beobachten sein. Für die Einkommensteuer wird nach den Orientierungsdaten des Landes und in den Steuerschätzungen in den nächsten Jahren sogar eine deutliche Steigerung erwartet, was für Bocholt in 2017 einen Ansatz von rund 31,5 Mio. Euro bedeutet, der im Finanzplanungszeitraum auf 36,3 Mio. Euro anwächst. In diesen beiden Positionen ist u. a. die Stärke und Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft erkennbar. Das sollte uns bestärken, die gute Arbeit von Stadtmarketing und Wirtschaftsförderungs GmbH konsequent voranzutreiben.

Ein hohes Risiko in der Haushaltsplanung stellt die große Anzahl der absehbaren aber durch die erforderliche Priorisierung derzeit nicht realisierbaren Investitionsmaßnahmen dar. In den vergangenen Jahren beschlossene stadtstrategische Weichenstellungen wie KuBAaI und der Schulentwicklungsplan einerseits zwingend erforderliche Sanierungsmaßnahmen im Schulbereich und zumindest ein Mindestmaß an Investitionen in die Entwicklung von Gewerbeflächen andererseits führen dauerhaft an das obere Limit des Schuldendeckels. Insbesondere Maßnahmen in der Innenstadt, wie sie zum Beispiel nach dem Innenstadtentwicklungskonzept ExWoSt identifiziert wurden oder dringend erforderliche Sanierungsmaßnahmen in den beiden zentralen Parkgebäuden sind auf absehbare Zeit nicht finanzierbar. Ebenfalls betroffen sind Gewerbeflächenentwicklung, Ausbaumaßnahmen von Gewerbegebieten und andere Infrastrukturmaßnahmen. Dies alles führt aber im Gegenzug zu einer fortschreitenden Attraktivitätsminderung und Standortschwächung von Bocholt mit den sich daraus ergebenden negativen Effekten, die sich auf Sicht auch im laufenden Haushalt der Stadt bemerkbar machen werden. Daher ist es zwingend erforderlich, innovative Parameter für die Beurteilung und Entscheidung von Investitionen zu entwickeln, anstatt starrer, festgelegter Finanzgrenzen. Zwingend notwendig sowohl für die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes – das unter der Federführung der Stadtwerke erarbeitet wird – als auch zur Attraktivitätsverbesserung der Innenstadt ist der Kauf der Tiefgarage am Europaplatz und der Besitzerwerb des Parkhauses „Am Nähkasten“. Beide Maßnahmen (ca. 7 Mio. Euro) können bei Einhaltung des Schuldendeckels jedoch nicht umgesetzt werden.

Als Klimakommune leisten wir uns eine große Energieschleuder Bocholts: unser Rathaus. Das Gebäude verursacht jährliche Energiekosten in Höhe von ca. 350.000 Euro. Das entspricht ca. 18 % der gesamten Energiekosten. Hier ist zwingender Handlungsbedarf gegeben; aber auch in diesem Fall verhindert der Schuldendeckel zurzeit eine Sanierung.

So komme ich nach Abwägung der Betrachtungen und Notwendigkeiten im investiven Bereich zu der Erkenntnis: Der starre Schuldendeckel ist als Finanzsteuerungsinstrument nicht mehr haltbar.

Auch das Land hat diese Erkenntnis gewonnen und geht einen neuen Finanzierungsweg. Über die Presse hat uns das Land mitgeteilt, dass unserer Stadt ca. 4,6 Mio. Euro Landesmittel für die Sanierung von Schulen zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel die Sanierung der Turnhalle Werther Straße in Höhe von 2,6 Mio. Euro bis 2020 vorgenommen werden kann. Inwieweit sich diese Maßnahme auf andere Maßnahmen auswirkt, werden wir nach Vorlage des Erlasses eruieren. Jedenfalls werden wir das im Laufe der Haushaltsplanberatungen berücksichtigen müssen. Diesbezüglich hat der Bürgermeister seine Vorstellungen bereits angedeutet. Interessant dabei ist jedoch, dass das Land ein neues Finanzierungsmodell entwickelt hat, um sich von seinen starren Finanzgrenzen zu lösen. Die jeweiligen Städte und Gemeinden nehmen die Kredite auf und das Land übernimmt den Schuldendienst über mehrere Jahrzehnte. Ein interessanter Gedanke, der durchaus bei Investitionsmaßnahmen zum Beispiel bei Sport- und anderen Vereinen über die Vergabe von Erbbaurechten auch in unserer Stadt geregelt werden kann. Über die Vergabe von Erbbaurechten an Sport- und andere Vereine in Bocholt müssen wir bei nächster Gelegenheit ohnehin intensiver diskutieren, weil auch haftungsrechtliche Fragestellungen diese Diskussion über eine andere Form der Überlassung von städtischem Gelände erfordern.

Die Liquidität ist im vorliegenden Finanzplanungszeitraum erfreulicherweise jederzeit gewährleistet und die Ausgleichsrücklage beträgt im Jahr 2017 planerisch 46,8 Mio. Euro. Bei der jetzigen Zinslage hat das Wort Kassenkredit sein bedrohliches Image für viele Städte zwar verloren, aber ich halte es für einen großen Erfolg, dass wir bislang nicht von der Gewährung von Kassenkrediten abhängig waren und auch in naher Zukunft nicht werden.

Für die Handlungssicherheit der Finanzverantwortlichen unserer Stadt ist natürlich von Bedeutung zu wissen, wie sich die Haushaltssituation im Vergleich mit anderen Städten gleicher Größenordnung darstellt.

Der Bürgermeister hat bereits erwähnt, dass die Gemeindeprüfungsanstalt die Stadt Bocholt geprüft hat und dabei erfreuliche Ergebnisse zutage getreten sind. Ich erlaube mir, diese Ergebnisse für das Prüfgebiet Finanzen näher zu konkretisieren. Lassen Sie mich bitte von folgender Basis ausgehen: Bei der letzten Prüfung im Jahre 2010 kam die Gemeindeprüfungsanstalt zum Ergebnis, dass die strukturelle Haushaltssituation der Stadt Bocholt wechselvoll und in der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung eine Konsolidierung nicht gegeben ist. Sie vergab daher im finanzwirtschaftlichen Bereich für Bocholt einen KIWI-Index, das ist der Kommunalindex für Wirtschaftlichkeit, von „2“ bei laufenden Einnahmen bis „3“ bei strukturellem Defizit/Schulden.

Der Kommunalindex für Wirtschaftlichkeit (KIWI) umfasst eine Spannbreite von 1 – 5. Eins ist das schlechteste, fünf das beste Ergebnis. „1“ bedeutet dringender offensichtlicher Handlungsbedarf und/oder das Bestehen weitreichender Handlungsmöglichkeiten. Bei „5“ handelt es sich um außergewöhnliche zielgerichtete Aktivitäten der Stadt, die grundsätzlich auf andere Städte übertragbar sind (best practices). Wir werden, meine Damen und Herren, mit Ihnen gemeinsam die Ergebnisse der verschiedenen Prüfgebiete, die die Gemeindeprüfungsanstalt untersucht hat, im Laufe des Herbstes und des Frühjahrs intensiver diskutieren, sobald sie vollständig vorliegen. Lassen Sie mich aber jetzt bereits einige markante Punkte hervorheben:

  • Die Gemeindeprüfungsanstalt hält die Steuererhöhungen im Jahre 2016 für erforderlich.
  • Die Stadt Bocholt sollte regelmäßig Gewinnausschüttungen der Sparkasse Bocholt beschließen. Dabei solle sie zwischen den Sicherungsinteressen der Sparkasse auf der einen und den Notwendigkeiten zur Haushaltskonsolidierung auf der anderen Seite abwägen – so die GPA.
  • Ausdrücklich erklärte die Gemeindeprüfungsanstalt im Gespräch mit dem Bürgermeister, dass die Stadt von dem Verwaltungsvorstand und seinen Führungskräften bei den relativ geringen Deckungsmitteln, die die Stadt Bocholt aufweist, sehr gut gesteuert wird. Insgesamt bewertet die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen die Haushaltssituation der Stadt Bocholt mit dem Index „4“; das heißt Handlungsmöglichkeiten auf der Basis einer ergebnisorientierten Steuerung werden nahezu vollständig genutzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Ergebnis ist erfreulich, motivierend und für alle Verantwortlichen nicht zuletzt auch eine Bestätigung, dass in den letzten Jahren vieles – wenngleich auch nicht alles – richtig gemacht wurde. Ebenfalls beinhaltet der Wert „4“ aber auch die Aufforderung, meines Erachtens jedenfalls, weiterhin Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen zu ergreifen. Wenn wir aber ernsthaft über Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen reden wollen, meine Damen und Herren, muss auch ein jeder von uns mutig sein und den sogenannten Gegenwind aushalten. Bei Haushaltskonsolidierungen müssen wir gerade im konsumtiven Bereich Standards erneut auf den Prüfstand stellen. Wenn ich aber beispielhaft betrachte, wie der soeben von der Sportverwaltung veröffentlichte Sportentwicklungsplan schon leichten Gegenwind erzeugt und Aufweichungstendenzen nach sich zieht, fällt es mir schwer zu glauben, dass Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen von großer Bedeutung zu realisieren sind. Ohnehin werde ich im Moment keine weiteren Steuererhöhungen wie zum Beispiel im Bereich der Hundesteuer oder der Vergnügungssteuer vorschlagen. Ebenso bin ich zu der Erkenntnis gelangt, davon abzusehen, bei der Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG den erweiterten Anlagebegriff aus der aktuellen Mustersatzung zu verwenden, was zur Folge hätte, dass möglicherweise auch die Anlieger bei Ausbaumaßnahmen an den Wirtschaftswegen finanziell beteiligt würden.

Letztendlich möchte ich darauf hinweisen, dass die GPA der Stadt Bocholt eine unterdurchschnittliche Verschuldung sowohl im Kernhaushalt als auch auf Konzernebene bescheinigt, die im maßgeblichen Vergleichsjahr geringer ist als bei 75 % der Vergleichskommunen. Dies spiegelt sich dann auch in der überdurchschnittlich hohen Eigenkapitalquote wider, wo Bocholt mit 45,6 % den Spitzenwert belegt und sich vom Mittelfeld vergleichbarer Kommunen abhebt. Das alles vor dem Hintergrund, dass Bocholt sich in Bezug auf die allgemeinen Deckungsmittel an der unteren Skala der Vergleichsstädte bewegt.

Diese Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit Bocholts sollten, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine neue Basis für das Handeln von Politik und Verwaltung darstellen. Wir müssen in Bocholt für die jeweiligen Lebensbereiche flexibel mit dynamischen Elementen versehene Strukturen schaffen, um Bocholt als „Frozen City“ zu verhindern. Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns – und das möchte ich an dieser Stelle noch mal betonen – unter Wahrung des gegenseitigen persönlichen Respekts aktiv, engagiert und kontrovers bei verschiedenen Diskussionen in verschiedenen Gremien um die jeweils beste Entscheidung für Bocholt ringen. Dabei müssen wir neue Formen der Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt finden, denn wir haben ein gemeinsames Ziel: Bocholt muss eine finanziell gesunde, attraktive, lebendige und wachsende Stadt werden, in der sich jeder zu Hause fühlt; egal welcher Religion, welcher Hautfarbe er auch angehört.

Zum Schluss danke ich Herrn Elsweier, Herrn Heidemann und Frau Bruns für die hervorragende Arbeit zur Aufstellung des Haushaltsplanes und natürlich auch Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, für die intensive Zusammenarbeit.

 

 

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