„Winnie Two“ oder „Bocholt sucht den Moviestar“



Das Henna wird knapp. Überall in der Stadt ist der rotgelbe Farbstoff, der aus den zerriebenen Blättern und Stängeln des gleichnamigen Strauchs gewonnen wird, restlos ausverkauft. Währenddessen decken sich die Frisöre mit Tönungen aller Art ein. Hauptsache rot. Auslöser des Booms ist ein internationales Kinofilmprojekt, das Mitte Oktober für ein paar Tage im Bocholter Textilmuseum gastiert.  Gedreht werden Teile des Streifens „Der junge Karl Marx“. Der Hauptdarsteller steht fest. Es handelt sich um August Diehl (Inglourious Basterds, Salt). Allerdings werden noch jede Menge Komparsen und schauspielerfahrene Laien aus Bocholt und Umgebung für kleine Sprechrollen gesucht. Unter anderem brauchen die Regie rothaarige Männer und Frauen, die junge Iren verkörpern können. Für den 13. September ist ein Casting angesetzt. Seitdem das bekannt ist, ist in den sozialen Medien die Hölle los.

„Lena, wäre das nicht für dich?“, schreibt eine Facebook-Nutzerin. Eine andere fragt an, ob man sich auch mit einer nicht ganz perfekten Modelfigur bewerben könne. Ein junger Mann möchte wissen, wie man sich schnell und einfach von einem blonden Deutschen in einen rothaarigen Iren verwandeln kann. Unser Tipp: Mit Henna – wenn das noch zu kriegen ist (siehe oben).

Mehr als 12.000 User haben sich bis heute morgen allein den Suchaufruf der Produktionsfirma rohfilm auf BocholtTV angeschaut. Zahlreiche Anfragen und Bewerbungen per Email sind bereits unterwegs. Bocholt sucht den Moviestar! Schon fürchten Peter Nebelo (SPD) und Heinrich Welsing (CDU), dass die am gleichen Tag stattfindende Bürgermeisterwahl zu einer Nebensache wird. Alles im Filmfieber, keiner an der Urne – ein Alptraum!

Derweil üben zwei stadtbekannte Mimen bereits intensiv für eine kleine Sprechrolle. „Peter?“ – „Ja Dietze!“ – „Hasse mal en Alt?“ – „Ne Dietze, Alt ist ein Symbol der kapitalistischen Dialektik und fördert die Ausbeutung des Proletariats durch unkontrollierbare Alkoholexzesse!“. Die kurze Szene spielt in Peters Bierstübchen, das laut Drehbuch unmittelbar an die Textilfirma grenzt, die wiederum dem Vater des jungen Friedrich Engels gehört. Der junge Intellektuelle trifft sich dort mit dem gleichaltrigen Karl Marx, um einige ökonomisch-philosophische Manuskripte vorzubereiten. Soweit das Script.

Übrigens: Wir werden das Casting und die Filmproduktion begleiten. Vielleicht gelingt uns ja ein ähnlicher Coup wie bei Winnie Biermann, auf den die Medien und Plattenfirmen erst durch ein Youtube-Video von BocholtTV aufmerksam wurden. Jetzt suchen wir „Winnie Two“, einen berühmten Schauspieler und potenziellen Oscargewinner made in Bocholt. Lasst uns den Traum leben…

BERTHOLD BLESENKEMPER

PS: Mehr zu dem Filmprojekt hier, zum Aufruf der Produktionsfirma hier

 

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