3D-Druck als bedeutendste Innovation seit der CNC-Technik



Einer der wichtigsten Produktionstrends der Zukunft und die bedeutendste Innovation seit der CNC-Technik ist der dreidimensionale Druck, den Fachleute auch Schichtbauverfahren bzw. Additive Manufacturing nennen. „Zwar gibt es die Technik schon seit 30 Jahren, aber inzwischen sind Drucker, Verbrauchsmaterial und Software erschwinglich, sodass der 3D-Druck sehr wirtschaftlich und schnell von Unternehmen genutzt werden kann“, verdeutlichte Jürgen Paschold vom Unternehmerverband. Dieser hatte gemeinsam mit Wirtschaftsförderung Bocholt und Westfälischer Hochschule (WH) zum zweiten Treffen des Netzwerks Industrie 4.0 eingeladen. Das Mega-Thema Digitalisierung soll durch das Netzwerk auch für hiesige Firmen greifbar werden, um so Know-how und Arbeitsplätze zu sichern.

85 Unternehmer, Geschäftsführer und Produktionsleiter kamen am vergangenen Mittwoch in die Hochschule, um Ideen mitzunehmen und sich auszutauschen. „Das Thema Industrie 4.0 lebt vom Austausch untereinander, dem Entwickeln gemeinsamer Ideen. Das tut der Wirtschaft und dem hiesigen Standort gut. Ich freue mich, dass wir heute auch Referenten und Zuhörer aus den Niederlanden dabei haben, um so grenzüberschreitend und doch so nah Projekte anzustoßen“, sagte Ludger Dieckhues von der Wirtschaftsförderung.

Zwei Referenten stellten im Hörsaal 1 viele Beispiele vor, die die Bandbreite des 3D-Drucks verdeutlichten: Plastiken etwa für den Medizinbereich, die kleiner als eine Haaresbreite sind, Gehäuse oder Maschinenschlitten, die in einem Stück gedruckt, also später nicht mehr zusammengebaut werden müssen, sowie ganze Häuser. Den wesentlichen Vorteil zeigte Henk ten Dolle von PALIO International in Winterswijk auf: „Um Produkte herzustellen, braucht man keine konventionelle Fabrik, keine Werkzeuge. Nur eine richtig gute Zeichnung am PC und einen 3D-Drucker.“ Gedruckt werden könnte mit unterschiedlichsten Materialien – von Kunststoff über Quarzsand bis hin zu Metall.

Um den Modellbau, das so genannte „Rapid Prototyping“, drehte sich der Vortrag von Professor Martin Topel von der Bergischen Universität Wuppertal. „Es ist schon etwas anderes, ein Produkt nur am PC zu sehen oder es in der Hand zu halten. Mit Prototypen können Dimension, Ergonomie, Design, Funktionen und Konstruktion überprüft bzw. getestet werden.“ Vor dem Einsatz müsse allerdings mit Know-how, einem pfiffigen Team und genauer Kenntnis der Materialeigenschaften geprüft werden, für welche Produkte der 3D-Druck überhaupt sinnvoll und wirtschaftlich sei. Er gab den Unternehmern viele Tipps zum Handling mit auf den Weg; etwa wenn der Druck, der Stunden benötigt und deshalb häufig über Nacht läuft, dabei aber nicht das Material – die „Tinte“ des 3D-Druckers ist das so genannte Filament – ausgehen soll. Auch berichtete der Uni-Professor vom digitalen Community-Gedanken: „Wir haben eine Zeichnung von einem Gehäuse für eine Standard-Platine online gestellt. Sie wurde tausendfach heruntergeladen, wir bekamen aber auch Feedback für die Verbesserung.“

Diesem Gedanken, sich auszutauschen, gemeinsamen Ideen zu entwickeln und Produkte zu erfinden, diente auch die „Poster-Session“, bei der an vier Tischen moderierte Diskussionen entstanden. So zeigte der WH-Student Patrick Gehlmann seinen 3D-Drucker, den er als Bachelorarbeit selbst entwickelt, konstruiert und gebaut hat. Bis zu drei Druckköpfe fahren in die möglichen Positionen, „die Hauptarbeit war es, die Verfahrensparameter für die Steuerung des Druckers zu finden.“ Am nächsten Tisch zeigte Josef Bielefeld, Geschäftsführer der Bocholter TIS GmbH, wie er mit 3D-Druck die Dauer der Produktentwicklung und Fertigung um mehr als die Hälfte gesenkt hat. Dr. Ralf Dinter von Siemens diskutierte mit den Teilnehmern über verschiedene Druckverfahren, um z. B. Gehäuse für Sondergetriebe mit Hinterschnitten und konturnahen Kühlkanälen zu entwickeln. Dass es dabei vor allem auf die richtigen Geometrie-Daten ankommt, machte Dinter deutlich: „Insbesondere die Materialeigenschaften, etwa das Spannungsverhalten von Metallen, muss beim schichtweisen Drucken berücksichtigt werden.“ Und nicht zuletzt präsentierte Kees Koese von Koese Engineering aus Winterswijk seinen selbst konstruierten und mobilen 3D-Drucker und kam mit den Besuchern über die Fertigungsmethoden ins Gespräch.

Das Netzwerk Industrie 4.0 „ Von der Vision in die Praxis“ startete im Januar 2016. Organisatoren sind der Unternehmerverband, die Wirtschaftsförderung Bocholt und die Westfälische Hochschule; unterstützt wird es von der Fördergesellschaft der Hochschule sowie von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Borken. Der nächste Termin des Netzwerks findet im Herbst statt.

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