5G-Telerettung – Weiterentwicklung des „Telenotarztsystems“:



1. Präsenztreffen des Projektkonsortiums in Aachen

Ein vom Bund gefördertes außergewöhnliches Forschungsvorhaben steht derzeit im Blickpunkt des öffentlichen Rettungswesens. Es geht um die Weiterentwicklung des „Telenotarztsystems“, mit der sich ein Projektkonsortium aus Forschungseinrichtungen, Anwendern und Unternehmen befasst. Der Kreis Borken übernimmt dabei die Rolle des „Lead Partners“. In dem durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderten Projekt soll bis Ende 2024 gemeinsam geforscht werden, um die Potenziale, die der 5G-Mobilfunkstandard bietet, für eine Integration neuer Geräte und Leistungen in das Telenotarztsystem nutzbar zu machen. Alle Projektbeteiligten sind jetzt erstmals zu einem persönlichen Treffen in Aachen zusammengekommen.

Zunächst besichtigten sie die dortige, landesweit tätige „Telenotarztzentrale“. Von dort werden u. a. auch die Rettungskräfte der Rettungswachen Ahaus, Borken, Reken und Vreden im Einsatz nach Bedarf unterstützt. In der folgenden Projektteam-Sitzung referierte Prof. Dr. Christian-Friedrich Lüders vom Fachbereich Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften der Fachhochschule Südwestfalen zum aktuellen Stand der 5G-Technik.

Michael Bösinger, Vodafone, und Micha Lesemann, einer der Geschäftsführer des „Aldenhoven Testing Centers“ stellten abschließend im Rahmen einer Präsentation und Führung ihre Aktivitäten sowie das Center vor. Es ist ein modernes, interdisziplinäres Testzentrum für Mobilität, dessen Aufbau durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und das Land NRW gefördert wurde. Zwölf Streckenelemente erlauben es, annähernd alle Situationen aus dem Realverkehr nachzubilden. Dank einer Kooperation mit Vodafone verfügt das Gelände über ein offenes Mobilfunk-Testfeld, das 5G Mobility Lab, das neben einem dedizierten WLAN aktuelle und zukünftige Mobilfunk-Generationen für die Vernetzung von Fahrzeugen und Infrastruktur zur Verfügung stellt. Das Aldenhoven Testing Center ist ein Joint Venture des Kreises Düren und der RWTH Aachen, das allen interessierten Unternehmen, insbesondere KMU und Start-Ups, gleichermaßen offensteht.

Michael Weitzell, Leiter der Stabsstelle des Kreises Borken, freut sich über das persönliche Kennenlernen und die Abstimmungen der zahlreichen Projektbeteiligten u. a. aus Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand: „In einem nächsten Schritt werden die technischen und praktischen Voraussetzungen zur Erprobung von zusätzlichen Anwendungen in der Telerettung wie etwa mobiler Sonographie (Ultraschall) und Geräte wie Smart Glasses konkretisiert. Wir als Kreis Borken werden die Projektarbeiten gemeinsam mit der umlaut telehealthcare GmbH koordinieren und über unseren Rettungsdienst fachlich begleiten.“  Ergänzend zu zahlreichen digitalen Arbeitstreffen soll es im Herbst ein nächstes (Live-) Treffen der Projektpartner geben. Und zwar in Bocholt an der Westfälischen Hochschule, wo im Rahmen des Vorhabens ein 5G-Campus in der Maschinenhalle und auf einer Teilfläche des dort angrenzenden Technologieparks eingerichtet werden soll. Hier soll dann ab 2023 die Erprobung des Systems im Campusnetz stattfinden.

Zum Hintergrund:

Das Telenotarztsystem, das Anfang 2021 im Kreis Borken eingeführt wurde, arbeitet ergänzend zum „realen“ Notarzt. Es ermöglicht den vor Ort im Rettungseinsatz tätigen Kräften eine unmittelbare, sichere und zuverlässige Konsultation mit einem in einer Telenotarzt-Zentrale befindlichen Notfallmediziner.

Der Mobilfunkstandard 5G hat aus Sicht der Projektbeteiligten das Potential, durch Einbindung neuer Sensorik- und Diagnostiklösungen das Einsatzspektrum des Telenotarztes deutlich zu erweitern. Dies kann – bei gleichzeitiger Entlastung knapper Notarztressourcen – die notärztliche Versorgung gerade im ländlichen Raum nachhaltig verbessern. Um hierzu innovative Lösungen zu entwickeln, haben sich folgende Institutionen und Unternehmen zu einem Projektkonsortium zusammengeschlossen (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Aachener Institut für Rettungsmedizin und zivile Sicherheit (ARS)
  • Fachhochschule Südwestfalen
  • L2R GmbH
  • Klinikum Westmünsterland
  • Kreis Borken (Kreisentwicklung und Rettungsdienst) als „Lead Partner“ sowie die Feuerwehr- und Rettungsdienstakademie Bocholt als Kooperationspartnerin des Kreises
  • Oculavis GmbH
  • umlaut telehealthcare GmbH
  • WEINMANN Emergency Medical Technology GmbH + Co. KG
  • Westfälische Hochschule am Standort Bocholt

Dieses Konsortium bewarb sich mit einem entsprechenden Forschungskonzept um Bundesförderung, die das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV – vormals Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur BMVI) dann im Dezember 2021 für einen Zeitraum bis Ende 2024 bewilligte (Projektvolumen rund 4,2 Mio. Euro, davon Förderungen von rd. 3,5 Mio. Euro).

Im Zentrum der Entwicklung steht die Einbindung von mobiler Sonographie unter telemedizinischer Anleitung in den Rettungsdienst. Zusätzlich soll weitere medizinische Technologie, wie „Smart Glasses“ (Datenbrillen, in denen Informationen im Sichtfeld des Benutzers hinzugefügt werden können) genutzt und weitere Medizingeräte, wie z.B. ein Beatmungsgerät, in das Telenotarztsystem integriert werden. Die technische Systementwicklung sowie die Überprüfung möglicher Vorteile von 5G sollen im „5G-Campusnetz“ am Standort Bocholt der Westfälischen Hochschule erfolgen und im Praxiseinsatz anschließend erprobt werden. Dabei werden sowohl die theoretischen 5G-Potenziale als auch die realen Einsatzmöglichkeiten in eher ländlich geprägten Regionen wie dem Kreis Borken untersucht.

Das Projektkonsortium bei der Besichtigung der Telenotarztzentrale in Aachen. Foto: Sebastian Kehr (ARS, Aachen)

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Quelle: Kreis Borken

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