„Augenblick“-Projekt mit Käthe-Kollwitz-Haus und der Diakoniestation gestartet



„Eine Brieffreundschaft, das wäre was“, sagt die ältere Dame, die so gerne schreibt und liest – und schnell notiert, was sie eben gesagt hat. Ihr Flurnachbar setzt auf „Postkarten aus aller Welt“, und eine weitere Seniorin hofft, dass jemand sie einfach mal auf einen Ausflug in die Umgebung mitnimmt. Diese und viele weitere Wünsche haben die Bewohner des Käthe-Kollwitz-Hauses und Patienten der Diakoniestation Bocholt jetzt auf Karten geschrieben, an Ballons gebunden und gemeinsam steigen lassen – in der Hoffnung, dass sich Menschen finden, die die Wünsche erfüllen mögen.

Die Wunschaktion ist der Auftakt eines neuen Projekts des Ev. Johanneswerks, mit dem der diakonische Träger auf die Wichtigkeit sozialer Nähe und Gemeinschaft hinweisen möchte. „Vieles, was alltäglich und für unsere Ohren selbstverständlich klingt, kann im Alter zu einer echten Herausforderung werden“, erklärt Pastor Dr. Ingo Habenicht, Vorsitzender der Geschäftsführung des Ev. Johanneswerks. Im Johanneswerk erlebten Mitarbeiter tagtäglich, dass Bewohner oft kaum noch enge Kontakte hätten – etwa weil Angehörige zu weit weg wohnen, oder soziale Kontakte vor Ort älter und damit immobiler werden. „Aber soziale Nähe ist ein menschliches Grundbedürfnis, ein Gefühl von Gemeinschaft, das in Corona-Zeiten mehr denn je in den Fokus gerückt ist“, so Habenicht.

Um das künftig auch über die eigenen Angebote hinaus möglich zu machen, hat das Johanneswerk das Augenblick-Projekt ins Leben gerufen. Es soll als Bindeglied fungieren zwischen dem, was die Einrichtungen bereits möglich machen, und dem, was mit fremder Unterstützung noch möglich wäre. Viele Gemeinschaftsaktionen wurden und werden bereits in den Pflegeeinrichtungen umgesetzt – mal selbstständig, mal mit fremder Hilfe. In Corona-Zeiten mussten die Mitarbeitenden zudem kreativ werden und Alternativen finden. „Aber individuelle Wünsche und Bedürfnisse könnten noch sehr viel stärker in den Fokus genommen werden“, betont Ingo Habenicht. Er hoffe deshalb, dass sich für das Augenblick-Projekt zahlreiche Helfer finden. Solche, die bereit sind, ehrenamtlich tätig zu werden und Zeit zu verschenken. Und solche, die als Geldgeber zur Finanzierung neuer, sozialer Angebote beitragen. Um gemeinsam dafür einzutreten, Bewohner in Alten- und Pflegeheimen, aber auch Menschen, die ambulant zu Hause gepflegt werden, mehr soziale Nähe und Gemeinschaft zu ermöglichen.
Ein erster Ballon hat sein Ziel übrigens bereits erreicht: Die Wunschkarte des Ehepaars Ernst-Gerhard und Cäcilia Eßing, flog in Windeseile bis ans Steinhuder Meer und wurde von Ute Wesemann aus Rehburg-Loccum gefunden. Die Finderin hat sich direkt beim Käthe-Kollwitz gemeldet. Direkt aktiv werden muss sie allerdings nicht – denn die Eßings hatten lediglich ein paar gute Wünsche notiert: „Lebe wie ein Clown. Sehe die Dinge positiv, auch wenn sie traurig sind. Bleibe Gesund!“

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