Angst (vor dem EWIBO-Kollaps) essen Seele auf



Verwaltung informiert Bürger über die Rathaussanierung

Eine Analyse von BERTHOLD BLESENKEMPER

Eigentlich sollte man als Journalist Antworten liefern statt überwiegend Fragen zu stellen. Doch in der anhaltenden, täglich weiter eskalierenden EWIBO-Diskussion (jetzt entzweit sich auch noch die SPD-Fraktion an dieser Frage) muss ich es ausnahmsweise umgekehrt machen. Es bleiben nach der jüngsten Ratssitzung nämlich nach wie vor einfach zu viele Fragen offen. Am Ende ergibt sich auf all diese Fragen jedoch für mich persönlich nur eine schlüssige, wenn auch zugegeben spekulative Antwort.  Beginnen wir also mit den Fragen:

Warum brachte ausgerechnet das EWIBO-Aufsichtsratsmitglied Kai Elsweier als Kämmerer und nicht der für Grundstücksgeschäfte zuständige, aber eben nicht im  EWIBO-Aufsichtsrat vertretene Stadtbaurat Daniel Zöhler den EWIBO-Antrag in den Rat ein?

Warum wurde der zuständige, aber als EWIBO-kritisch geltende Stadtbaurat Zöhler vorher weder gehört, gefragt noch eingebunden?

Warum wurde Zöhlers höchst ablehnende, der EWIBO gegenüber in Teilen sogar vernichtende Stellungnahme im Rat nicht einmal ansatzweise diskutiert?

Warum wurde der Antrag der EWIBO-Aufsichtsratsmitglieder in der Verwaltungsspitze in dieser Eile unter Umgehung sämtlicher Fachausschüsse und der sonstigen politischen Gepflogenheiten direkt in den Rat eingebracht?

Warum verstieß der Rat während der entscheidenden Sitzung ausnahmsweise gegen die intern gelebte und gewohnte Absprache, im Falle eines soliden Vertagungsantrages auch tatsächlich zu vertagen?

Warum kippte der Rat den eher strategischen Punkt des Vorranges der EWIBO bei künftigen Grundstücksgeschäften, bestand aber weiter auf die finanztechnisch relevante Aufstockung des EWIBO-Eigenkapitals sowie die ebenfalls millionenschwere Schenkung/Übertragung des Grundstückes an der Bleiche?

Warum hat EWIBO-Aufsichtsratsmitglied Norbert Bastians (FDP), der parteiintern Streit mit der eher EWIBO-kritischen Fraktion hatte, wenige Tag vor der Entscheidung überraschend alle Parteiämter niedergelegt?

Warum haben die EWIBO-Aufsichtsratsmitglieder Peter Wiegel und Annette Wessels (SPD) bei der Vertagungsabstimmung offenbar gegen eine interne Fraktionsabsprache verstoßen und so den Bruch der Fraktion hingenommen?

Warum haben JU- und MIT-Mitglieder wie Lukas Behrendt oder Christina Herbrand (CDU), deren Organisationen ausdrücklich gegen das Feuerwachen-Geschäft an der Bleiche waren, im Rat als Mitglieder der Unionsfraktion dafür gestimmt? 

Warum sind überhaupt überwiegend nur diejenigen Fraktionen oder Stadtverordneten gegen die EWIBO-Pläne, die keine direkte Anbindung an den EWIBO-Aufsichtsrat haben?

Warum setzen sich umgekehrt nur die Fraktionen oder Stadtverordneten, die eine direkte Anbindung an den EWIBO-Aufsichtsrat haben, derartig massiv für die EWIBO-Erweiterung ein?

Warum nimmt der Rat die EWIBO und vor allem deren bedauernswerten Mitarbeiter nicht endlich aus der Schusslinie, sondern zieht die Sache durch – koste es was es wolle?

Für all diese Fragen kann es meiner Ansicht nach nur ein Motiv als Antwort geben: ANGST. Es ist die Angst vor einem finanziellen Kollaps der EWIBO. Deren wichtigster Geschäftszweig „Flüchtlingsunterbringung und -versorgung“ ist nämlich zusammengebrochen.  Damit fehlt ein Millionen-Umsatz. Die Folge war schon im Geschäftsjahr 2018 ein Verlust in Höhe von 300.000 Euro. 2019 dürfte es nicht besser aussehen. Nun scheint die 100prozentige Tochter der Stadt sehr viel und vor allem sehr, sehr schnell Geld zu benötigen. Denn das zuletzt ausgewiesene Eigenkapital von 7,5 Millionen Euro reicht bei weitem nicht aus, um die eigenen Wohnungsbaupläne zu finanzieren. Aber nur die scheinen momentan das eingebrochene Flüchtlingsgeschäft überhaupt noch kompensieren zu können. Damit ist die EWIBO auf Gedeih und Verderb auf möglichst schnelle Wohnungsbauerlöse angewiesen. Das erklärt auch die Hektik, mit der der Beschlus durchgepeitscht wurde.

Zur Angst kommt ernorme politische Nervosität hinzu. Was passiert, wenn die vermutete EWIBO-Blase noch vor den Kommunalwahlen 2020 platzen sollte? Zumindest die CDU könnte dann einpacken. Das würde auch ihre plötzliche, unerwartete Geschlossenheit im Rat und das völlige Ignorieren der Empfehlungen des Stadtbaurates erklären. 

Und was passiert erst, wenn jemand Bürgermeister werden sollte, der das in unzähligen Punkten zumindest sehr, sehr ungewöhnliche Verhalten der EWIBO-Aufsichtsratsmitglieder ernsthaft hinterfragen und prüfen sollte? Die Angst hat bereits jetzt die Verwaltungsspitze, die FDP und heute auch die SPD-Fraktion in zwei Lager geteilt. Als nächstes wird die CDU an der Reihe sein. Denn Angst, so beschrieb es Rainer Werner Fassbinder einmal in einem filmische Melodram, „Angst essen Seele auf“.

  1. Mike Büning says:

    Sie haben es richtig erwähnt, die Ewiboblase wird bald platzen.
    Sehr bald sogar.
    Den Verantwortlichen steht nicht nur der Schweiß vor dem Kopf, sondern der läuft schon in Rinnsälen runter. Kein Wunder, denn jetzt kommen die Existenzängste. Und das zurecht bei dieser Mauschelei.

  2. Endlich spricht mal jemand das öffentlich aus, dass der Außenstehende mit etwas gesundem Menschenverstand längst ahnt. Vom BBV sind derartig kritische Fragestellungen leider nicht zu erwarten. Es bleibt zu hoffen, dass der Druck zur Beantwortung dieser Fragen durch die Veranwortlichen so stark wird, dass es ernsthafte Konsequenzen gibt.

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