Kommentar: Feigheit vor der Volksmeinung



Ein Kommentar von BERTHOLD BLESENKEMPER

Die Made-in-Bocholt-Umfrage zur Rathaussanierung hat die Politik offensichtlich zum Nachdenken gebracht. 94 Prozent der mehr als 2500 Teilnehmer sprachen sich auf Facebook dagegen aus, weitere Millionen in das marode Gebäude zu pumpen. Prompt werden fraktionsübergreifend und mit Unterstützung des CDU-Bürgermeisterkandidaten Thomas Kerkhoff Stimmen nach einer Bürgerbefragung laut. Moment einmal? Waren nicht die selben Parteien, die jetzt dafür sind, das Volk entscheiden zu lassen, vor Monaten strikt gegen eine solche Bürgerbefragung zu exakt diesem Thema?

In Wahrheit will die Politik das Thema nur schnell aus der Wahlkampfschusslinie haben. Sie fürchtet nichts mehr als ein Bügervotum per Stimmabgabe. Soll sich doch gefälligst die nächste Stadtverordnetenversammlung um das leidige Thema kümmern. Das aber ist feige. Es war dieser Rat, der sich ohne Kontrolle und Konsequenzen den Denkmalschutz von den Behörden und der Verwaltung hat unterschieben lassen. Es war dieser Rat, der die offenbar geschönte Machbarkeitsstudie kritiklos hingenommen hat. Und es war dieser Rat, der unter der Regie der CDU die Gelegenheit nutzen wollte, die ohnehin schon galloppierenden Kosten bei dieser Gelegenheit noch um ein paar Milliönchen für eine Aufstockung und einen zusätzliche Mehrzwecksaal zu erhöhen. Folglich ist es auch genau dieser Rat, der die Konsequenzen zu ziehen hat und noch bis zum 13. September die Sanierungspläne auf Eis legen sowie die Planung eines Neubaus in Auftrag geben muss.

Er sollte mit einer möglichst großer Mehrheit den Beschluss gegen eine Sanierung und für den gesunden Menschenverstand fassen und ein klares Signal in Richtung Denkmalschutzbehörden und NRW-Bauministerium setzen. Ein Befragung der Bürger ist überflüssig. Die haben längst schon entschieden. Nur haben es die Bürgervertreter offenbar erst jetzt gemerkt! Wenn die Politik wirklich mehr Basisdemokratie wollte – was sehr schön wäre – könnte sie heute beginnen und im Rat eine Bürgerbefragung zum Nordring starten. Diese Thema aber wollen CDU, FDP und Stadtpartei in der Gewissheit, eine Mehrheit hinter sich zu haben, auf gar keinen Fall aus dem Wahlkampf heraushalten. Im Gegenteil. Das soll noch heute im Rat durchgepaukt werden – koste es, was es wolle.

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