MIT KOMMENTAR: Sanierungsbedürftiges Rathaus laut Stadt „baukulturell bedeutsam“



Das Rathaus am Berliner Platz ist nach Ansicht der Verwaltung „aus baukultureller Sicht bedeutsam, da es viele Vorstellungen der Gesellschaft aus den 1970er Jahren zu Verwaltung und Politik widerspiegelt“. Grund genug für die Stadt, sich jetzt zur Finanzierung der millionenschweren Sanierung um Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ bewerben. Einen entsprechenden Beschluss soll der Ausschuss für Planung, Bau und Verkehr fassen, der am 26.11 in Suderwick tagt.

Das Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat (BMI) unterstützt mit dem Bundesprogramm Investitionen in nationale Projekte des Städtebaus, Projekte mit besonderer nationaler beziehunsgweise internationaler Wahrnehmbarkeit, mit sehr hoher fachlicher Qualität, mit überdurchschnittlichem Investitionsvolumen oder mit hohem Innovationspotenzial. Nach Auffassung der Verwaltung erfüllt die Sanierung des Rathauses die Kriterien des Programms.

Das Rathaus liege zentral in der Innenstadt und verbinde Altstadt und Stadterweiterung, Innenstadt und den größten innerstädtischen Parkplatz. Wegeachsen verliefen durch das Foyer, das als Bürgerhalle konzipiert sei und das als Begegnungsstätte sowie für Ausstellungen und Veranstaltungen der Stadt, Schulen und Vereinen diene. „Die Sanierung des Rathauses ist 2019 als Maßnahmen in das Integrierte Stadtentwicklungskonzept aufgenommen, um die Innenstadt nachhaltig als Handels-, Dienstleistungs- und Kulturstandort zu stärken“, heißt es in der Sitzungsvorlage weiter.


Der Kommentar

Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Es ist schon seltsam. Vor einiger Zeit noch war das Rathaus am Berliner Platz der Stadt nicht einen einzigen Cent wert. Das Dach war undicht, die Technik versagte, die Heizung war immer wieder kaputt, und in den Decken schlummerten 30 Tonnen Asbest. Egal! Der viel beschworene Schuldendeckel war insbesondere der CDU stets wichtiger als Bestandserhalt oder Sanierung. Und so ließ man das Gebäude schlichtweg verkommen. Doch nun wendet sich das Blatt. Urplötzlich ist der Bau, den viele Bocholter am liebsten abgerissen gesehen  hätten,  „aus baukultureller Sicht bedeutsam“ und es vor allem wert, ins Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ aufgenommen zu werden. Denn jetzt geht es ums liebe Geld. Und schon wird aus der „Ruine“ ein Monument von „nationaler beziehungsweise internationaler Wahrnehmbarkeit“. 

Der Bürgerwille spielt nach wie vor keine Rolle – übrigens auch nicht das dringende Bedürfnis der Wählerinnen und Wähler nach mehr Information. Weiterhin tagen Politik und Verwaltung zu dem umstrittenen Thema – wie im übrigen auch zum Thema KuBAai – nicht etwa in frei zugänglicher Sitzung, sondern in einem kleinen, feinen, internen Zirkel. Es gilt das Motto: Ist dir die Öffentlichkeit schnuppe,  gründ’ ’ne geheime Lenkungsgruppe! Die tagt übrigens wieder am 25. November. Auf der Tagesordnung stehen Punkte wie Sachstandsbericht Schadstoffsanierung, Auswahlverfahren neuer Hautechnik-Planer und Überblick über den bisherigen Projektverlauf. Aber das hat ja außer eine handverlesenen Runde niemanden zu interessieren!

  1. Der Palast der Republik in Berlin („Palazzo Prozzo“ oder auch „Erich’s Lampenladen“) war auch aus baukultureller Sicht bedeutsam, da es viele Vorstellungen der Gesellschaft aus den 1970er Jahren zu Verwaltung und Politik widerspiegelte.
    Dennoch haben die Berliner das Gebäude abgerissen….
    Alternativ kann Herr Böhm sein erhaltenswertes Meisterstück ja gerne der Stadt abkaufen.

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