Vriesen-Hof hat auf Eier ohne Kükentöten umgestellt



Ab Ende 2021 soll das Kükentöten bei der Aufzucht von Legehennen in Deutschland gesetzlich verboten werden. Zwei Betriebe aus dem Westmünsterland haben dies bereits in Eigenverantwortung umgesetzt. Beim Vriesen-Hof in Bocholt und beim Hof Althues in Rosendahl werden die Eier seit letztem Jahr von Hennen gelegt, deren Brüder nicht direkt nach dem Schlüpfen getötet wurden.
Die Zahl ist nicht unbekannt: 45 Millionen männliche Küken werden in Deutschland jedes Jahr nach dem Schlüpfen getötet. Die nüchterne Erklärung dafür lautet, dass diese Rassen schlecht Fleisch ansetzen, die Hähne natürlich keine Eier legen und somit ökonomisch wertlos sind. Tatsächlich wird Deutschland weltweit das erste Land sein, dass diese ethisch mehr als fragwürdige Methode bei der Legehennen-Aufzucht abschaffen will.

Die beiden Landwirte Dietrich Vriesen und Henrik Althues haben sich bereits im vergangenen Jahr dazu entschlossen, keine Hennen mehr von Betrieben zu kaufen, die das Kükentöten durchführen. Auch, wenn es sich rein wirtschaftlich noch nicht lohnt. Aber es geht ihnen bei dieser Diskussion nicht ums Geldverdienen. Die zusätzlichen Kosten müssen sie über den Verkauf der Eier erwirtschaften.
„Es ist ethisch gesehen doch eine Katastrophe, dass die männlichen Küken keine Daseinsberechtigung haben. In den letzten Jahren hat sich das Thema stärker aufgedrängt und ich sehe es als meine Pflicht, an Alternativen zu arbeiten“, sagt Henrik Althues.

Der Hof in Rosendahl ist bereits seit über 200 Jahren in Familienbesitz. Judith und Henrik Althues haben sich seit der Hofübernahme vor zwölf Jahren um die Modernisierung gekümmert und achten besonders auf Nachhaltigkeit. Von ihren rund 37.000 Legehennen leben 80 Prozent in Freiland- oder Biohaltung. Und nun lässt Henrik Althues in einem Partnerbetrieb noch die Bruderhähne aufziehen. Diese werden 80 bis 100 Tage gemästet, da die Legehennen-Rassen nicht so schnell Fleisch ansetzen. Auch hier geht es um Nachhaltigkeit, denn in der konventionellen Mast werden die Tiere bereits nach der Hälfte der Zeit geschlachtet.
„Die Bruderhähne sind auch Nutztiere, wir verwerten ihr Fleisch. Aber solange sie leben, verdienen sie einen respektvollen Umgang. Wir möchten die Diskussion anstoßen, dass Tiere kein Abfallprodukt sein dürfen“, erklärt Althues die Idee hinter der Aufzucht der männlichen Küken.

Sein Kollege Dietrich Vriesen hingegen arbeitet mit Betrieben zusammen, die das Geschlecht des Kükens bereits im Ei bestimmen lassen, so dass nur die weiblichen Tiere ausgebrütet werden. Beide Varianten bewirken, dass die männlichen Küken nach dem Schlüpfen nicht vergast werden. „Wir haben das im Sommer 2020 umgesetzt. Dieses Thema verfolgen wir schon seit Jahren, das Tierwohl ist uns ja wichtig. Aber früher gab es diese technischen Möglichkeiten noch nicht“, sagt Dietrich Vriesen.
Im Labor könne man die Geschlechtsbestimmung nun bereits ab dem sechsten Bruttag durchführen. Dafür werde per Laser ein winziger Tropfen Flüssigkeit entnommen, der das Ei jedoch nicht beschädigt.

Die Lizenzgebühr für dieses Verfahren muss der Vriesen-Hof, auf dem rund 120.000 Hühner leben, direkt für ein ganzes Jahr zahlen. Sprich: Vriesen musste, ebenso wie Althues, viel Geld in die Hand nehmen und nun pro Ei etwa vier Cent mehr verlangen, um das Projekt umsetzen zu können. Ob die Kunden dies mittragen, ist noch nicht gesagt. Beide Landwirte wissen, dass viele Verbraucher sich zwar für Tierwohl aussprechen, dies beim Einkauf aber nicht zwingend umsetzen.

Althues und Vriesen sind beide Mitglied im Münsterland-Siegel, welches Produkte aus der Region auszeichnet, und legen Wert auf eine ethische Firmenphilosophie. So nimmt der Vriesen-Hof beispielsweise am Pilotprojekt „Schnabel NRW“ teil und verzichtet, wie auch die Familie Althues, darauf, die Schnäbel der Tiere zu kürzen. Beide Landwirte sind überzeugt, den richtigen Weg zu gehen. Henrik Althues hat kürzlich sogar einen Koch eingestellt, der schmackhafte Rezepte für das Bruderhahn-Fleisch entwickelt. Die Produkte – und hier schließt sich der Nachhaltigkeits-Kreiskauf – soll es dann unter anderem im Althues’schen Hofladen geben.

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