Wie eine Aussätzige… – Tagebuch einer Corona-Patientin (letzter Teil)



Die Autorin des nachfolgenden Berichtes war eine der ersten, bei der das Corona-Virus in Bocholt nachgewiesen wurde. Ein Schock. Tagelang zermarterte sich Bianca das Gehirn, wo sie sich angesteckt haben könnte. Vergebens.  Jetzt hat sie es geschafft. Sie ist offiziell gesund, fühlt sich aber nicht so. Lesen Sie den vierten und letzten Teil ihres Tagesbuches.

Von BIANCA MÜMKEN

26.03.2020: Tag 14 der Quarantäne. Klaviermusik ertönt. River flows in you. Die Melodie meines Smartphones. Das muss das Ordnungsamt sein. Heute ist der letzte Tag der Quarantäne. Es ist tatsächlich die Mitarbeiterin des Ordnungsamtes. Sie hat allerdings keine Nachrichten für mich. Statt mir mitzuteilen, dass bei mir ein erneuter Abstrich gemacht werden soll, erzählt sie mir, dass das Gesundheitsamt entschieden hat, meine Quarantäne- Zeit um weitere sieben Tage zu verlängern. Ohne Abstrich. Heißt für mich, weiterhin im Dunkeln zu tappen. Ich möchte doch wissen, wo ich stehe. Bin ich immer noch positiv oder mittlerweile negativ?

Ohne erneuten Abstrich werde ich das wohl nicht erfahren. Die Dame bittet mich bezüglich eines neuen Abstrichs Kontakt zum Gesundheitsamtes aufzunehmen. Nicht schon wieder denke ich, als das Gespräch beendet ist. Beim Gesundheitsamt einen Mitarbeiter zu erreichen ist wie ein Sechser im Lotto. Entweder ist die Leitung besetzt oder man landet in einer Warteschleife, da dort Dank Corona die Telefone heisslaufen.

Die Menschen sind besorgt, haben Angst und rufen oftmals dort an obwohl sie gar keine Symptome haben. Sie möchten sich testen lassen um sicherzustellen, dass sie sich nicht infiziert haben. Für Fälle wie mich, die positiv getestet wurden, reduziert sich die Erreichbarkeit der Mitarbeiter dadurch natürlich erheblich. Nicht schön, eher nervenaufreibend, denn wo man auch anruft, man landet in langen Warteschleifen. Ich wähle mehrfach die Telefonnummer des Gesundheitsamtes. Ohne Erfolg. Ganz hervorragend. Nun weiß ich immer noch nicht, wie es weitergeht. Nach neun Versuchen gebe ich es auf. Ich fühle mich im Stich gelassen. Bin frustriert.

Soll ich etwa weitere sieben Tage nichts wissend verbringen? Es sieht ganz danach aus. Eines ist gewiss. Ich werde darauf bestehen noch einmal getestet zu werden, damit ich endlich Gewissheit habe. Des weiteren werde ich in den nächsten Tagen weiterhin beim Gesundheitsamt anrufen um endlich zu erfahren, wie es weitergeht. Aktuell habe ich lediglich leichte Erkältungssymptome, wie Schnupfen und Augenbrennen. Das ist allerdings auf den Pollenflug zurückzuführen, mit dem ich jährlich zu kämpfen habe, da ich Allergikerin bin.

Den heutigen Tag werde ich ruhig ausklingen lassen, mit dem Beantworten der vielen Nachrichten ausklingen lassen, die mich täglich erreichen, mittlerweile auch von mir völlig fremden Menschen. Sie stellen mir Fragen, die ich gewissenhaft beantworte und wünschen mir gute Besserung. Eine Dame aus Bayern fragt mich sogar, ob sie mein Tagebuch in Ihr Buch zur Corona- Krise aufnehmen darf, das demnächst veröffentlicht werden soll. Da sieht man mal, welch große Reichweite „Made in Bocholt“ hat.

02.04.2020:  Heute endet nach 21Tagen in völliger Isolation meine Quarantäne und ich warte gespannt auf den alles entscheidenden Anruf. 12.00 Uhr und noch immer  kein Anruf. Langsam werde ich unruhig und befürchte, dass meine Quarantäne-Zeit erneut 1 Woche verlängert wird. Her mit den positiven Gedanken. Jetzt erst mal einen Cappuccino und ab nach draußen in die Sonne. Die UV- Strahlung stärkt das Immunsystem. Um 13.00 Uhr noch immer kein Anruf. Also führe ich in meinen drei Aquarien den wöchentlichen Wasserwechsel durch. Das lenkt ab. Als ich fertig bin, geht es wieder nach draußen. Dort entdecke ich meinen netten Nachbarn, mit dem ich mich immer sehr gerne unterhalte. Er ist genau wie mein Vater 75Jahre alt und ebenso wie seine Ehefrau immer sehr freundlich.

Plötzlich wird unser Gespräch durch die Klavier-Melodie meines Smartphones unterbrochen. Endlich. Der heiß ersehnte Anruf. Die Dame vom Ordnungsamt teilt mir mit, dass das Gesundheitsamt entschieden hat, meine Quarantäne- Zeit zu beenden. Ich freue mich sehr, aber die Tatsache, dass ich nicht erneut getestet werde, trübt meine Freude ein wenig. Ich darf endlich wieder mein Zuhause verlassen. Aber das werde ich nur tun um einen kleinen Spaziergang zu machen. Schließlich ist die Dunkelziffer derer, die positiv sind und es nicht einmal wissen(da nicht getestet) höher als die aktuellen Fallzahlen zeigen.

Ich muss mich weiterhin vor Covid19 schützen, da ich der Risikogruppe angehöre. Außerdem weiß ich auch nach 3 Wochen noch immer nicht, ob ich nun negativ oder noch immer positiv bin. Kein schönes Gefühl. Ich fühle mich völlig im Stich gelassen. Möchte einfach nur erneut getestet werden, damit ich endlich weiß wo ich stehe. Ob das noch geschieht, steht vermutlich in den Sternen…..

 

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