Bocholter erhält vom Bistum Glocke für türkische Kirche



Das Versprechen gab Josef Budak seinem Vater am Sterbebett. Er werde die Kirche in seiner Heimat, dem kleinen Dorf Kafarbe in der Südosttürkei, renovieren, einen Glockenturm bauen und eine Glocke einsetzen. 16 Jahre ist das jetzt her. Oft war der Bocholter mit Familie und Verwandten in den vergangenen Jahren dort, um weiter an dem Bauprojekt zu arbeiten. Das meiste ist geschafft, aber die Glocke fehlte noch. Der gebürtige Aramäer wandte sich an die Abteilung Kunst und Kultur im Bistum – und hatte Glück. In einem Depot lagerte die Glocke der ehemaligen Kirche St. Ludger in Duisburg-Rheinhausen-Asterlagen. Der Kirchenvorstand der Pfarrei stimmte zu. Am Mittwoch, 15. Juni, nahm Budak die Schenkung entgegen. 

Das Projekt ist eine Herzensangelegenheit für den 53-Jährigen, der sein Wort, das er seinem Vater gegeben hat, unbedingt halten möchte. „Es soll eine Erinnerung für die Ewigkeit werden“, sagt Josef Budak. 49 Jahre lang war sein Vater Küster in der Heimatkirche St. Stephan in dem kleinen Dorf in der Nähe des Klosters Mor Gabriel, eines der ältesten christlichen Klöster der Welt. Das Hochplateau Turabdin gilt als Heimat der aramäischen Christen, die als religiöse Minderheit in der Türkei leben. Doch seit dem Völkermord an den christlichen Minderheiten im Jahr 1915 schrumpft das christlich bewohnte Gebiet immer weiter. Auch Familie Budak – Eltern und zehn Kinder – floh 1987 vor Krieg und staatlicher Repression nach Europa. So wie fast alle 20 Familien aus dem Dorf Kafarbe, die mittlerweile in ganz Europa verteilt leben. 

Die Jahre nach der Flucht ins Münsterland vergingen schnell, 2004 entschloss sich Budaks Vater, die zerstörte Kirche gemeinsam mit Freunden wieder aufzubauen und zu renovieren. Jährlich reiste er für mehrere Wochen in die Türkei und arbeitete an dem Projekt weiter – mit bloßen Händen und viel Ehrgeiz. 2006 starb Vater Budak. Seitdem setzen seine Söhne gemeinsam das Lebenswerk seines Vater fort. Auch Josef Budaks jüngster Sohn war schon einmal mit. „Es ist nicht einfach“, berichtet der Bocholter. Durch die starke Hitze haben sie immer wieder mit großen Rissen in den Wänden zu kämpfen, auch das Dach macht Probleme. „Das nötige Material von hier aus in die Türkei zu bringen ist kompliziert und teuer.“ Doch Familie Budak gibt nicht auf.

Die Glockenschenkung des Bistums Münster sei ein großer Lichtblick, ist der 53-Jährige zutiefst dankbar. Seiner Anfrage an das Bistum hatte er ein Schreiben des Erzbischofs Timotheos Samuel Aktas beigefügt. Prof. Dr. Thomas Flammer, Leiter der Abteilung Kunst und Kultur, sowie Dr. Michael Reuter, Leiter der Gruppe Kunstpflege, waren sich schnell einig und wollten helfen. Dass es eine Kirchenglocke in eines der Kunstdepots im Bistum schafft, ist eher eine Ausnahme, weiß Reuter: „In den meisten Fällen können die Glocken von profanierten Kirchen anderweitig genutzt werden oder die Pfarrei verkaufen sie entsprechend.“ Die Glocke aus der profanierten St.-Ludger-Kirche sei genau passend gewesen, freuen sich die Bistumsvertreter darüber, dass sie die aramäischen Christen in der Türkei damit unterstützen können.

Josef Budak steht nun vor der Herausforderung, die Glocke in seine Heimat zu transportieren. Er hofft, dass es noch in diesem Jahr so weit sein wird. Im kommenden Jahr nämlich soll ein großes Wiedersehen in Kafarbe stattfinden: Möglichst viele der damals geflüchteten Familien, die längst um Schwieger- und Enkelkinder gewachsen sind, wollen sich dann treffen und die renovierte Kirche samt Glocke feiern.

Quelle: Ann-Christin Ladermann / Bistum Münster

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert