Bocholter informieren sich über Minderheiten im dänischen Grenzgebiet



Bocholt (EUBOH). Dänemark wird aus deutscher Sicht wahlweise als schönes Urlaubsland oder problematischer EU-Nachbar wahrgenommen, der zwischenzeitlich das Schengen-Abkommen infrage gestellt hat. Wie steht es jedoch um den Alltag an der Grenze, das Gespräch miteinander und die Lösung grenzüberschreitender Probleme? Und wie ist die Rolle der Minderheiten im jeweiligen Land zu betrachten? Auf diese und weitere Fragen bekamen 25 Bocholter viele Antworten bei ihrer Reise in das deutsch-dänische Grenzgebiet.
Die Studienreise fand vom 28. Juni bis zum 2. Juli 2016 in der Nordsee Akademie Leck statt. Aber nicht nur dort, sondern auch in nahegelegenen Unternehmen und bei Fahrten nach Flensburg und Abenraa (Dänemark) erhielten die westfälischen Gäste Informationen über die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekte im Grenzgebiet. Mit dazu gehörten Exkursionen, die sich mit der Wirtschaft und Umfeld auf der Insel Sylt oder auch in den Orten Husum und Friedrichstadt beschäftigten.
Deutsche Minderheit in Nordschleswig
Die Bocholter informierten sich im „Haus Nordschleswig“ im dänischen Abenraa über die Situation der deutschen Minderheit. Sie bekamen dort einen Überblick über die verschiedenen Einrichtungen der deutschen Volksgruppe, zu denen beispielsweise die deutsche Zentralbibliothek, der Bund deutsche Nordschleswiger, die Schleswigsche Partei und der Deutsche Schul- und Sprachverein zählen. Die Schleswigsche Partei, die sich für die Gleichberechtigung der deutschen Minderheit und ihrer Einrichtungen einsetzt, ist in allen vier dänischen Kommunen in Nordschleswig vertreten. Nordschleswig sagen im Übrigen nur die Deutschen; die Dänen bezeichnen die Region als Südjütland.
Dänische Volksgruppe in Südschleswig
Gerhard Jessen, stellvertretender Landesgeschäftsführer des Südschleswiger Wählerverbandes, informierte die Bocholter über aktuelle Probleme und Fragen der dänischen Volksgruppe in Schleswig-Holstein. Ein besonderes Augenmerk legt die dänische Volksgruppe auf die Erziehung ihrer Kinder in dänischen Schulen auf deutschem Staatsgebiet. „Sie werden kleine Dänen“, erklärte Jessen das Prinzip dieser Schulen, die sich in ihrem System sehr von deutschen Schulen unterscheiden. So kommt in den dänischen Schulen den Eltern eine besondere Rolle zu; Sie entscheiden und arbeiten im Schulsystem aktiv mit. Besucht werden können diese Schulen jedoch von deutschen und dänischen Kindern, so Jessen.
Geschichte der Minderheiten
Der Verlauf der Bundesgrenze, die Deutschland und Dänemark im Norden der Republik trennt, war in den letzten Jahrhunderten – je nach politischer Gesinnung – nicht immer an gleicher Stelle. Sie verschob sich sowohl weiter in den Norden als auch in den Süden, so beispielsweise bis zum heutigen Hamburg-Altona. Zwei Mal scheiterten im 19. Jahrhundert die Versuche, mit Hilfe staatlicher Zwangspolitik die sprachlich-kulturelle und die damit verbundene nationale Ausrichtung der Bevölkerung in diesen Gebieten zu beeinflussen. Im Jahr 1864 verlor Dänemark im zweiten schleswigschen Krieg die umstrittenen Herzogtümer Schleswig und Holstein und trat sie an Preußen ab. Schleswig-Holstein wurde preußisch. Nach dem ersten Weltkrieg entschieden die Menschen in Nordschleswig und Südschleswig im Jahr 1920 über den heutigen Grenzverlauf. Seitdem gibt es die dänische Minderheit mit rund 50.000 Menschen im Norden Deutschlands und die deutsche Minderheit mit rund 15.000 Menschen im Süden Dänemarks.
Europäische Partner
Die jetzige Studienreise wurde vom Deutschland- und Europapolitischen Bildungswerk Nordrhein-Westfalen unter Leitung von Irma Kühn-Grefte in Zusammenarbeit mit dem Europe-direct Informationszentrum Bocholt, der Europa-Union Bocholt e.V. und der Volkshochschule Bocholt-Rhede-Isselburg organisiert.

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