Bocholts Wirtschaftsförderungsmodell vor dem Scheitern



Viel zu lachen hat Ludger Dieckhues momentan nicht

 

EINE ANALYSE VON BERTHOLD BLESENKEMPER

VKF Renzel, Jemako, Ibena, Herding, Bors, Herbrand und jetzt Party-Rent. Die Liste der Unternehmen, die Bocholt über Jahre ganz oder zu großen Teilen den Rücken gekehrt haben oder noch gehen wollen, wird lang und länger. Inzwischen macht sich selbst Ludger Dieckhues als Chef der Wirtschaftsförderung ernsthafte Sorgen um den Standort.  Auf Anfrage von Made in Bocholt schreibt er in einer Stellungnahme: „Stadt, Politik und Wirtschaftsförderung müssen an einigen Standortfaktoren strategisch wie operativ intensiver und innovativer für Bocholt arbeiten.“

Was war passiert? Der europaweite Branchenführer in Sachen Eventbusiness hatte sich an seinem zentralen Firmensitz am Busskolk in Mussum erweitern wollen. Geplant war eine neue, zusätzliche Logistikhalle. Ein passendes Grundstück konnte gekauft werden. Was das Unternehmen nach Informationen von Made in Bocholt wohl noch brauchte, waren ein paar Zugeständnisse eines Fachamtes. Die aber wurden offenbar verweigert. Firmenchef Joris Bomers –  nicht gerade als besonders geduldig bekannt – zog daraufhin die Reißleine.

Schon vor einigen Jahren hatte Partyrent mit Fortzug gedroht. Damals ging es darum, dass ein paar Gewächse vor der neuen Firmenzentrale gestutzt werden sollten, um einen besseren Blick auf das moderne Gebäude zu ermöglichen. Auch das wurde zunächst verweigert. Später fanden die Parteien nach Vermittlung Dritter eine gemeinsame Lösung. Noch einmal aber wollte sich der Firmenchef diesmal nicht auf solch langwierige Gesprächsrunden einlassen.

Für Wirtschaftsförderer Ludger Dieckhues eine schlechte Nachricht. „Mich ärgert das sehr, ich bin enttäuscht“, heißt es in einer Stellungnahme. Dass der oberste Wirtschaftsförderer diesmal die Gründe für das Scheitern ganz offen anspricht und mangelnde Zusammenarbeit der Verantwortlichen auf städtischer Ebene dafür verantwortlich macht, spricht Bände. Denn es stellt auch seine Arbeit und die seiner ausgelagerten und mit dem Stadtmarketing zusammengeführten Gesellschaft in Frage.

Eigentlich muss Wirtschaftsförderung eine Kernkompetenz des Bürgermeisters oder zumindest seines unmittelbaren Stabes sein. Firmenchefs sprechen nun mal nicht gerne mit der zweiten oder dritten Ebene. Das frisst zu viel Zeit und damit Geld. Entscheider suchen Entscheider. Wer sich zunächst immer erst bei Vorgesetzten oder der Politik rückversichern muss, ist schnell außen vor. Dennoch kann Wirtschaftsförderung auch in einer ausgelagerten Gesellschaft – wie  in Bocholt praktiziert – funktionieren. Aber nur dann, wenn die Verwaltungsspitze und der oberste Wirtschaftsförderer ganz eng zusammenarbeiten. Das scheint in Bocholt nicht der Fall zu sein. Anders lassen sich die sich häufigen Klagen  von Unternehmern in Bocholt über unflexible Strukturen, lange Entscheidungswege und wenig Hilfsbereitschaft nicht erklären.

Damit nicht genug: Immer öfter betätigt sich der Konzern Stadt sogar selbst als Unternehmen und vernichtet mit Hilfe seiner subventionierten Tochterunternehmen Jobs und Firmen-Existenzen. Neuester Clou: Die Bocholter Bädergesellschaft plant als Tochter der BEW und damit der Stadt am Bahia einen Wellness- und SPA-Bereich sowie Ferienwohnungen beziehungsweise ein Hotel. Die private Konkurrenz hat das Nachsehen. Ein Unding. Aber weder im Rathaus noch in der Politik scheint das jemand zu jucken.

Was ist zu tun? Entweder Bürgermeister Peter Nebelo nimmt Wirtschaftsförderung selbst in die Hand und macht sie zur Chefsache. Oder aber er stattet Ludger Dieckhues mit deutlich mehr Kompetenzen aus. Da Letzteres schon allein aus dienstrechtlichen Gründen nicht geht, droht  das bisherige Auslagerungsmodell schlichtweg zu scheitern.

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