Buen Camino (Teil 3) – von schw…kalten Tagen, einem Abschied und dem Beginn der gefürchteten „Meseta“



Jacqueline Reuvers pilgert seit Ostern den mehr als 800 Kilometer langen, auch Camino genannten Jakobsweg von Frankreich bis ins nordspanische Santiago de Compostella. Exklusiv für Made in Bocholt schreibt sie einen wöchentlichen Blog. Lesen Sie heute Teil 3 über schw…kalte Tagen, einem Abschied und den Beginn der gefürchteten „Meseta“

Etappe  12 – Von Santo Domingo de la Calzada nach Belorado – 22 Kilometer

Let the ☀️in. Es wird ein schöner Tag, ich habe gut geschlafen und bin ausgeruht. Ich kann es kaum erwarten, loszulaufen. Einige Pilger sind bereits unterwegs, als ich Santo Domingo verlasse.
Die Strecke ist wieder schön. Heute geht es von Dorf zu Dorf und es gibt nicht zu viel Steigung

Als ich in Grañon eine Pause einlege, sitzen dort meine Freunde Lisette und Marcel. Henk, Beatrice, Josette und Agnes kommen auch angelaufen. Was für eine willkommene Pause. Ich nehme mein Frühstück ein und plaudere mit L & M.

Auf dem Weg nach Belorado, laufe ich heute mit Flügeln, was nach dem gestrigen Tag sehr motivierend ist.Zum ersten Mal nehme ich meine EarPods mit, denn wir müssen ein Stück an der Autobahn entlang laufen. Ich wähle meine Playlist. Von Al Jarreau, Luciano Pavarotti & Joss Stone bis Brian Ferry und Lou Reed mit „it’s just a Perfect day“, oh ja, das ist es. Ich habe so eine gute Laune, die durch die Temptations noch mehr bestätigt wird, „Mama is a Rolling Stone“ 😁 Ich tanze den Berg hoch, es ist mir egal, was die Pilger hinter mir denken.

Als ich Beatrice wenig später wiedertreffe, will sie sich meine Füße ansehen und bandagiert meinen kleinen Zeh. Sie erzählt mir, dass sie einige Zeit mit Maryann im Krankenhaus verbracht hat. Maryanns Zeh so entzündet war, dass Maryann kurz vor einer Sepsis stand. Wie furchtbar, denke ich mir.

Etappe 13 – Von Belorado nach Villafranca

Wir haben uns heute morgen verabschiedet von Maryann & Henk. Beide fliegen nach Australien zurück.  Maryanns Gesundheit ist momentan nicht gut. Ihr Fuß macht große Probleme. Es ist besser so. Sie werden Ihren Camino in 2023 fortsetzen.

Es fließen Tränen beim Abschied, die kleine Beatrice ist ganz traurig. Wir werden zusammen laufen und heute ein Zimmer in Villafranca teilen. Unterwegs erzählt sie aus ihrem Leben. Beatrice ist 69 Jahre und arbeitet als Krankenschwester seit 22 Jahre in einer Privatklinik. Zusammen mit dem Spezialisten, der Kardiologen ist, sind sie seit langer Zeit ein Team. Es ist sehr unkompliziert mit Beatriz zu laufen und Zeit zu verbringen.  Da wir unterschiedlich schnell laufen, treffen wir uns am Hotel heute.

Ein Juwel in Villafranca, das San Anton Abad. Eine Empfehlung von Bill aus Kalifornien. Der Weg nach Villafranca ist wieder geprägt von einer überwältigenden Schönheit, die Weinberge Rioja haben wir zurückgelassen. Hier in Castilla y Leon werden vorwiegend rote Rebsorten wie Tinta del País, Garnacha, Cabernet sauvignon oder Mencía angebaut. Dörfer mit Kirchen und Kloster sind hier ununterbrochen zu finden, und alles ist erhalten geblieben.

Etappe 14 – Von Villafranca nach Burgos

Die „Comadres“ laufen los. Der Anfang ist sehr steil und  ☀️☀️☀️ das Wetter so schön! Der Sonnenaufgang war schon spektakulär. Nach dem Anstieg zu Alto Mojapan und Alto Pedraja erreichen wir die Donativo von Angel. Er stellt sich dort hin,  um uns Pilgrims mit Obst und Getränke zu versorgen. ♥️

Er flirtet ein bissl mit mir, wahrscheinlich weil ich auf seine Erzählung eingehe und mich nicht sofort belästigt fühle oder „me too“ einschalten muss. Wenn man hier offen ist, die Eindrücke, die Menschen, die Natur und Kultur auf sich wirken lassen kann und das Herz öffnet, erlebt man hier Wunderbares.

Hier hat man Zeit, hier ist kein Stress, nur mal schmerzhafte Füße, aber wenn das alles ist… Ich habe mich nach drei Tagen etwas verloren gefühlt und mich gefragt, wie mache ich weiter? Aufgeben wäre keine Option gewesen, also weiter machen und da kam dann auch das Caminofeeling.

Ich gönne mir einen Ruhetag. Burgos ist eine tolle Stadt – Viva la Vida! Überall Cafés, Bars, Restaurants und Leben auf der Straße. Die Kathedrale ist das Prunkstück der Stadt und gehört zum UNESCO Kulturerbe, unfassbar wie Menschenhände dieses Bauwerk fertiggestellt haben.

Etappe 15 – Von Burgos nach Hornillos del Camino

Wir verlassen Burgos um 7 Uhr, es ist schw… kalt, Skiunterwäsche und Handschuhe an. Was für eine wunderschöne Stadt, genau wie Pamplona als Städtetrip sehr zu empfehlen.
Wir laufen fast sieben  Kilometer, bis wir aus Burgos raus sind. 

Weiter nach Rabe de las Calzadas mit einem süßen kleinen Cafe, wo wir unsere Freunde Gina und Bill treffen. Bill gibt uns wieder tolle Tipps für unsere weiteren Reise. Vor Rabe sehen wir Denise, wir drücken uns herzlich und sind froh wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen. Sie fragt mich wie es mit Watsapp funktioniert weil sie als Kanadierin eine Simkarte kaufen musste. Da haben wir Europäer schon ein sehr gutes funktionierendes Mobilfunksystem. Alles eingestellt für Denise und jetzt geht es Richtung Meseta, puh..

Samuel, unser Host für heute,  wartet schon auf uns in der Albergue de Sol a Sol in Hornillos. Wir springen sofort unter der heißen Dusche und zum Schluss kühle ich meine Füße mit kaltem Wasser, eine Wohltat.  Um 7 Uhr liegen wir im Bett und bereiten uns auf die gefürchtete Meseta vor. Aber Das wird schon!

Etappe 16. Von Hornillos del Camino nach Castrojeriz

Ein Tag den ich nie vergessen werde. 🙏 Die Meseta ist die große, flache Ebene in der Mitte Spaniens. Zwischen den Städten Burgos und Leon führt der Camino Frances etwa 178 Kilometer lang durch den nördlichen Teil der Meseta. Dieser Abschnitt des Camino ist gefürchtet und wird von einigen Pilgern sogar gemieden, die lieber mit dem Bus nach Leon fahren.

Die Meseta ist eine echte Herausforderung, da man mit der Hitze oder der eisigen Kälte und den unvorhersehbaren Wetterumschwüngen sowie den langen leeren Abschnitten aufgrund des Mangels an Rastplätzen zu kämpfen hat. Aber für viele, die sie bereits hinter sich gebracht haben, ist sie ein Ort der Schönheit und eine einzigartige Erfahrung, an die man sich ein Leben lang erinnern wird!

Etappe 17 – Von Castrojeriz nach Boadilla

Nachdem ich gestern im Hostal Orion angekommen war und von diesem sehr netten Hospitalero Daniel begrüßt wurde, sprang ich todmüde, aber sehr zufrieden und glücklich nach dem Mesetatag unter die Dusche.  Eine Stunde ausruhen und dann den Drang verspüren, Castrojeriz zu erkunden, das liegt in meiner Natur. Ich will alles wissen und sehen, vor allem mit Menschen in Kontakt kommen.

Und so schlendere ich durch die alten Straßen von Castrojeriz und komme irgendwann an einem Haus vorbei, dessen Tür weit offen steht. Schöner klassischer Gesang und der leichte Duft von Weihrauch kommen mir entgegen.  Willkommen, bienvenudos heißt es auf dem kleinen Buch was im Eingang liegt. Ich trete ein und befinde mich in einem Raum, der so ruhig und friedlich ist.
Nia lebt hier, sie ist eine wunderschöne spanische Künstlerin und strahlt alles aus, Frieden, Schönheit, Liebe und für einen Moment denke ich, dass die Heilige Maria vor mir steht. So stelle ich sie mir jedenfalls vor.

Nia und ich kommen ins Gespräch und ich entschuldige mich, dass ich ein Video gemacht habe, verspreche ihr aber, dass es für mich ist und ich es nicht veröffentlichen möchte.
Sie bedankt sich und sagt, dass es schon etwas Besonderes ist, dass ich frage ob ich filmen darf.
Wir dürfen durch ihr Haus und ihren Garten spazieren, und ich bin tief bewegt von den Details und ihrer Kunst. Sie erzählt von ihrem Leben und dass sich ihr Leben für immer verändert hat, nachdem sie den Camino als Peregrino gegangen ist.
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Unvergesslich wunderschön dieser Ort, unvergesslich ist Nia, die ihr Haus offenstellt für die Menschen die mit Herzen zu ihrem Haus laufen. Danke Nia ♥️

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