Buen Camino (Teil 6) – vom absoluten Höhepunkt des Jakobsweges, einem „Pfad des Horrors“ und der Freundin aus Lalaland



Jacqueline Reuvers pilgert seit Ostern den mehr als 800 Kilometer langen, auch Camino genannten Jakobsweg von Frankreich bis ins nordspanische Santiago de Compostella. Exklusiv für Made in Bocholt schreibt sie einen wöchentlichen Blog. Lesen Sie heute in Teil 6 vom absoluten Höhepunkt des Jakobsweges, einem „Pfad des Horrors“ und der Freundin aus Lalaland

Etappe 24 – Von Astorga nach St. Catalina

Ich warte das Wetter ab. Zunächst noch ein Besuch ins Gaudimuseum in Astorga.
Das war echt ein Highlight ( mal wieder). Ich werde die ganzen Muttergottes-Figuren aus den Jahrhunderten und die ganze Apostel und Heiligen in Gedanken behalten. Es waren so viele. 

Um 11.45 aus Astorga losgelaufen. Erst noch kurz bei Mariaangela angehalten für den üblichen Café con Leche. Sie fragt, ob ich für sie bete in Santiago. Natürlich Süße. das  mache ich. Ihr Mann liest die Zeitung und hat ein Glas Wein vor sich stehen. Dann fragt er, ob ich für ihn zweimal bete und wir lachen uns schlapp, Spanischer Humor ?.

Ich muss umdenken. Es geht nämlich Richtung Cruz de Ferro. Ich denke, das ist der wohl bedeutendste Ort hier auf dem Camino Francés.

Etappe 25 – Von St. Catalina nach Fonçebadon

Wir sind früh aufgestanden, weil wir diese Albergue mit ihren mürrischen Leuten so schnell wie möglich verlassen wollten. Nun, ich nenne es eine Camino-Erfahrung, die auch im täglichen Leben zu Hause manchmal vorkommt. 7.15: Ich bin draußen.

Der Weg nach Foncebadon ist nicht einfach, aber ich merke, dass ich fit bin und es ganz gut schaffe. Unterwegs laufe ich an wildem Lavendel und anderen schönen Blüten vorbei. Es sind die letzten Kilometer in Kastilien-León, bevor die Reise ins schöne grüne Galicien weitergeht. Als ich hier ankomme, ist mein Bett bereits verschenkt. Ich schlafe in diesem Stadium meines Lebens einfach schlecht, daher das Privatzimmer. Jetzt muss ich ein Zimmer mit all den Schnarchern teilen, na ja was soll es.

Etappe 26 –  Von Fonçebadon über Cruz de Ferro nach Molinaseca

Cruz de Ferro ist einen ganz besonderen Ort auf den Camino Frances. Er liegt auf 1504 Meter Höhe auf einer Ebene des Monte Irago. Es ist einer der schlichtesten, aber eindrücklichsten Orte am Jakobsweg. Aus einem großen Steinhaufen ragt ein langer, schlanker Eichenpfahl, darauf das kleine Eisenkreuz. Der genaue Ursprung liegt im Dunkeln. Sicher ist, dass seit Jahrhunderten die Pilger am Kreuz einen Stein niederlegen. Für viele Pilger bedeutet das Ritual auch heute noch das symbolische Ablegen einer Seelenlast. 

Ein Stein hinlegen, oder eine Blume, ein Bändchen oder eine kleine Muschel so wie ich. Eine Muschel mit einer ganz besonderen Bedeutung.Ich hatte mein Moment schon am Vortag am Cruz de Ferro, bin abends um 19 Uhr hingelaufen und war ganz alleine dort, so wollte ich es auch. 

Der Weg dorthin werde ich nie vergessen, es fühlte sich an wie eine Magie, alsob das Kreuz mich hingezogen hat. Eineinhalb Stunde später war ich wieder an der Albergue. Und am nächsten Morgen bin ich dann mit Beatriz um 6.15 Uhr hingelaufen. Ich wusste, da sind schon sehr viele Pilger beim Sonnenaufgang. Und so war es auch.

Etappe 27 – Von Molinaseca nach Camponayara

Der Pfad des Horrors ? gestern. Der Abstieg vom Cruz de Ferro – 600 m (steil) nach Molinaseca – war geradezu grauenhaft. Ich habe mich fast zweimal hingelegt. Bei 30 Grad  und solchen Wegen  muss man sich äußerst konzentrieren und genau hingucken, wo man die Stöcke platziert, sonst kann es fürchterlich schiefgehen. Ich sage immer: Es wurde hier nichts TÜV-geprüft.
Na ja, gegen 16.30 kamen wir mit der Zunge auf den Schuhen in unsere Herberge an. Der Hospitalero war ganz toll, Brasilianer halt ?. Ich habe mich aufs Bett fallen lassen. Mein Gefühl:”ich stehe nie wieder auf” ?. Aber eins habe ich hier auch gelernt: Wenn man an seine körperlichen Grenzen kommt und dann nach dem Duschen wieder fast regeneriert,  kann man nur dankbar sein. Unglaublich!

Etappe 28 – Von Camponayara nach Villafranca del Bierzo

Buenas Dias queridos Amigos Ultreia et Suseia ! 600 Kilometer sind geschafft, vamos! Laut einer Theorie bezogen sich die Pilger mit dem Gruß auf das Konzept weiterzugehen und ihr Ziel zu erreichen: Santiago de Compostela. Dementsprechend wurde der Gruß “Ultreia” (oder Ultreya oder Ultrella) auf dem Jakobsweg von den Pilgern verwendet, um sich gegenseitig anzufeuern. Inzwischen sagen wir 28mal am Tag „Buen Camino! ?“


Ich verlasse Camponayara und laufe durch schöne Weinberge. Es ist leicht bewölkt und noch sehr angenehm zu laufen. Meine Waden sind noch etwas angeschlagen von der Kletterpartie von vorgestern, aber sie haben eine ordentliche Schicht Voltaren bekommen und müssen jetzt mal mithalten. Die Wege sind atemberaubend schön.

Etappe 29 – Von Villafranca  nach CASA SUSI

Heute bin ich zum ersten Mal seit Belorado und seit 340 Kilometern wieder alleine unterwegs. Ich habe mit Beatriz vereinbart, dass von nun an jeder alleine läuft, was sich für mich im Moment besser anfühlt, aber sicher auch für Beatriz. Ich habe ihr gezeigt, wie man das Internet, Google Maps und Watsapp in Europa nutzt. Es ist eine gute Entscheidung für uns und ich fühle mich befreit. Beatriz sagt, sie habe zu viel in LaLaLand gelebt ?und sei völlig unvorbereitet auf den Camino gegangen

Auf dem Weg kommt ein sehr attraktiver junger Mann neben mir her. Er heißt Vas und kommt aus Australien. Wir gehen gemeinsam weiter, reden über unser Leben, lachen und erleben gemeinsam den besonderen Moment des alten Baumes. Das Gefühl, den Baum umarmen zu wollen, überwältigt mich und ich sage es Vas,. Er macht es. Ein ganz besonderer Moment. Vas möchte meinen Blog lesen und wir tauschen Nummern aus Danke lieber Vas, unvergesslich dieser Morgen. Du gibst mir so viel positive Energie ?. You made my day.

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