Corona beeinträchtigt ein Drittel der Handwerksbetriebe stark bis sehr stark



Bis Ende März ging es dem Handwerk im Kammerbezirk Münster noch fabelhaft. Die Zukunftserwartungen waren weitgehend optimistisch. Das ergab die Frühjahrs-Konjunkturumfrage, die die Handwerkskammer (HWK) Münster im vergangenen Monat durchgeführt hat. Rund die Hälfte der insgesamt 310 antwortenden Betriebe bewertete ihre Geschäftslage allerdings vor den verordneten Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie.

„Mittlerweile sieht das Gesamtbild im Handwerk anders aus“, weiß Kammerpräsident Hans Hund (Bocholt) aus zusätzlichen Blitzumfragen der HWK zu den Corona-Effekten auf das Handwerk, zuletzt Anfang April. Die meisten Branchen seien aus einer starken Position heraus in die Viruskrise gerutscht. Hund hofft, dass dies zusammen mit den Hilfsprogrammen von Bund und Land dazu beitrage, die aktuelle Ausnahmesituation zu bewältigen. Er regt an zu überprüfen, welche Gewerke unter Beachtung des Abstandsgebotes und notwendiger Schutzmaßnahmen ihr Ladengeschäft wieder öffnen dürften. Die Eindämmung der Infektionsausbreitung habe dabei auch für das Handwerk Priorität.

Weiteren Bedarf an Hilfen sieht HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Banasiewicz für Existenzgründer, die ebenso durchs Förderraster fielen wie Nebenerwerbsbetriebe, in denen oftmals Handwerker ihre unzureichende Rente aufbesserten. Unberücksichtigt seien auch Auszubildende, für die bislang kein Kurzarbeitergeld greife. Dieses sei aber für das Fortbestehen der Lehrverträge wichtig, wenn die Ausbildungsbetriebe in Schwierigkeiten gerieten, erklärte Banasiewicz.

Der Abfall der Geschäftstätigkeit durch die Corona-Krise passierte für zahlreiche Betriebe, als sie obenauf waren: Noch nie in der Konjunkturbeobachtung der Handwerkskammer gab es in einem März so viele Handwerksunternehmen, die ihre Geschäftslage der vergangenen sechs Monate mit „gut“ bewerteten wie in diesem Jahr – 61 Prozent der Befragten. 31 Prozent fanden ihre Lage „befriedigend“, nur 8 Prozent sahen sich in einer schlechten Situation. Der Geschäftslageindikator, der Lage und Prognose zusammenfasst, erreichte mit 132,6 Prozentpunkten einen hohen Level. Er spiegelt aber bereits die zwar noch positiven, jedoch schon vorsichtigeren Erwartungen an die künftige Geschäftsentwicklung wider.

In beiden Regionen des Kammerbezirks, dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region, näherte sich die Konjunktur weiter an. Der Geschäftslageindikator betrug im Münsterland 135,2 Prozentpunkte und lag damit 9,4 Prozentpunkte vor dem nördlichen Ruhrgebiet mit 125,8 Prozentpunkten. In beiden Regionen war die Prognose vielversprechend.

Die Beschäftigung im Handwerk nahm im vergangenen Halbjahr weiter zu: Der Saldo aus Betrieben, die zusätzliches Personal einstellten, und Betrieben, die Mitarbeiter entlassen mussten, lag 9 Prozentpunkte im Plus. Gleiches galt für die Auftragslage. Die Umsätze stiegen weiter deutlich. Die Aufträge der Betriebe reichten noch bis vor Kurzem durchschnittlich 8,5 Wochen weit. Die Kapazitätsauslastung lag bei 80,9 Prozent. Investitionen legten stark zu. Die Verkaufspreise stiegen moderater als im Frühling des Vorjahres.

Sämtliche Branchen erzielten einen positiven Saldo aus Betrieben mit guter und schlechter Geschäftslage. An der Spitze lag das Ausbaugewerbe (73,2 Prozentpunkte) und direkt dahinter das Bauhauptgewerbe (72,2). Hervorragend ging es auch dem Gesundheitsgewerbe (46,2). In der Rangfolge kamen dahinter die Anbieter für den gewerblichen Bedarf (39,6), die Nahrungsmittelgewerbe (36,4), das Kraftfahrzeuggewerbe (30,6) und schließlich die personenbezogenen Dienstleistungsgewerbe (11,7).

Die HWK beobachtet die Folgen der Corona-Krise für die Handwerksbetriebe im Kammerbezirk Münster. Mitte März und Anfang April führte sie Blitzumfragen mit 1.198 und 1.455 Teilnehmern durch. Lag der Index für starke bis sehr starke Effekte durch das Virus auf die Unternehmen im März noch bei 22,1 Prozentpunkten, stieg er im April auf 30,5 Prozentpunkte. Der ermittelte Index berücksichtigt Aufträge, Beschaffungsprobleme, Lieferfähigkeit, Leistungspreise, Umsatz, Personalbestand, Liquiditätsengpässe, Kreditbedarf, Kurzarbeit und Personalabbau. Von den befragten Betrieben haben 56 Prozent die NRW-Soforthilfe bereits beantragt oder möchten dies tun

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