Das digitale Fiasko



Ein Kommentar von BERTHOLD BLESENKEMPER

Das Stadtmarketing ändert (mal wieder) seine Digitalisierungs-Strategie für den Handel. Ehrlich gesagt sind Zweifel daran erlaubt, ob es überhaupt eine hat. Denn die Liste des Scheiterns ist länger als die der Erfolge.
Eine als Hoffnungsträger für den örtlichen Handel erst im Dezember 2017 groß angekündigte App namens BOHDO nach nur vier Monaten wieder einstampfen zu müssen, ist peinlich genug. Aber es ist kein Einzelfall. Auch der digitale Shopping-Stadtplan als BOHDO-Vorläufer war bereits ein Fiasko aus Einsen und Nullen. Händler wurden aufgefordert, Texte und Bilder zur Verfügung zu stellen. Doch dann kam das Stadtmarketing nicht nach, die Flut an Informationen auch zeitnah einzupflegen. Übrig blieb ein Datenbank-Friedhof. Mit BOHDO war es nicht viel besser.
Und genau hier liegt das Kernproblem. Eine digitale Plattform lebt nicht von technischen Kabinettstückchen wie virtuellen Schneemännern, die über den Smartphone-Monitor hüpfen, sondern von Menschen, die sie tagtäglich mit Informationen füllen. Außerdem braucht es lokale Unterstützer, die Handel und Handwerk an die Hand nehmen und sie auf dem Weg in die neue Zukunft begleiten. Denn den Betroffenen selbst fehlt – bei aller Erkenntnis für die Notwendigkeit eines Wandels – dafür meist Knowhow, Zeit und auch Geld.
Stattdessen engagiert das Stadtmarketing immer und immer wieder externe Experten, die auf Honorarbasis unbestritten tolle Vorträge halten oder – so wie zur Zeit wieder – teure Einzelhandels-Gutachten erarbeiten, dann aber ganz, ganz schnell verschwunden sind, wenn es darum geht, die mühsame und deutlich weniger lukrative Umsetzungsarbeit zu machen. Das geht sogar so weit, dass man für eine Kampagne mit Namen „Such das mal im Internet“, mit der vor einiger Zeit in Bocholt aufwändig für die Unterstützung der örtlichen Handels geworben wurde, Bilder eines dänischen Fotografen mit Models aus Litauen im Internet einkaufte. Wo die Plakate gedruckt wurden, wissen wir nicht. Im Zweifel gilt: Such das mal im Internet!
Fazit: Die viel zitierte Aufforderung „Support your local dealer“, die eher nach Einbahnstraße klingt, sollte auf den wechselseitigen Begriff „Support your local partner“ erweitert werden. Nur so wird ein Schuh draus. Die Partner stehen bereit, weil sei ein intrinsisches Interesse an der Zukunft der (Innen-)Stadt haben.

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