Dechant van Straelen zeigt Verständnis für Kirchenaustritte

Die hohe Zahl der Kirchenaustritte erschreckt die heimischen Seelsorger. „Sie sind zugleich aber nachvollziehbar und verständlich“, erklärt Rafael van Straelen, Pfarrer der Gemeinde Liebfrauen und Dechant des Dekanats Bocholt, jetzt in einer Stellungnahme. Er habe den Eindruck, dass die Kirchenaustritte eine neue Qualität hätten. „Sie sind Zeichen und Ausdruck einer großen Unzufriedenheit mit der Kirche. Selten ist der Kirchenaustritt Ausdruck dessen, dass der Mensch nichts mehr mit dem christlichen Glauben zu tun haben will“, heißt es weiter.
Weiter schreibt van Straelen: „In Gesprächen mit Gläubigen hören wir, dass es auch den kirchlich sehr verbundenen und engagierten Christinnen und Christen zunehmend schwerfällt, sich mit der Kirche zu identifizieren; im Gegenteil: Immer stärker haben engagierte Gemeindemitglieder auch in der Familie, im Bekannten- und Freundeskreis sich zu rechtfertigen, warum sie noch in der Kirche sind oder gar mitmachen.
Manche sagen und setzen deutliche Zeichen, dass sie das Verhalten der Bischöfe und Kirchenleitungen (Verschleppung der Aufarbeitung der Verbrechen von sexueller Gewalt, keine Übernahme von Verantwortung und keine personellen Konsequenzen, kein wirklicher Reformwille) nicht weiter hinnehmen wollen und können. Viele können diese Diskrepanzen nicht mehr aushalten. Sie treten aus. Ich kann das nachvollziehen und habe Verständnis dafür. Und zugleich stimmt es mich auch traurig. In meiner Predigt in den Gottesdiensten am Samstag/Sonntag, 22./23. Januar 2022, also im Nachgang zur Veröffentlichung der Missbrauchsstudie für das Erzbistum München-Freising, habe ich deutlich Stellung bezogen und meine Solidarität erklärt gegenüber allen, die jetzt noch mehr enttäuscht, irritiert und wütend sind. Eine Solidarität gilt zunächst und zuerst jenen, die Betroffene sind der Verbrechen sexualisierter Gewalt durch Personen der Kirche. Meine Solidarität gilt jenen, denen es zunehmend schwerfällt, in der Kirche zu bleiben; und jenen, die es nicht mehr aushalten, die sich abwenden und austreten.“
Dann außerdem der Pfarre eine persönlich Haltung: „Ich muss nicht die Kirche lieben, schon gar nicht die Amtskirche. Ich liebe die Gemeinschaft der Glaubenden, der Christinnen und Christen. Ich muss mich nicht zur Kirche bekennen. Wichtig ist, dass ich mich zu Jesus Christus und seiner Botschaft bekenne. Dass ich von dem Gott erzähle, der Liebe ist und den Menschen bedingungslos liebt. Pastoralreferentin Sonja Stratmann hat dies in ihrer Zeitungspredigt am vergangenen Samstag dargelegt.“ In den Kirchengemeinden vor Ort gehe man einen anderen Weg als die offizielle Kirche, heißt es weiter. „Wir versuchen Brücken zu bauen – gerade auch in die reale Lebenswirklichkeit der Menschen heute -, damit die Menschen das erhalten, was sie für ihr Christsein an Halt und Orientierung suchen. Aktuell zeigt sich dies auch im Umgang mit queeren Menschen.“
Quelle: Gemeinde Liebfrauen