Der Mann, der drei Konzentrationslager und einen großen Schiffsuntergang überlebte

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Von SANDER GROOTENDORST

Ausgerechnet der Enkel eines SS-Mitglieds hat die deutsche Übersetzung des niederländischen Buches „Der letzte Zeuge“ finanziert. Es beschreibt die Erlebnisse des aus Lochem stammenden Wim Aloserij, der während der Nazizeit drei Konzentrationslager und einen großen Schiffsuntergang überlebte. Die deutsche Ausgabe von „Der letzte Zeuge“ wurde Anfang vergangener Woche im ehemaligen Konzentrationslager Husum-Schwesing vorgestellt, einem der Lager, in denen Aloserij inhaftiert war.

Die Nachricht erinnerte an die Präsentation des Originals im April 2018 in der Buchhandlung Lovink in Lochem. Aloserij erhielt damals das erste Exemplar symbolisch von der Beigeordneten Josan Meijers überreicht – „symbolisch“, weil bereits zu diesem Zeitpunkt zehntausend Exemplare des Buches über die Ladentheke gegangen waren. Das Buch wurde von dem Autor und Verleger Frank Krake geschrieben. Es enthält die bis dahin nur bruchstückhaft von Aloserij gegenüber Vertrauten erzählte Geschichte über seine Kriegsvergangenheit.

Der Lochemer überstand drei Konzentrationslager und den Untergang des Schiffes Cap Arcona, das zwei Kilometer vor der deutschen Küste beschossen wurde. 400 von 7000 Passagieren konnten damals gerettet werden, darunter der Niederländer. Von den 6000 Inhaftierten des Konzentrationslagers Neuengamme überlebten ebenfalls nur 600 – und wieder gehöre Aloserij dazu. Über die Lager sagte er während einer Präsentation: „Es war pure Sklaverei. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder du arbeitest, oder du stirbst. Ich versuchte, immer wachsam zu sein, und sagte mir selbst: Suche nach deinem Moment… Das ist mir ein paar Mal gelungen, auch wenn es manchmal sehr knapp war.“

Als der Deutsche Jörg Siegfried von Aloserij hörte, war er von dessen Lebensgeschichte sehr beeindruckt. Deutsche Verlage waren nicht an einer Übersetzung interessiert, also beschloss er, mit der dunklen SS-Vergangenheit seines Großvaters im Hinterkopf, selbst aktiv zu werden: „Ich kann die Vergangenheit meiner Familie nicht ungeschehen machen. Das Einzige, was ich tun kann, ist, jetzt für eine möglichst friedliche Welt zu sorgen“, sagt Siegfried über seine Motivation. Das Buch wurde von Gregor Seferebs übersetzt. Titel und Untertitel lauten: „Der letzte Zeuge. Der Mann, der drei Konzentrationslager und einen großen Schiffsuntergang überlebte.“ Wim Aloserij hat das nicht mehr erlebt. Er starb im Mai 2018 ausgerechnet beim Besuch einer Gedenkveranstaltung in Deutschland.

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