Dijkgraaf Hein Pieper weist auf die Bedeutung einer guten Abstimmung mit Deutschland bei der Bekämpfung von Überschwemmungen hin

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Wasserknappheit, Trockenheit, Überschwemmungen und Wasserqualität sind aktuelle Probleme, die die Gesellschaft beschäftigen. Um die durch den Klimawandel und Verschmutzungen ausgelösten Wasserkrisen zu bewältigen, ist eine enge Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern unerlässlich. Besonders für das Waterschap Rijn & IJssel, das im Einzugsgebiet von Rhein und IJssel tätig ist, ist die Kooperation mit Deutschland von großer Bedeutung. Politische Entscheidungen und Maßnahmen, die dort ergriffen werden, haben unmittelbare Auswirkungen auf die Regionen Achterhoek und Liemers.

In der jüngeren Vergangenheit haben Überschwemmungen infolge starker Regenfälle in Zentral- und Osteuropa die Schlagzeilen bestimmt. Die Flutkatastrophe in Limburg vor drei Jahren und die Überschwemmungen im Achterhoek im Jahr 2010 sind noch gut in Erinnerung. Das Jahr 2018 brachte ein Bewässerungsverbot für die Landwirtschaft und Appelle, die Duschzeiten zu verkürzen. Darüber hinaus haben Pfas-Verschmutzungen und das verspätete Säen der Felder durch langanhaltende Regenfälle in diesem Frühjahr die Situation verschärft. Dijkgraaf Hein Pieper stellte am Freitag die Strategien seines Waterschaps vor, um diesen Herausforderungen zu begegnen. „Die Anforderungen werden immer größer“, so seine Einschätzung.

Über die Grenzen hinaus diskutierten Kolumbianer und Vertreter anderer Wasserschaps in Doetinchem über die Notwendigkeit der internationalen Zusammenarbeit, die in einem großen Land wie Kolumbien besonders wichtig ist. In Kolumbien herrschen extreme Wetterverhältnisse, während die Niederlande das einzige Land weltweit mit Wasserschaps sind, die in Wasser investieren. Der Austausch von Wissen und Erfahrungen zwischen beiden Ländern fand statt.

Pieper betont: „Wenn Wasserschaps in den Dämmen nicht ausreichend investieren und wir beim Bau unserer Häuser das Wasser nicht angemessen berücksichtigen, dann werden Versicherungen keine Schäden mehr ersetzen.“ Er verweist auch auf die Situation in England, wo Versicherungen bei Überschwemmungsschäden maximal zweimal auszahlen.

„Um adäquat auf den Klimawandel zu reagieren, sind technische Lösungen und Geld nicht die Hauptprobleme, sondern die Zusammenarbeit stellt die größte Herausforderung dar“, beschreibt Pieper. „Die Kooperation mit den Deutschen gestaltet sich jedoch recht gut. Ich bin der einzige Dijkgraaf, der mit bewaffneten Einsatzkräften über die Grenze gehen darf, um Biber- und Bisamratten zu bekämpfen, um unsere Dämme zu schützen.“

Ein Beispiel für gelungene Zusammenarbeit ist die kürzliche Eröffnung einer Fischpassage und Wasserpuffer in Stadtlohn, wo Deutschland 40 Millionen Euro investiert hat, um den Fischen Fortpflanzungsmöglichkeiten zu bieten. „Rhein & IJssel hat 36 Fischaufstiege, und nun beginnen auch die Deutschen mit deren Errichtung.“

Zunehmend rückt das Thema Biodiversität in den Fokus. Indem Wasser länger im Boden gehalten wird, können im Bereich unterhalb von Winterswijk große Vorteile erzielt werden.

Ein weiterer Bereich, in dem die Zusammenarbeit mit den Deutschen von essenzieller Bedeutung ist, ist Dijkring 48. Diese Dammstruktur verläuft entlang des Rheins in Deutschland sowie des Oberrheins und des Pannerdensch Kanals in den Niederlanden. 53 Kilometer der Dammstrecke befinden sich in den Niederlanden und 45 Kilometer in Deutschland. Ein Dammbruch hätte auch katastrophale Folgen für andere Dammstrukturen, was zur Überflutung der Liemers und des Gebiets bis nach Doetinchem innerhalb von 48 Stunden führen könnte. In diesem Gebiet leben etwa 100.000 Menschen, und die zu erwartenden Schäden belaufen sich auf 30 bis 50 Milliarden Euro, falls Deutschland die Instandhaltung der Ringdeiche vernachlässigt.

Pieper erklärt weiter: „Die Deutschen zu drängen, funktioniert nicht; kulturelle Unterschiede sind immer vorhanden. Was jedoch gelingt, ist der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses. Wir unterstützen die Deutschen beispielsweise mit Sandsäcken, wenn nötig.“

Zusätzlich fördert die Kaderrichtlinie Wasser (KWR), die 2027 in Kraft tritt, eine gute Zusammenarbeit. „Wir verstehen uns gut, nicht zuletzt wegen des Dialekts. Schwieriger ist jedoch die unterschiedlich organisierte Verwaltung und die Abstimmung mit anderen Akteuren, die spezifische Aufgaben und Verantwortlichkeiten haben. Wie findet man auf beiden Seiten der Grenze die richtigen Partner für Vereinbarungen? Ein deutsches Ministerium wird nicht mit einem niederländischen Waterschap sprechen. Wir müssen über unser Ministerium in Den Haag kommunizieren, um projektbezogen direkt zusammenzuarbeiten.“

Seit den Überschwemmungen im Jahr 2010 haben Rijn & IJssel zusammen mit Vechtstromen zwei Mitarbeiter aus Deutschland eingestellt, was die Kooperation weiter gefestigt hat. „Unser Büro dient mittlerweile als Vorbild für ganz Europa.“

Die beiden Wasserschaps arbeiten mit vier Kreisen und dem Kreisgebiet Münster zusammen, was einem Provinzvergleich entspricht. Nordrhein-Westfalen hat einen Wasserplan mit sieben Punkten entwickelt, und die sieben kooperierenden Parteien haben ein Monitoringprogramm aufgestellt. „Das ist ein wichtiges Werkzeug für eine effektive Zusammenarbeit“, erläutert Pieper. „In den Niederlanden heben Wasserschaps eigenständig Steuern für die Gewässerinstandhaltung ein, während das in Deutschland nicht der Fall ist. Dort hängt die Mittelverfügbarkeit von Entscheidungen in Berlin und Düsseldorf ab, und die Mittel können auch für Gesundheits- oder Bildungsmaßnahmen verwendet werden. Die Unterschiede wurden beim Starkregen vor drei Jahren deutlich: Deutschland hatte 40 Milliarden Euro an Schäden und 80 Todesfälle zu beklagen, während wir in Limburg unter einer Milliarde Euro an Schäden und keinen Verlust von Menschenleben litten.“

Deutschland unternimmt erhebliche Fortschritte im Hinblick auf die KWR. Bis 2027 müssen alle Gewässer in Europa den europäischen Standards der Wasserrahmenrichtlinie entsprechen. Es gibt jedoch wenig Aussicht, dass die Niederlande diese Norm rechtzeitig erreichen werden. „Die Wasserqualität in Europa ist äußerst schlecht. Landwirtschaft, große Industrien und zahlreiche Medikamente führen zu Geschlechtsveränderungen bei Fischen. Obenstrom wird weiterhin viel eingeleitet, was für die Niederlande benedenstrom Probleme verursacht; wir sind gewissermaßen das Abflussrohr Europas.“

Die KWR verfolgt ein gemeinsames europäisches Ziel: die Verbesserung der Wasserqualität. Dies soll erreicht werden, indem die Verschmutzung gestoppt und die Biodiversität in den Einzugsgebieten wiederhergestellt wird. „Wir haben mittlerweile ein Niveau der gegenseitigen Abstimmung erreicht“, erklärt Pieper. Ein nächster Schritt sei, dass die Wasserschaps auch in Deutschland investieren können, um den Niederlanden zugutekommen zu können. „Das ist einfacher und kostengünstiger, als hier alles zu versuchen, um Verschmutzungen zu beseitigen und Risiken zu minimieren.“

Quelle: Regio8

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