Hans Hund: „Coronakrise fräst Spuren in Handwerkskonjunktur“



„Die Coronakrise fräst tiefe Spuren in die Handwerkskonjunktur des Kammerbezirks Münster. Die Stimmung der Betriebe hat sich gegenüber dem Boom des Vorjahres deutlich verschlechtert, zeigt im Großen und Ganzen aber eine noch positive Lage.“ So bewertet der Bocholter Hans Hund, Präsident der Handwerkskammer (HWK) Münster, die Ergebnisse der diesjährigen Herbst-Konjunkturumfrage mit 467 teilnehmenden Betrieben aus 41 Berufen.

Der Geschäftslage-Indikator, der aktuelle Lage und Zukunftsprognose zusammenfasst, erreicht 111,4 Prozentpunkte. Er sackte gegenüber dem Vorjahr um 16,6 Punkte ab. Derart starke Einbrüche gab es zuletzt in den Jahren 2001 und 2002 nach dem Platzen der Dotcom-Blase, teilt die HWK in einer Pressemitteilung mit.

Auch für das Handwerk sei die Kontrolle über die Infektionsdynamik jetzt entscheidend, betonte Hund. Die Betriebe brauchten zudem bei den Infektionsschutzmaßnahmen die größtmögliche Planungssicherheit für ihre wirtschaftlichen Aktivitäten. Die rechtlichen Vorgaben müssten überschaubar und nachvollziehbar sein. Hund ergänzte: „Das Handwerk schätzt die Verlängerung und Konditionsverbesserung bei den Hilfsmaßnahmen des Bundes für betroffene Unternehmen bis Jahresende. Es sieht derzeit aber so aus, als ob Hilfen noch länger erforderlich sein werden, weil die Pandemie und damit die Einschränkungen wohl länger dauern.“

Die Konjunkturkurve der Betriebe mit guter Geschäftslage – sie bilden mit 47 Prozent die größte Gruppe – zeigt den steilsten Abfall in 42 Jahren Aufzeichnung durch die HWK; deren Anteil hat sich seit Herbst 2019 um 15 Prozentpunkte verringert. Gleichzeitig nahm der Anteil der Betriebe, denen es schlecht geht, um 12 Prozentpunkte auf 18 Prozent zu. 35 Prozent finden ihre Lage befriedigend. „Wenngleich die Geschäftslage in den vergangenen Monaten stark absackte, ist die aktuelle Situation besser als 2008, dem Höhepunkt der Finanzkrise“, verglich Hund.

Größtes Problem sind die Umsatzeinbrüche in den vergangenen sechs Monaten. Ein ebenso drastisches Bild zeigt die Auftragslage. Die Aufträge reichen im Schnitt sieben Wochen weit – 1,7 Wochen weniger als vor einem Jahr. Die Kapazitäten sind zu 78 Prozent ausgelastet.

Die Beschäftigung im heimischen Handwerk blieb seit April weitgehend unverändert: Es gab ungefähr gleich viele Betriebe, die Personal einstellten, wie Betriebe, die Personal abbauten. Zwei Drittel der Betriebe hielten die Mitarbeiterzahl konstant. Gegenüber dem Vorjahr trübte sich der handwerkliche Arbeitsmarkt aber ein.

Die Investitionen ließen nach. 52 Prozent aller befragten Handwerksbetriebe tätigten in den letzten sechs Monaten Investitionen, 7 Prozent weniger als vor einem Jahr. Gaben im Herbst 2019 noch 51 Prozent an, dass sie ihre Investitionen gesteigert hätten, sagten dies jetzt 42 Prozent.

Mit Blick auf die kommenden sechs Monate erwarten die meisten Betriebe (60 Prozent), dass ihre Geschäfte unverändert bleiben. Die Gesamtprognose weist jedoch leicht nach unten. Die Befragten rechnen auch weiterhin mit einer Flaute bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze. 77 Prozent meinen, dass sie ihren Personalbestand halten können. Zwölf Prozent gehen von Zuwächsen aus. Elf Prozent erwarten den Abbau von Beschäftigung.

Von den beiden Regionen im Kammerbezirk steht das Münsterland mit einem Geschäftslage-Indikator in Höhe von 112 Prozentpunkten besser da als die Emscher-Lippe-Region mit einem Indikator von 109,6 Prozentpunkten. Die Zukunftserwartungen zeigen ein leicht gegenläufiges Bild: Das Münsterland prognostiziert eine Verschlechterung der Lage in den nächsten sechs Monaten. Das nördliche Ruhrgebiet erwartet, dass es einen Hauch besser wird.

Unter allen Handwerksgruppen geht es dem Bauhauptgewerbe und dem Ausbaugewerbe am besten. Die Umsätze legten zu und der Personalbestand konnte aufgebaut werden. Die Betriebe rechnen allerdings mit einer Verschlechterung der Lage über den Herbst und Winter.

Das Gesundheitsgewerbe musste gegenüber dem Vorjahr zwar beträchtliche Abstriche machen und sehr starke Umsatzrückgänge verkraften. Es gibt aber von allen Gruppen die beste Prognose ab und geht von weiterem Personalzuwachs aus.

Die Anbieter für den gewerblichen Bedarf verzeichneten leichte Personalverluste. Sie erwarten eine fortgesetzte Talfahrt bei Umsätzen, Aufträgen und Geschäftslage in den kommenden Monaten, wollen aber ihr Personal leicht aufstocken, um bereit zu sein, wenn die Konjunktur wieder anspringt.

Ausgeprägte Umsatzverluste und ein dickes Auftragsminus merken das Kraftfahrzeuggewerbe, die personenbezogenen Dienstleister und am meisten das Nahrungsmittelgewerbe. Die beiden letzteren Gruppen mussten am stärksten Personal abbauen. Sie sind besonders von den Einschränkungen sozialer Kontakte in der Corona-Krise betroffen.

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