IHK-Konjunkturindex auf historischem Tiefpunkt



Die Corona-Pandemie hat die nord-westfälische Wirtschaft derzeit noch fest im Griff. Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Nord Westfalen, deren Ergebnisse die IHK heute (10. Juni) in Münster präsentierte. IHK-Präsident Dr. Benedikt Hüffer sprach von einem „historischen Tiefpunkt“ in der wirtschaftlichen Entwicklung der Region: „Das bis vor kurzem noch sicher geglaubte Wachstum mit steigenden Steuereinnahmen und zunehmender Beschäftigung hat ein abruptes Ende gefunden.“

Die Unternehmen im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage insgesamt so negativ wie noch nie in der langen Reihe der IHK-Umfragen. Gleichzeitig ist die Situation für deutlich mehr als die Hälfte der Unternehmen immer noch zumindest „befriedigend“ (41 Prozent) oder sogar „gut“ (21 Prozent).

38 Prozent der Unternehmen berichten von schlechten Geschäften. In der Industrie sind es fast 50 Prozent. Handel und Dienstleistungen (ohne Gast- und Reisegewerbe) liegen im Durchschnitt aller Branchen. Eine Ausnahme bildet die Bauwirtschaft, in der fast 60 Prozent ihre Lage als gut bewerten. „Über das Jahr betrachtet rechnen die meisten Unternehmen mit einem deutlichen Umsatzrückgang“, betont Hüffer. Jeder dritte Betrieb erwartet ein Minus in der Größenordnung von über zehn bis 25 Prozent.

Schwer wiegt für den IHK-Präsidenten, „dass die Unternehmen so pessimistisch wie noch nie in die Zukunft blicken“. Knapp über die Hälfte der Betriebe erwartet eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation in den nächsten zwölf Monaten. Hüffer wertet dieses Ergebnis zwar als „Indiz, dass wir einen besonders langwierigen Erholungsprozess vor uns haben“. Dennoch sieht er Anlass für Zuversicht, denn: „Immerhin 17 Prozent“, betont Hüffer, erwarten sogar eine Verbesserung der Geschäftslage. 31 Prozent gehen von gleichbleibenden Geschäften aus: „Sie erwarten zumindest eine Stabilisierung der Lage.“

Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der die aktuelle Geschäftslage und die Zukunftsaussichten der Unternehmen in einem Wert zum Ausdruck bringt, liegt derzeit ebenfalls auf einem historischen Tiefpunkt. Er ist seit dem Jahresbeginn steil um 37 Punkte auf jetzt 74 Punkte gefallen und liegt damit noch fünf Punkte unter dem Wert zur Zeit der Finanzkrise. Seinen Höchststand hatte der IHK-Indikator Anfang 2018 mit 135 Punkten.

Überraschendes Ergebnis der IHK-Konjunkturumfrage: Nur 22 Prozent der Unternehmen melden Liquiditätsengpässe. Positiv fällt Hüffer zudem auf: „Lediglich zwei Prozent der Unternehmen“ sehen ihre Existenz durch eine Insolvenz gefährdet. „Dies spricht für die Krisenfestigkeit unseres heimischen Mittelstands“, betonte Hüffer. „Zentrales Problem ist der dramatische Nachfragerückgang bei über 80 Prozent der Unternehmen“, erläuterte der IHK-Präsident. In der Industrie liegt der Anteil sogar bei 90 Prozent. Vor allem der Außenhandel ist eingebrochen. Bereits im ersten Quartal 2020 sind die Auslandsumsätze der nord-westfälischen Industrie um 14,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. „In der Exportbilanz für die nächsten Monate drohen noch stärkere Einschnitte“, warnt Hüffer. 59 Prozent der befragten Unternehmen rechnen mit rückläufigen Auslandsumsätzen.

Die Erwartungen der Unternehmen für die nächsten Monate schlagen voll durch auf ihre Investitionsbereitschaft. Jeder zweite Betrieb legt die Investitionen auf Eis oder streicht die Budgets zusammen. Auch dem Arbeitsmarkt „droht ein herber Rückschlag“, so die Einschätzung der IHK. 38 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, Mitarbeiter freistellen zu müssen. „Die eigentliche Bewährungsprobe für den Arbeitsmarkt steht also noch bevor“, so Hüffer.

Foto/Bildzeile: Dr. Benedikt Hüffer, Präsident der IHK Nord Westfalen

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