Meisen sollen helfen, Raupenplage einzudämmen



Bocholt (PID). Einige Menschen bekommen bereits Ausschlag, sobald der Name fällt: Der Eichenprozessionsspinner sorgt seit 2008 in vielen Kommunen alljährlich für mächtig Aufruhr. Genauer gesagt sind es die Brennhaare, die die Raupe im dritten Larvenstadium (etwa Mai/Juni) bildet. Diese lösen bei vielen Menschen heftigen Juckreiz aus.
Asthmatiker oder Personen mit empfindlicher Lunge können sogar ernsthaft erkranken. Die Brennhaare können bis zu 200 Meter weit fliegen und verbleiben auch nach dem Larvenstadium in den zum Teil fußballgroßen Nestern. Die Verwaltung in Bocholt wird neben den üblichen Vorsorgemaßnahmen in diesem Jahr eine neue Methode erproben: Meisen sollen helfen, den Plagegeist auf biologische Weise einzudämmen.
Die Idee stammt aus den Niederlanden. Dort soll in Straßenzügen mit Eichenbestand, in denen viele Meisen nisten, weniger Raupenbefall beobachtet worden sein.
Ob das tatsächlich funktioniert, will man nun auch in Bocholt testen. An vier ausgesuchten Stellen im Außenbereich – „Beltingshof“ (Mussum), „Tenbensel“ (Suderwick), „Bettingsbusch“ (Spork) und Schüttensteiner Weg/Düstere Stiege (Liedern) – werden bis zu 100 Nistkästen für Meisen aufgehängt. Das Kalkül dahinter: Während der Brut- und Nistzeit steht bei den Vögeln zur Aufzucht ihrer Jungen u.a. der Eichenprozessionsspinner auf dem Speiseplan. Kleiner Haken: Die Raupe ist für die Meisen nur solange als Nahrung interessant, solange sie keine Brennhaare gebildet hat.
Die Aktion erfolgt in Absprache mit dem hiesigen Naturschutzbund (NABU). Der NABU selbst bewirbt ebenfalls den Einsatz von Meisen- und Fledermauskästen als natürliche Methode zur Verringerung der EPS-Bestände (Informationen unter www.nabu-borken.de/spinner ). Der NABU richtet sich dabei an Privatpersonen, wogegen die Verwaltung für die öffentlichen Straßen und Plätze zuständig ist.
Verwaltung und NABU werden die Teststandorte beobachten, um den Erfolg der Meisen-Methode anschließend zu messen. „Danach wird entschieden, ob im nächsten Jahr eine Ausweitung auf weitere Bereiche vorstellbar ist“, sagt Ralf Deller, stellvertretender Leiter des städtischen Fachbereichs für Öffentliche Ordnung.
Vorsorge durch Sprühkanone
Neben dem Pilotprojekt wird die Verwaltung städtische Eichenbestände vorsorglich mit einem biologischen Mittel vom Boden bzw. vom Hubsteiger aus behandeln lassen. Das Mittel gilt für Mensch und Tier bei sachgerechter Anwendung als unbedenklich. Es hemmt die Entwicklung der Raupen, so dass erst gar keine Nesselhärchen ausgebildet werden. Die Sprühmaßnahmen werden Ende April / Anfang Mai durch den Entsorgungs-und Servicebetrieb Bocholt (ESB) und ein extern beauftragtes Unternehmen durchgeführt.
Zahlen und Fakten
In Bocholt sind rund 170 Hektar Außenfläche mit den vom Eichenprozessionsspinner bevorzugten Stieleichen betroffen. Im Innenbereich sind rund 2.200 Eichen auf öffentlichen Flächen erfasst. Hinzu kommen Eichen auf privatem Grund.
Die Verwaltung hat für die Bekämpfung 100.000 Euro im Haushalt angesetzt. Im Vorjahr allerdings reichte das bei weitem nicht aus: Aufgrund des starken Befalls beliefen sich die Kosten in 2019 auf 400.000 Euro. Die Nachbehandlung, das Absaugen von gemeldeten Nester, erwies sich als kostenintensiv.
Nester online melden
Unter der Adresse www.bocholt.de/rathaus/oeffentliche-ordnung/eichenprozessionsspinner/ hat die Bocholter Verwaltung Informationen und Ansprechpartner rund um das Thema Eichenprozessionsspinner gebündelt. Dort ist auch ein Formular verlinkt, über das Bürger Standorte von entdeckten Nestern melden können. Dabei gilt: Für Bekämpfungsmaßnahmen an Eichen, die auf privatem Gelände stehen, ist der Eigentümer verantwortlich. Bei öffentlichen Stellen und Plätzen ist die Stadt für die Entfernung der Nester zuständig.

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