Wer Vertraulichkeit bricht, zerstört Vertrauen



Ein Kommentar von BERTHOLD BLESENKEMPER

Die Bocholter Politik fordert die Bürgerstiftung auf, neue und deutlich abgespeckte Pläne für das geplante BürgerKulturHaus im ehemaligen Schützenhaus vorzulegen. Das schreibt heute das BBV. Die Zeitung berichtet und zitiert dabei ausführlich aus einer nicht öffentlichen Sitzung des Ältestenrates der Stadt. Demnach wollen die Fraktionen die Landesförderung der inzwischen 48,5 Millionen Euro teuren Rathaussanierung nicht gefährden und lehnen die Beantragung der 10 Millionen Euro Fördermittel für die 16,5 Millionen teuren Bürgerstiftungspläne ab. Damit steht nach der abgelehnten Theissen-Lösung jetzt auch die Bürgerstiftungs-Lösung für das alte Schützenhaus auf der Kippe.

Kommen wir zur Kommentierung. Um es dabei gleich vorweg zu sagen: Ich bin befangen. Als überzeugter Stifter und als Schütze unterstütze ich persönlich die Bürgerstiftungs-Pläne. Weil es meiner Meinung nach gut wäre, ein großes Haus mit einem großen Saal für zahlreiche Kultur- und Traditionsvereine, Karnevalisten, Bühnen und Chöre zu schaffen. Deren Gremien tagen heute oft in Hinterzimmern von Gaststätten. Und die Aktiven müssen ihre Hobbies nicht selten in nur bedingt geeigneten Sälen in Barlo, Spork, Herzebocholt oder gar Wesel ausüben.

Als Bürger dieser Stadt bin ich zudem davon überzeugt, dass Bocholt einen großen Saal braucht – sowohl als Standortfaktor wie auch für das gesellschaftliche Leben. Es kann nicht sein, dass zukünftige Generationen mit dem letzten Eindruck ins Studium oder in die Ausbildung entlassen werden, Bocholt sei ein derartiges Kaff, dass man nicht einmal mehr einen ordentlichen Schulabschlussball feiern kann. Das wird sich rächen, wenn Bocholter Unternehmen in einigen Jahren noch stärker um Nachwuchs buhlen müssen. „Nörgens bäter as in Bokelt“ wird für ganze Schüler-Generationen eine Lachnummer sein.

Umso mehr trifft die Ehrenamtler das Verhalten der Stadtverordnetenversammlung. Für viele ist die Politik kein verlässlicher Partner mehr. Und das aus folgenden Gründen.

  1. Sowohl die  Theissen-Lösung als auch die Bürgerstiftungs-Lösung zu kippen und dann – wie der CDU-Fraktionschef Burkhard Weber, dessen Fraktion diesen Schlamassel wesentlich mitverursacht hat – mal eben süffisant und hopplahopp neue Pläne einzufordern, ist eine Frechheit. Die Vorstände und freiwilligen Helfer, die (anders als die lokalen Politiker) keine Aufwandsentschädigungen oder bis zu 400 Euro Sitzungsgeld kassieren, haben über Jahre unzählige Stunden in Pläne, Absprachen, Verhandlungen und Gespräche investiert. Das Verhalten der Politik ist eine schallende Ohrfeige für sie. 
  2. Die Fraktionen suggerieren, die BürgerKulturHaus-Pläne würden die Rathaussanierung gefährden. Das ist schlichtweg falsch. Die BürgerKulturHaus-Pläne gefährden lediglich die Landesförderung der Ratshaussanierung. Vor exakt zwei Jahren, als die Kosten der Rathaussanierung noch bei 37,5 Millionen Euro lagen, war von Landesförderung keine Rede und das BürgerKulturHaus nicht gefährdet. Kaum aber winkt Düsseldorf mit Geld, wird die Rathaussanierung plötzlich elf Millionen Euro teurer.  Zehn Millionen davon (exakt die Summe, die die Bürgerstiftung als Zuschuss benötigen würde) entfallen auf ein neues, zusätzliches Staffelgeschoss auf dem denkmalgeschützten Rathaus. Für dieses Staffelgeschoss aber ist noch nicht einmal der wirtschaftliche Nutzen nachgewiesen, so dass dessen Sinn in Zweifel gezogen werden muss.
  3. Unfassbar, wie Verwaltung und Politik immer wieder die öffentliche Meinung zu manipulieren versuchen, in dem aus vertraulichen Gesprächen und nicht öffentlichen Sitzungen selbst von Spitzengremien gezielt Details ausgeplaudert und Informationen gestreut werden. Das ist schäbig und diskreditiert die gesamte Stadtverordnetenversammlung. Wer zugesagte Vertraulichkeit bricht, zerstört Vertrauen – und zwar endgültig. 

Dabei wäre ein Kompromiss möglich gewesen. Die Bürgerstiftung speckt ihre BürgerKulturHaus-Pläne und Rat sowie Verwaltung ihrerseits die Rathaussanierungspläne ab. Schon wäre für beiden Projekte Geld da gewesen. So aber bleibt am Ende bei vielen beteiligten Bürgern der bittere Eindruck, dass ihr mühsam erarbeitetes Projekt für eine überteuerte Edelvariante des neuen Rathaus geopfert wird. Heute Abend um 19 Uhr treffen sich die Betroffenen im Gasthaus Zur Glocke. Die Sitzung ist öffentlich. Jeder kann kommen. 

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