Erholung mit Skepsis im Handwerk



Die Konjunktur im Handwerk des Kammerbezirks Münster hat sich in den vergangenen sechs Monaten leicht erholt. Die Betriebe blicken aber mit Skepsis in die Zukunft. Dieses Fazit zog der Bocholter Hans Hund, Präsident der Handwerkskammer Münster, bei einem Pressegespräch am Mittwoch (24. Mai). Er stellte die Ergebnisse der Frühjahrskonjunkturumfrage 2023 vor.

Von den 764 teilnehmenden Handwerksbetrieben schätzt der größte Teil (45 Prozent) seine aktuelle Lage als „gut“ ein. 41 Prozent finden sie „befriedigend“. „Schlechte“ Geschäfte beklagen 14 Prozent. Die Befragten geben als Prognose eine Lageverschlechterung über den Sommer ab: 25 Prozent rechnen mit nachlassenden Geschäften, nur 19 Prozent mit besseren. Die Betriebe vermuten, dass die getrübte Konsum- und Investitionslaune und das hohe Energiekostenniveau bei ihnen dämpfend ankommen werden.

Der Geschäftsklimaindikator spiegelt im Jahresvergleich eine zarte Stimmungsaufhellung wider. Dieser die Lage und Prognose zusammenfassende Indikator erreicht aktuell 110,8 Punkte. Das sind 2,4 Punkte mehr als im Frühjahr 2022. Bei vergleichbarer aktueller Lage erwarten die Betriebe in der Emscher-Lippe-Region einen milderen Abschwung in den kommenden Monaten als die im Münsterland.

Die Kapazitätsauslastung ist stabil. Sie sank gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozentpunkte auf 79,6 Prozent. Mit einer Auftragsreichweite von 10,1 Wochen müssen Kunden des Handwerks ebenso lange warten wie vor einem Jahr, bis die Bearbeitung ihres Auftrags an der Reihe ist. Die Lieferengpässe sind zwar weitgehend aufgelöst, aber für eine schnellere Abarbeitung der Aufträge reicht oftmals das Personal nicht. Der Auftragsbestand nahm ab. Hier greift der inflationsbedingte Kaufkraftverlust der Konsumenten. Dies führte zu sinkenden Umsätzen der Betriebe. Sie erwarten, dass sich diese Tendenz in den kommenden Monaten fortsetzt.  

Die Verkaufspreise klettern auch im Handwerk weiter nach oben, jedoch mit nachlassender Dynamik. Seit dem Herbst hoben 67 Prozent der Betriebe ihre Preise an. Nur 5 Prozent senkten sie. 28 Prozent hielten sie trotz eines hohen Kostendrucks stabil. Die Energiekosten stiegen in den vergangenen Monaten bei 85 Prozent der Befragten, und zwar überwiegend mittel bis stark. Höhere Materialkosten mussten 88 Prozent der Betriebe stemmen. Nicht alle Betriebe geben die Kostensteigerungen vollständig an ihre Kunden weiter.

Die Beschäftigung im Handwerk ist erschwert. Es gab 8 Prozentpunkte mehr Betriebe, die ihre Mitarbeiterzahl reduzierten, als Betriebe mit einem Personalzuwachs. Trotz einer erwarteten Entspannung über den Sommer bereitet die Fachkräftegewinnung vielen Betrieben weiterhin Stress. Sie erwarten einen leichten Personalrückgang.

Bei steigenden Zinsen ist die Investitionsneigung im heimischen Handwerk deutlich zurückgegangen. Der Saldo aus Betrieben mit gestiegenen und denen mit gesunkenen Investitionen beträgt minus 5 Prozentpunkte. Deutlich mehr Betriebe wollen sich künftig zurückhalten.  

Bis auf die personenbezogenen Dienstleister melden alle Handwerksgruppen einen Konjunkturanstieg: War das Geschäftsklima im Kraftfahrzeuggewerbe zuletzt noch am schlechtesten, liegt der Indikator jetzt mit 121,7 Prozentpunkten an der Spitze. Das Gesundheitsgewerbe kommt auf einen Geschäftsklimaindikator von 115,1 Punkten. Im Ausbaugewerbe mit 113,4 Punkten und dem Bauhauptgewerbe mit 111,0 Punkten laufen die Geschäfte aktuell zwar noch am besten; auf die Stimmung drückt aber die negativste Prognose aller Gruppen. Die Nahrungsmittelgewerbe kommen auf 101,0 Punkte. Bei den Anbietern für den gewerblichen Bedarf legte der Indikator gegenüber dem Vorjahr auf 110,0 Punkte zu. Im personenbezogenen Dienstleistungsgewerbe bedeuten 94,8 Punkte allerdings eine Verschlechterung der Stimmung. 

Abgesehen von den hohen Energiekosten und der Bürokratie sei der Fachkräftebedarf das Riesenproblem im Handwerk, betonte Hund. Handwerk und berufspraktische Arbeit müssten mehr wertgeschätzt werden. Hund appelliert an den Bundestag, einer Entschließung des Bundesrates zur Entlastung angehender Meisterinnen und Meister zu folgen. Kostenfreiheit der Meistervorbereitung sei ein wichtiges Kriterium für die Berufswahl der Jugend und das überfällige Signal für die Gleichstellung akademischer und beruflicher Bildung.

Die HWK unterstütze die 30.138 Handwerksbetriebe mit ihren rund 213.000 Beschäftigten im Kammerbezirk auf vielerlei Weise mit Rat und Service, unterstrich deren Hauptgeschäftsführer Thomas Banasiewicz. Dies umfasse verstärkt auch die Öffentlichkeitsarbeit der Betriebe zu ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten. So setze bereits jeder dritte Betrieb konkrete Nachhaltigkeitsziele intern um. „Die Botschaft, dass Nachhaltigkeit in den Genen des Handwerks liegt, kann noch mehr ins Scheinwerferlicht gestellt werden“, fand Banasiewicz. Er hoffe, dass dies eine große Zahl junger Leute motiviere, Handwerk ins Zentrum ihrer Berufswahl zu stellen. 

Pressemitteilung vom 24. Mai 2023

Quelle: HWK Münster

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