Wenn die Bocholter verrückt spielen



Sehr viel Temperament haben die Bocholter nicht – diesen Eindruck haben vielleicht Franzosen, Italiener oder Menschen aus anderen Ländern, wenn sie in diese Stadt kommen. Aber wenn sie im Februar hier sind, sind sie oft überrascht. Plötzlich scheinen viele Leute ein bisschen verrückt geworden zu sein. Sie laufen in besonders bunter Kleidung herum, tragen auffällige Hüte und Brillen, ziehen sich an wie Clowns oder Indianer oder verwandeln sich in Tiere. Und sie sind besonders fröhlich. Wenn das einmal im Jahr passiert, ist Karneval. Das ist eine besondere, alte Tradition.

Angefangen hat es in der Zeit des Mittelalters. Da gab es, vor allem im Palast des Königs, den Narren. Das war ein Spaßmacher, der für Unterhaltung sorgte. Er durfte Dinge tun, die nicht so ernst waren wie viele Dinge an normalen Tagen. Er durfte sagen, was man sonst nicht sagen durfte, und er durfte sich über andere Leute lustig machen. Das gefiel seinen Zuschauern, weil es den meisten von ihnen nicht erlaubt war. Der Narr tat das, was sie selbst gerne getan hätten, und sie durften darüber lachen. Als Narr durfte man anders sein. Damit das sofort zu erkennen war, trug der Narr ein auffälliges buntes Kostüm und eine Narrenkappe.

Heutzutage dürfen alle Narren sein, sich bunt kleiden, Spaß machen und Spaß haben. Aber auch nur für kurze Zeit und an bestimmten Tagen im Jahr. An diesen Tagen ist Karneval. Das Wort kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet „Fleisch, lebe wohl“. Das heißt alle dürfen besonders fröhlich sein, Essen und Trinken genießen, bevor sie für 40 Tage kein Fleisch essen dürfen und auch auf andere Dinge wie zum Beispiel Alkohol verzichten sollen. Diese Zeit heißt Fastenzeit (fasten = hungern, verzichten). Sie dauert bis Ostern und hängt mit dem christlichen Glauben zusammen: Sie erinnert daran, dass auch Jesus gefastet hat.

Dies alles ist eine alte Tradition, die sich in vielen Jahren verändert hat. Karneval in Bocholt besteht inzwischen aus Veranstaltungen mit Musik, lustigen Shows und Reden mit Witzen und humorvoller Kritik, außerdem aus einem großen bunten Umzug durch die Straßen der Stadt (Rosenmontag), der am 24. Februar ab 14 Uhr stattfindet, und aus einem Tag, an dem zum Spaß die Frauen regieren und den Männern die Krawatten abschneiden (Altweiber) – am Donnerstag, 20. Februar. An beiden Tagen feiern viele Menschen, von denen die meisten verkleidet sind, teils in Gaststätten, teils auf der Straße. Nur einige Menschen fasten noch konsequent.

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