Jurist hält Nebelos Einschätzung in Sachen KuBAaI-Vergabe für „evident rechtsirrig“



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Die geplante, umstrittene Grundstückvergabe für das KuBAaI-Baugelände an die Essener Firma Investor LIST Develop Residential wird nach Einschätzung des Hanauer Verwaltungsrechtsexperten Harald Nickel weder einer gerichtlichen noch einer Überprüfung durch die EU-Kommission Stand halten. Der Stadt Bocholt drohten damit eine Verpflichtung zur Rückforderung des Differenzbetrags zwischen Kauf- und Marktpreis sowie hohe Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen, heißt es in einer schriftlichen Ergänzung zu einem Kurzgutachten über die beihilferechtlichen Beurteilung des Falles. Außerdem könnte Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland einleiten. Die Einschätzung von Bürgermeister Peter Nebelo zu diesem Fall hält dessen Rechtsanwaltkollege aus Hessen für „evident rechtsirrig“

Wie berichtet, hatten die Ratsmitglieder Jürgen Knipping (CDU) und Michael Lemke (Freie Grüne/Linke) Zweifel an einer korrekten Vergabe der Grundstücke. Die beiden hatten daher bei Harald Nickel ein Kurzgutachten in Auftrag gegeben, in dem der schwere rechtliche Mängel feststellte. „Irrelevant“, konterte die Stadtverwaltung. Sie habe bislang lediglich unverbindliche Angebote, die unter anderem Kaufpreis, städtebauliche Konzepte und Nutzungskonzepte beinhalten, eingeholt und diese von einer Jury bewerten lassen. Von einer Vergabe im rechtlichen Sinne könne keine Rede sein, so der Standpunkt im Rathaus.

Dem folgt jetzt die Ergänzung aus Hanau. Der ständige rechtliche Berater und Vertreter mehrerer deutscher Städte und Lehrbeauftragter für Vergaberecht, Harald Nickel, geht dabei sowohl mit Bürgermeister Peter Nebelo als auch Stadtbaurat Daniel Zöhler hart ins Gericht. Als Zusatz zu seinem Gutachten schreibt Nickel: „ Die wesentlichsten Rechtsmängel ergeben sich aus der nicht ausreichenden, weil nicht EU-weiten Bekanntmachung des Verkaufsprozesses, der intransparenten Bewertung des Kaufpreises und der fehlerhaften Einstufung von drei separaten als ein Angebot.“ Bemängelt wird zudem, dass die Jury des Investorenwettbewerbes die
LIST Develop Residential zum Sieger gekürt habe, obwohl diese einige Bedingungen der Ausschreibung missachtet habe.

Schließlich könne die Stadtverordnetenversammlung die Grundstücksvergabe gar nicht wie geplant am 10. April beschließen, weil die Angebotsabgabe der LIST Develop Residential nach Auskunft der Bocholter Verwaltung bislang nur unverbindlich war, meint Nickel „Dass unverbindliche Angebote nicht angenommen werden können, bedarf keiner weiteren Erläuterung“, schreibt er weiter.
Archivfoto: Stadt Bocholt

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