Stadtverwaltung fordert bei Grundstücksdeals Vorrang für die EWIBO



Ein Bericht von BERTHOLD BLESENKEMPER

Die Junge Union und die CDU-Mittelstandsvereinigung sind auf 180. Der FDP-Fraktionsvorsitzende spricht gar von einem „Skandal“. Auslöser dieser zum Teil heftigen Reaktionen ist eine Vorlage für die nächste Ratssitzung, in der die Verwaltung  – wohl unter Umgehung sämtlicher Fachausschüsse und des Baudezernats – einen massiven Ausbau der EWIBO zu einem führenden Wohnungsbauunternehmen in der Stadt fordert. Dafür muss nicht nur die Eigenkapitalquote der städtischen Tochtergesellschaft um weitere fünf Millionen Euro aufgestockt werden. Gleichzeitig sollten sämtliche städtischen Grundstücke, die eine Perspektive für so genannten Geschosswohnungsbau haben,  demnächst vorrangig der EWIBO zur Verfügung gestellt werden. Weil das alles viel Geld verschlingt, müssen offenbar bislang priorisierte Projekte wie die Innenstadtsanierung, der Nordring und das neue Zentrum in Stenern verschoben werden. Jetzt läuft besonders bei der Union die Basis Sturm.

Eigentlich sollte es in der Vorlage mit der Nummer 0218/2019 lediglich um die Übertragung des Grundstückes der abgerissenen Feuer- und Rettungswache an der Bleiche gehen. Dort will die EWIBO bekanntlich einen Kindergarten und Sozialwohnungen bauen. Schon das allein war und ist in Reihen der Politik umstritten. Die nun von Kämmerer Kai Elsweier zusätzlich eingebaute Kapitalaufstockung für die Tochter, mehr aber noch die neu herausgegebene Devise „EWIBO first!“ schlugen indes ein wie ein Bombe.  Diese beiden Punkte sind offenbar Ergebnis einer Tagung des Ewibo-Aufsichtsrates, in dem die führenden Politiker des Rates sitzen. 

Die Verwaltung begründet ihren Vorschlag mit einer optimierten Steuerungsmöglichkeit am lokalen Wohnungsmarkt. Sie will mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. In der Begründung allerdings verrät sie, dass es eigentlich um mehr geht. „Eine Konzentration ausschließlich auf den geförderten Wohnungsbau wäre wirtschaftlich nicht darstellbar und auch inhaltlich nicht zielführend“, schreibt Kai Elsweier und schlägt deshalb vor, dass sich die EWIBO mit Hilfe von Investoren gleichzeitig auch intensiv um den frei finanzierten Wohnraum kümmern soll. Eine Konkurrenzsituation mit privaten oder genossenschaftlichen Investitionsmaßnahmen werde nicht angestrebt, heißt es weiter. Zudem betont Elsweier, die Tochtergesellschaft  handele ja ausschließlich gemeinnützig und mildtätig.

FDP-Fraktionsschef Burkhard Henneken ist sprachlos: „Der Stadtrat als Kontrollorgan wird mit Füssen getreten und vor vollendeten Tatsachen gestellt und vom EWIBO-Aufsichtsrat brüskiert“, schreibt er in einer Pressemitteilung. Ungewohnt heftigen Widerstand gibt es auch innerhalb der CDU. Junge Union (JU) und die Mittelstandsvereinigung (MIT) sprachen sich vor internen Beratungen in einem gemeinsamen Schreiben an die Fraktionsmitglieder zumindest in Sachen alte Feuerwache für eine öffentliche Ausschreibung und damit gegen die Überschreibung an die Ewibo aus. Sie verweisen dabei auf die angespannte Finanzlage der Stadt. „Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht nicht sinnvoll, das alte Feuerwehrgelände der Ewibo zu überschreiben. Durch eine Vergabe im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs können wir dieselben Ziele erreichen, ohne den städtischen Haushalt mit Millionensummen zu strapazieren. Denn durch den Verkauf an ein Wohnungsbauunternehmen könnte die Stadt nicht nur eine siebenstellige Summe einnehmen, auch eine weitere Millionensumme, die für die Bebauung durch die Ewibo erforderlich wäre, könnte eingespart werden. Wir sollten daher zunächst versuchen, bezahlbaren Wohnraum durch die freie Vergabe mit festgeschriebenen Sozialwohnungsanteilen zu schaffen, bevor wir die Ewibo mit nicht vorhandenem Geld zu einem Wohnungsunternehmen ausbauen“, heißt es in der Pressemitteilung der CDU. Dennoch wird die Mehrheit der Union im Rat der Übertragung wohl zustimmen.

Kein Wort ist derweil in der Erklärung der Partei über den von der Verwaltung präferierten weiteren Ausbau der EWIBO und die künftige Bevorzugung der Tochtergesellschaft bei Grundstücksgeschäften zu finden. Offenbar gibt es dazu intern noch Beratungsbedarf.

Lesen Sie zu diesem Artikel auch den Kommentar Die teilweise Wiedereinführung des Sozialismus auf kommunaler Ebene“ von Berthold Blesenkemper

Weitere Dokumente finden Sie hier
Originalvorlage für die Ratssitzung
Pressemitteilung der CDU
Pressemitteilung der FDP-Fraktion
Pressemitteilung der Sozialen Liste

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