Verwaltungsvorlagen zu den Bürgeranträgen der Sozialen Liste Bocholt nicht wirklich begründet: Chancen für „ÖPNV-Tag mit autofreier Innenstadt“ stehen gut



Soziale Liste Bocholt: Verwaltungsvorlagen zu den Bürgeranträgen höchst fraglich
Chancen für „ÖPNV-Tag mit autofreier Innenstadt“ stehen gut
Bis auf den Antrag zum „ÖPNV-Tag mit autofreier Innenstadt“, der zunächst noch zurückgestellt werden soll, will die Stadtverwaltung, dass der Ausschuss für Anregungen und Beschwerden alle Bürgeranträge der Wählergemeinschaft Soziale Liste Bocholt ablehnt. Das geht aus den Vorlagen zu den jeweiligen Anträgen hervor, die seit Freitag im Ratsinfo der Stadt Bocholt eingesehen werden können.
Ratssitzungen müssen transparenter werden
Demnach sollen die Ratssitzungen auch zukünftig nicht im Internet live übertragen werden. Rainer Sauer (Vorsitzender) ist verwundert über die Ablehnungsempfehlung dazu: „Wer für Bürgerbeteiligung und Transparenz ist, muss den Bürgerinnen und Bürgern auch das Angebot machen, ihnen den Zugang zu den Ratssitzungen zu ermöglichen, damit sie Debatten und Abstimmungen zu kommunalpolitischen Themen selber verfolgen können. Die Stühle auf der Besuchertribüne sind meistens leer. In den sozialen Medien wird jedoch häufig „heiß“ über Ratsentscheidungen diskutiert. Das allein zeigt, dass Interesse vorhanden ist, aber der Weg zu den Ratssitzungen ins Rathaus aus unterschiedlichen Gründen nur wenig wahrgenommen wird. Bocholt ist damit eine von wenigen Kommunen, die ihre Bürgerinnen und Bürger außen vor lässt. Das ist im 21. Jahrhundert nicht gerade fortschrittlich und ein Armutszeugnis in Sachen Demokratie.“
Grundsteuer B einfach einfrieren
Auch eine Wohnungstauschbörse, um „große gegen kleine Wohnungen“ oder umgekehrt zu tauschen, und das Einfrieren der Grundsteuer B für die nächsten 20 Jahre empfiehlt die Verwaltung abzulehnen.
Für Kurios hält die Soziale Liste auch so manche Begründung der Verwaltung. So würde beispielsweise das Einfrieren der Grundsteuer B haushaltrechtlich weder möglich noch zulässig und nicht bindend sein. Rainer Sauer kontert: „Schaut man sich jedoch den Beschluss zum Brauhaus an, so hat der Rat hier einen Brauhauszuschuss beschlossen, der mindestens zwanzig Jahre lang gezahlt werden soll. Warum soll die Grundsteuer B im Umkehrschluss dann nicht ebenso durch Ratsbeschluss über mehrere Jahre eingefroren werden können. Das riecht schon fast nach Steuererhöhung, jedenfalls kann vermutet werden, dass nach der Kommunalwahl 2020 die Grundsteuer auch zukünftig weiter nach oben hin verändert werden könnte. Die Auswirkungen wären fatal für Eigentümer und Mieter und würden zudem die Kaufkraft noch weiter schmälern.“
Verbilligte Stadtbusfahrten gut für den Klimaschutz
Für das geforderte Ein-Euro-Ticket für Fahrten mit dem Stadtbus sprechen angeblich formale Gründe dagegen, bis hin, dass der Rat dafür nicht zuständig sein soll. Völlig irrwitzig findet die Wählergemeinschaft die Stellungnahme der Verwaltung dazu: „Alle reden von Mobilität und Klimaschutz, was durch verbilligte Fahrten mit dem Stadtbus verbessert werden könnte, doch bei der Umsetzung wird gekniffen.“ Und: Für die geplante Gastronomie am Aasee soll es keine Ausschreibung geben. „Diese Art der Vorgehensweise ist unmöglich, weil es sich hierbei um öffentliche Grundstücke handelt und eine Chancengleichheit für Mitbewerber von vornherein ausgeschlossen wird“, mokiert sich Rainer Sauer über die Art und Weise wie hier im Hinterzimmer verfahren werden soll.
Neue Gastronomie am Aasee ja, geplanter Standort nein
Außerdem hält die Verwaltung bei ihrer Empfehlung daran fest, dass der neue Gastronomiebereich gegenüber dem Textilmuseum an der Uhlandstraße entstehen soll (Ufertreppe, westliches Ufer). Die Soziale Liste hält dagegen: „Dadurch wäre der Blick auf den Aasee nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich und das ist völlig inakzeptabel. Dieses wäre nämlich keinesfalls eine Aufwertung für Bocholt, sondern eher eine erhebliche Einschränkung der Sicht auf den Aasee. Die damaligen Stadtplaner haben diesen Bereich immerhin auch so absichtlich konzipiert.“ Die Soziale Liste hatte den Antrag für eine Erlebnisgastronomie zwar selber in den Rat eingebracht, der dann auch einstimmig vom Rat angenommen wurde. „Jedoch darf es nicht so sein, dass die Verwaltung nun über alles hinweggehen kann“, betont Rainer Sauer.
Gute Aussichten für „ÖPNV-Tag“
Eine Chance hat jedoch der Bürgerantrag „ÖPNV-Tag mit autofreier Innenstadt“. Dieser Antrag soll zunächst vertagt werden. In der Verwaltungsvorlage dazu heißt es: „Die Realisierung einer autofreien Innenstadt am ÖPNV-Tag bringt verkehrsrechtliche Problematiken mit sich, die entsprechend geplant und auf konkrete Machbarkeit überprüft werden müssen. Die Ergebnisse des Mobilitätskonzeptes sollten daher abgewartet werden, bevor über den Antrag entschieden wird. Wenn man sich im Jahr 2020 im Rahmen des Abschlusses des Mobilitätskonzeptes für einen ÖPNV-Tag entscheidet, würde sich aus Sicht der Verwaltung in Abstimmung mit der StadtBus GmbH der 22. September anbieten, da es seit dem Jahr 2000 diesen EU- weiten autofreien Tag gibt. Rund um diesen Tag würden sich weitere Aktionen rund um die autofreie Mobilität anbieten.“ Darüber zeigt sich die Soziale Liste erfreut, auch über das Datum, wenngleich sie als Datum den 6. Juni 2020 vorgeschlagen hat.
Für ein soziales, familienfreundliches und mobiles Bocholt
Die Bürgeranträge der Sozialen Liste Bocholt werden in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Anregungen und Beschwerden am 28. Mai um 17 Uhr im Stadthaus, Berliner Platz 1, behandelt. „Wir werden versuchen, dass die Ausschussmitglieder der Ratsfraktionen dennoch für unsere Anträge stimmen. Denn sie sind eine echte Chance, Bocholt sozialer, familienfreundlicher und mobiler zu machen“, heißt es in der Mitteilung der Sozialen Liste.
Foto (vl) Monika Laumann, Norbert Brandes, Bärbel Sauer, Torsten Wollberg und Anita Lohberg bei einer Bürgerbefragungsaktion in der Bocholter Innenstadt.

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