Ewibo-Skandal: Wer zahlt am Ende die Millionen-Zeche?



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Die 20 Beschuldigten im sogenannten Ewibo-Skandal haben der Stadt Bocholt womöglich einen Millionenschaden zugefügt. Davon zumindest geht die Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität aus. Am Ende könnten die vermeintlichen Verursacher dafür selbst zur Kasse gebeten werden. Grund: Das deutsche Strafrecht geht von einem staatlichen Anspruch auf Einziehung von Erträgen aus Straftaten aus. Sogar während eines noch laufenden Ermittlungsverfahrens ist es der Anklagevertretung möglich, auf richterlichen Beschluss hin Vermögenswerte zu beschlagnahmen. um diesen Anspruch dann nach Rechtskraft einer Anordnung oder Verurteilung zu vollstrecken. Bislang wurde von solch einer Maßnahme in Bocholt allerdings noch kein Gebrauch gemacht, wie Oberstaatsanwalt Udo Vennewald auf unsere Anfrage hin erklärte.

Wie aber kann finanzieller Schaden für eine Stadt überhaupt entstehen? Das wohl geläufigste Beispiel dafür ist die so genante „De-Facto-Vergabe“. Dabei wird ein Auftrag direkt an ein (Tochter-)Unternehmen erteilt, ohne ein gesetzlich vorgeschriebenes Ausschreibungsverfahren durchzuführen. Wenn die eingekaufte Leistung unverhältnismäßig teuer oder deren Qualität übertrieben hoch ist, kann dies auch zu einer Unverhältnismäßigkeit und damit ebenfalls zu einem Vermögensschaden für eine Kommune führen. 

In Bocholt war lange das von der Ewibo gelieferte Mensaessen in der Kritik. Das Mittagsmenü kostete die Stadt zuletzt bis zu 10 Euro pro Mahlzeit und musste vom Steuerzahler mit zu rund 60 Prozent subventioniert werden. Zum Vergleich: Der bundesweite Kosten-Durchschnitt für ein Schulessen liegt zwischen fünf und sechs Euro.

Weitere Beispiele für das Vorliegen eines Missbrauches sind politisch motivierte Neueinstellungen ohne sachliche Notwendigkeit oder eine Subventionsgewährung unter Verstoß gegen Vergaberichtlinien. Ein großer finanzieller Schaden kann zudem im Nachgang entstehen,  wenn beispielsweise das Finanzamt einen Deal anders bewertet und plötzlich Steuern nachfordert. 

Haben die Beschuldigten sich bei den Geschäften womöglich auch noch persönlich bereichert, kann ihnen neben Untreue Bestechlichkeit oder Betrug und mehr vorgeworfen werden. Und sie müssen mit disziplinar- oder arbeitsrechtlichen Sanktionen rechnen.

Letztere oder eine Einziehung der Taterträge treffen die Beschudligten im Falle eine Verurteilungdie nicht selten weitaus härter als das Urteil selbst. Das kann durchaus auf eine Geldstrafe hinauslaufen, die deutlich geringer ausfällt als eine Vermögensabschöpfung. Das ist ein Grund dafür, warum Ermittlungen und Prozesse in Wirtschaftsstrafverfahren gut vorbereitet sein müssen, nicht selten lange dauern und oft hart umkämpft sind. Denn die Verteidigung plädiert gerne auf Freispruch, um besagte Vermögensabschöpfung zu verhindern.

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