Fachsprachenprüfung und „Bürokratiewahnsinn“ – ein Syrer auf dem Weg zum Apotheker

Der Weg von Karam Kass Hanna (Foto rechts) war alles andere als geradlinig. Aufgewachsen in Syrien, studierte der heute 27-Jährige dort Pharmazie und arbeitete anschließend bei einem großen Pharmakonzern. Doch die Zukunftsaussichten in seiner Heimat waren begrenzt – politische Unsicherheit, wirtschaftliche Probleme und fehlende Perspektiven bestimmten den Alltag. Karam entschloss sich daher, in Deutschland einen Neuanfang zu wagen – mit einem klaren Ziel: Apotheker werden.
„Ich habe früh angefangen, mir mit Hilfe von Online-Materialien Deutsch beizubringen und bin dann nach Jordanien eingereist, wo ich sechs Monate lang einen Sprachkurs besucht habe. Ich musste Deutsch können, um überhaupt ein Visum zu bekommen“, erzählt er. Nach erfolgreicher Einreise fand er eine Unterkunft in einer Wohngemeinschaft in Bocholt – der Stadt, die zu seiner neuen Heimat werden sollte.
Seine Entschlossenheit zeigte sich schnell: Noch bevor er richtig angekommen war, bewarb sich Karam bei Apotheken in der Umgebung. Eine dieser Bewerbungen landete bei Matthias Funke (Foto links), Inhaber der Wilhelm Busch Apotheke. „Seine Bewerbung hat mich sehr beeindruckt, vor allem, dass er schon so gut Deutsch gesprochen hat“, erinnert sich Funke. „Man konnte sofort erkennen, dass hier jemand sehr motiviert und gut vorbereitet ist.“
Trotz abgeschlossenen Studiums in Syrien durfte Karam nicht direkt als Apotheker arbeiten. Eine Fachsprachenprüfung war notwendig. Während er sich darauf vorbereitete, arbeitete er als Aushilfe in der Apotheke. „Das war für mich sehr gut, da ich mich so mit den Medikamenten, den Beschriftungen und natürlich der Arbeitsweise hier in Deutschland vertraut machen konnte“, sagt er rückblickend.
Im November 2024 bestand er die Fachsprachenprüfung und durfte fortan unter Aufsicht als Apotheker tätig sein. Doch der Weg zur vollständigen Anerkennung seines Abschlusses war noch nicht zu Ende – das dritte Staatsexamen stand noch aus. Ein teures Unterfangen. Die Hoffnung lag bei der Agentur für Arbeit, die bereit war, die Kosten für den Vorbereitungskurs zu übernehmen.
Gerade als alles in die richtige Richtung zu laufen schien, drohte die Situation zu kippen: Karam benötigte ein neues Visum – doch sein Pass war bei der syrischen Botschaft, als dort die Regierung gestürzt wurde. Der Pass ging verloren, und ohne ihn konnte das Visum nicht verlängert werden. Damit wäre auch die Förderung hinfällig geworden.
„Was dann folgte, sei ein Bürokratiewahnsinn gewesen“, erinnert sich Apotheker Funke kopfschüttelnd. Doch Hilfe kam – Berufsberater Andreas Brand von der Agentur für Arbeit setzte sich persönlich mit der Ausländerbehörde in Verbindung. „Dort bin ich auf hilfsbereite Menschen gestoßen. Einige Telefonate, ein wenig Schriftwechsel und wir konnten das Problem lösen“, berichtet Brand.
Im März 2025 konnte Karam schließlich mit dem Vorbereitungskurs beginnen. Der Alltag ist seitdem straff durchgetaktet: tagsüber arbeiten, abends pauken. „Das ist schon anstrengend, da es lange Tage sind“, gibt er zu. Doch er weiß, wofür er das alles auf sich nimmt: „Es ist für mich wichtig, weiter zu arbeiten, um das Gelernte auch in der Praxis umsetzen zu können. So kann ich es besser verinnerlichen, was mir die Vorbereitung auf das Staatsexamen erleichtert.“
Wenn alles nach Plan läuft, wird Karam im Winter 2025 sein Staatsexamen ablegen – der letzte Schritt auf dem Weg zur vollwertigen Tätigkeit als Apotheker in Deutschland. Dann stehen ihm viele Türen offen. „Ich habe gelernt, dass man fast alles erreichen kann, wenn man sich bemüht. Trotzdem können Schwierigkeiten auftreten. Dann braucht es Menschen, die einen unterstützen. Ich habe das große Glück gehabt, mit Herrn Funke und Herrn Brand gleich mehrere davon zu treffen. Dafür bin ich unheimlich dankbar“, sagt er voller Zuversicht.