Flüchtlinge: Großer Informationsbedarf bei Unternehmern



Ein-Euro-Jobs, Mini-Jobs, Praktikum, Helfer-Tätigkeiten, Ausbildung – die Ideen, wie Flüchtlinge schnell in den deutschen Arbeitsmarkt einsteigen könnten, sind vielfältig. „Vielen Unternehmen fehlt aber ein Packende, wie sie den Anfang finden können. Der Bedarf an Informationen ist groß, das zeigt nicht nur die Resonanz auf diese erste Informationsveranstaltung, sondern auch die Online-Abrufe entsprechender Informationen bei uns“, weiß Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes. Beim neu gebildeten „Arbeitskreis Integration“ des Unternehmerverbandes kamen am Mittwoch 45 Unternehmer, Geschäftsführer und Personalverantwortliche im HAUS DER UNTERNEHMER zusammen. Bei Vorträgen und Gesprächen informierten sie sich bei Experten der Arbeitsvermittlung und der Flüchtlingshilfe.

„Die regionale Wirtschaft ist sehr interessiert und engagiert, wenn auch die Flüchtlinge erst langsam in den Betrieben ankommen.“ Für Schmitz ist der anfänglichen Euphorie, dass unter den Flüchtlingen zahlreiche neue Fachkräfte sind, ein Stück weit der harten Realität gewichen. „Bevor wir neue Fachkräfte gewinnen, ist Grundlagenarbeit nötig – und die benötigt Zeit.“ Dass es aber durchaus funktionieren kann, parallel die Sprache zu lernen und ins Berufsleben zu schnuppern, zeigten die Praxisbeispiele, die beim Arbeitskreis vorgestellt wurden.

Sehr anschaulich berichtete Rainer Rinke, Prokurist und Bereichsleiter Auftragsmanagement, bei den PROBAT-Werken in Emmerich, vom Netzwerk „Gemeinsame Integration“. Schon im vergangenen Oktober von fünf Emmericher Unternehmen gegründet starteten im Februar die ersten 15 Flüchtlinge bzw. Asylbewerber mit dem Sprachunterricht. An drei Tagen pro Woche lernen sie mit Mitarbeitern Deutsch, an den anderen Tagen sind sie im Betrieb. Seit März absolvieren weitere 15 Flüchtlinge Betriebspraktika. „Alle Flüchtlinge, die ich kennen gelernt habe, sind höflich, umgänglich und sehr motiviert. Unter ihnen sind Hochgebildete wie ein Pilot, ein Architekt oder ein Lehrer, aber auch einer, der zunächst das Alphabet lernen musste“, erzählte Rinke. Für ihn und die Netzwerkpartner sei vor allem der ganzheitliche Ansatz wichtig: „Für uns geht es nicht nur um das Erlernen einer Tätigkeit, es geht vor allem um die Integration am Arbeitsplatz – und das für beide Seiten.“

Den ganzheitlichen Ansatz verfolgt auch Hans-Dieter Naskrent, Projektleiter Integration Point bei der Duisburger Arbeitsagentur. „Der Integration Point, den es deutschlandweit nur in NRW gibt, bündelt Anlaufstellen wie jobcenter, Arbeitsagentur, Kommune und etwa Ausländerbehörde. Das vermeidet Reibungsverluste; die Flüchtlinge haben eine zentrale Anlaufstelle.“ Organisatorische und rechtliche Fragen, die Arbeitgeber klären müssen, thematisierte Svenja Jambo vom „Kompetenzfeld Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte“ beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. Sie stellte auch die Angebote des beim IW Köln angesiedelten Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) vor, das Unternehmen bei der Integration von Flüchtlingen unterstützt. Abseits davon plädierte sie vor allem für eine Willkommenskultur im Unternehmen: „Stellen sei bereits im Bewerbungsgespräch und vor Arbeitsbeginn die richtigen Weichen, gestalten sie die erste Arbeitswoche für neue Fachkräfte gewinnbringend und bauen Sie Unterstützungsangebote wie Mentoring auf.“

Danach berichtete Michael Kempkes, Geschäftsführer der DRK an Aa und Issel gGmbH, über erste Erfahrungen mit Flüchtlingskindern und ihren Familien, die die potenziellen Mitarbeiter von morgen und übermorgen sind: „Wir haben oft Probleme, z. B. bei der korrekten Registrierung der Kinder.“ So könne zurzeit nicht immer sofort ein passender Kindergarten- oder Schulplatz ermöglicht werden. Doch neben den bürokratischen Hürden sieht Kempkes viele positive Seiten: „Durch die Arbeit mit den Kindern gelingt die Integration aller Familienmitglieder schnell und gut.“

Ein sehr konkretes Angebot machte dann der Ehrenamtliche Unterstützerkreis in Duisburg, in dem sich Ruheständler aus Schule, Verwaltung, Unternehmen und Wohlfahrtsverbänden engagieren: „Wir suchen in Duisburg und Umgebung Praktikumsangebote und Interessenten, klären wechselseitige Erwartungen und bringen sie dann passend zusammen“, erläuterten Reinhard Luderer, Verwaltungsdirektor a.D., und Dr. Heinz Hinrich Schmidt, Stiftung Bildung und Beschäftigung. Prinzipiell gehe es niedrigschwellig um eine erste Orientierung in der Arbeitswelt, „es gibt keinerlei Erwartungen auf Übernahme in einen Arbeitsvertrag“, betonte Luderer.

Obwohl derzeit die Flüchtlingszahlen stark zurückgehen, bleibt das Thema von großer Bedeutung, findet Wolfgang Schmitz: „Es geht um viel hunderttausende Menschen, die bereits in Deutschland sind und sich eine Perspektive aufbauen wollen – und im Interesse des sozialen Friedens auch aufbauen müssen. Deshalb ist Ihr Engagement als Unternehmer auch eine wichtige soziale Verantwortung.“ Und die ersten Übernahmemeldungen von Flüchtlingen in reguläre Beschäftigung stimmten ihn optimistisch: „Wir hören aus vielen Bereichen, dass Flüchtlinge bis in die Haarspitzen motiviert sind. Motivation ist eine gute Basis, die Sprache zu lernen und berufliche Ziele zu erreichen.“

Weiterführende Informationen:
Unterstützerkreis: xn--flchtlings-praktikum-qec.de/
KOFA: www.kofa.de/fluechtlinge
Arbeitsmarktzulassung:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert