GLOSSE Lautstarker Aufstand der „primatisierten“ Politik

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Eine Glosse von BERTHOLD BLESENKEMPER
Der Kollege Hermann-Josef  P. (Name von der Redaktion geändert) war konsterniert. Mehrere Jahre hatte er in Borken die Sitzungen des Kreistages und seiner Ausschüsse verfolgt. Und von dort war er professionelles Arbeiten der Verwaltung gewohnt, die rechtzeitig vor Sitzungen umfassende schriftliche Vorlagen veröffentlicht, damit sich Bürger und Journalisten auf die Debatte vorbereiten können. Umso überraschter war Hermann-Josef  P. (Name von der Redaktion geändert) gestern im Betriebsausschuss für Gebäudewirtschaft in Bocholt. Zu den dort besprochenen acht öffentlichen Tagesordnungspunkten gab es gerade einmal eine einzige Vorlage. Alles andere wurde mal wieder nur mündlich oder per geheimer Power-Point-Präsentation vorgetragen. Wohl dem, der da des gleichzeitigen Lesens, Schreibens und Zuhöhrens mächtig war. 

„Ist das hier immer so“, fragte der Hermann-Josef  P. (Name von der Redaktion geändert).. Ich bajahte und erzählte von einem anhaltend Transparenz heuchelnden Bürgermeister, unter dessen Führung die Öffentlichkeit möglichst dumm gehalten werden soll, Thomas Kerkhoff setzt nach eigenem Bekunden auf einen mehrtägigen Informationsvorsprung der Stadtverordneten und nennt das für den Rest der Welt zeitlich verzögerte Veröffentlichen von Sitzungsvorlagen im juristischen Fachdeutsch „Primat der Politik“

Hermann-Josef  P. (Name von der Redaktion geändert) nahm daraufhin seinen Fotoapparat zur Hand und lichtete ein paar der rund 40 bis 50 Folien ab, die in schneller Reihenfolge an die Leinwand geworfen wurden,. Er ahnte nicht, dass er damit den Zorn der primatisierten Politik auf sich zog. „Ist es nicht verboten, während öffentlicher  Sitzungen zu fotografieren?“, fragte der CDU-Stadtverordnete und Kerkhoff-Partiefreund Bernhard Lübberdink und forderte die umgehende  und definitive Löschung aller illegal gemachten Aufnahmen.

Seltsam nur,  dass zuvor bei der Präsentation des von Lobhudeleien förmlich nur so überhäuften  neuen LernWerks Fotoaufnahmen offenbar keinesfalls verboten waren. Im Gegenteil: Die primatisierte Politik ließ sich willfährig in diversen Positionen ablichten. Seltsam, oder? Wir hätten diese Bilder gerne veröffentlicht, müssen aber aus Gründen der Staatsraison  und wegen der daraus resultierenden presse- oder womöglich gar strafrechtlichen Konsequenzen leider davon Abstand nehmen.

Foto: Die gestrige Sitzung des Betriebsausschusses Gebäudewirtschaft im neuen LernWerk (ACHTUNG: Diese Aufnahme ist illegal entstanden. Bei Betrachtung des Bildes muss mit verwaltungs- oder gar strafrechtlichen Konsequenzen seitens der Stadt gerechnet werden). Quelle und Copyright: unbekannt

  1. Reinhold Kampshoff says:

    Das grenzt schon an Verschwörungstheorien!!!
    Die Tatsache ist: Der Bürgermeister bietet Bürgern (und die nehmen das auch an) offene Bürgermeistersprechstunden vor Ort z.b.am 12.09.20214 um 19,00 Uhr bei Anna Moden eingeladen durch den OV I Stadtmitte., offene Facebook-Sprechstunden, Bierbankgespräche, etc., an.
    Was hier bei madeinbocholt immer und immer wieder geschrieben wird hat schon den Stil von Verschwörung. Verschwört Euch ruhig. Der Bürger indes stellt seine Fragen und bekommt Antworten vom Bürgermeister, von der Verwaltung, von der ehrenamtlichen Politik.
    Genauso sollten Sie wissen das dieses eine Sitzung vom Herr#n Zöhler war.

    • Made in Bocholt says:

      Ich finde es höchst bedenklich, wenn Lokalpolitiker wie du es für richtig halten, dass die Arbeit der freien Presse behindert und die Informationsrechte der Bürger beschnitten mit dem Argument werden, man könne seine Fragen doch direkt an den Bürgermeister richten und bekomme dann die passenden Antworten. Solche Einstellungen kenne ich sonst nur von totalitären Systemen.

  2. Reinhold Kampshoff says:

    Und wieder schiesst du vollkommen übers Ziel hinaus. Attacke und Schlechtreden und die verurteilten am besten nicht zu Wort kommen lassen. Nennt sich das Journalismus???

    • Made in Bocholt says:

      Die „Verurteilten“ sind zu diesem Thema bereits früher zu Wort gekommen, wollen aber nichts ändern. Tatsache ist, dass die Unsitte, auf Vorlagen zu verzichten und vieles, wenn nicht sogar alles nur noch in Power-Point zu präsentieren und diese Präsentationen nicht online zu stellen oder in gdruckter Form auszulegen, dazu führt, dass die Bürger keine Chance haben, dem Sitzungsverlauf zu folgen. Die Präsentationen sind oft nur schlecht lesbar, die Taktung ist oft zu schnell und der Umfang zu groß. Anders als die Politik, kennen die Bürger die Sachverhalte zudem vorher nicht. Wenn man mal etwas genauer nachschauen will, muss man auf das Sitzungsprotokoll warten. Und das kommt meist auch nicht pünklich innerhalb der 14-Tage-Frist. Ich nenne so etwas auch weiterhin hochgradig intransparent, bürgerunfreundlich und arrogant.

  3. Der richtige Ansatzpunkt wäre, wenn dem Bürgermeister und den Verantwortlichen der Sitzungen Faulheit vorgeworfen würde und die Tagesordnungspunkte als nicht zulässig verworfen werden würden. Mal sehen, was die rechtskundigen Schlauberger dann antworten würden. Stadtverordnete haben diese Macht und brauchen sich von den Demokratiefeinden nichts gefallen zu lassen. Nur Mut gehört dazu!

  4. An Herrn Blesenkemper
    Der Journalistenverband kann in der Sache autoritärer kommunaler Machthaber und ihre Ränke fundierte Maßnahmen empfehlen. Insbesondere haben wir da das Informationsfreiheitsgesetz.
    Viel Erfolg!

  5. Antonius Mayland says:

    Ich habe mich manches mal über genau so etwas geärgert. Meine Konsequenz war, meine Arbeit im Ausschuss für Umwelt und Grün zu beenden.

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