GLOSSE: Ob Königs- oder Rathaus – täglich neue Schlagzeilen

Von BERTHOLD BLESENKEMPER
Rathaus kaputt, Schulen kaputt, Brücken kaputt. Dazu kein großer Feiersaal, kein ausreichendes Stadion und demnächst auch keine Rücklagen mehr. Kurzum: Bocholt hat echte Sorgen. Umso erstaunlicher, dass sich die öffentliche Diskussion seit Wochen scheinbar nur noch darum dreht, ob Thomas Kerkhoff (nach dessen gänzlich unnötigen Seitenhieb auf den 1. FC Bocholt in seiner Neujahrsansprache) nun endlich mal ein Meisterschaftsspiel des Fußball-Regionalliga-Spitzeneiters besucht oder nicht und ob er das als Privatmann macht oder in seiner offiziellen Funktion als Bürgermeister dieser Stadt. Nach diversen Berichten, Stellungnahmen, Kommentaren, Facebook-Posts und einer farbigen Karikatur steht fest: Kerkhoff kommt zum Spiel gegen den 1. FC Köln II am 3. Februar als Ehrengast mit VIP-Karte — und zwar in amtlicher Mission. Ende gut, alles gut, sollte man meinen.
Doch die Geschichte geht weiter. Denn gestern stellte der Bürgermeister gegenüber den Medien klar, dass er zwar der Einladung des Fußball-Regionalligisten folge, dass er aber mit Rücksicht auf die Compliance-Regeln der Stadt sein Bier selbst zu zahlen gedenke. Morgen wird die Pressestelle womöglich noch mitteilen, ob Kerkhoff eventuell einen Regenschirm mitnimmt, ob er im Fall plötzlich einbrechender Kälte Angora-Unterwäsche trägt, ob er dem in den EWIBO-Fall verwickelten FC-Präsidenten Ludger Triphaus die Hand schütteln wird oder nicht und welches Team er anzufeuern gedenkt.
Kerkhoff hätte auch einfach mal so zum Hünting kommen und fürs Bier 50 Euro in die Jugendkasse stecken können. Aber das hätte natürlich keinerlei Aufmerksamkeit erregt. Merke: Was den Engländern das Königshaus ist, ist uns Bocholtern das Rathaus – beide sind immer für eine Schlagzeile gut 😉
Birgit says:
?? Sehr unterhaltsam!
Wilfried says:
Genau auf den Punkt gebracht . . .
Rey says:
Ganz ehrlich?
Nach dem Komplience Gelaber würde ich als FC die Rechnung für die VIP Karte gleich hinterher schicken. Möchte man doch den Bürgermeister weder bestechen noch komplementieren.
Paulchen Panter says:
Haben wir wirklich nichts Wichtigeres zu tun, als das BBV oder MIB oder was auch immer sonst mit solchen Mätzchen zu füllen? Alles ungefähr so wichtig, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt…..
Aber wir sind ja selbst dabei, wenn wir über jedes Stöckchen springen, welches König K uns hinhält!
Heute Mittag Flagge zeigen bei der Demo, das wäre wichtig!!
Wenn der Bürgermeister da mitgehen würde, könnte mir das ein wenig Respekt abnötigen.
Dieter Hildebrandt nannte das: Notizen aus der Provinz!
Friedel says:
Guter und ein sehr treffender Bericht. Aber von wem wird den der ganze Mist immer angezettelt? Von der eigenen Bocholter Presse und in den sozialen Netzwerken. Genau die Berichterstatter und Fans die als großer Fürsprecher der Schwatten dienen. Hier versuchen Leute den 1.FC Bocholt mit aller Macht und ihren Berichterstattungen doch in die 3 Liga zu hieven. Liveberichte aus der Türkei. Jeden Tag ganze Seiten in der Zeitung und den Foren. Die Presse und Medien hat eine ironisch gemeinte Aussage direkt zum Anlass genommen, hieraus eine Diskussion zu entfachen, die Donald Trump Ausmaße angenommen hat.
Wenn man sich das Interview nur von dem Bürgermeister mit dem Chefredakteur der hiesigen Presse anschaut, wird einem sofort klar, dass der Chefredakteur zu 80% nur darauf getrimmt war, dem Bürgermeister Antworten zu entlocken, die den 1.FC Bocholt und seinem Präsidenten betreffen. Erst war es der Ewibo Skandal und danach das Stadion ,,Am Hünting“.
Aber wenn ein Chefredakteur einen Verein, wie den TSV 1860 München in in den Raum wirft und der Bürgermeister dann fragt, in welcher Liga sie den spielen würden und er es dann selber nicht genau weiß, ist das schon peinlich. Der Bürgermeister kommt auch als Gratulant immer in die Hallen der Fußballstadtmeisterschaften. Aber der eigene Ausrichter der 1.FC Bocholt nimmt selbst nicht mit der 1.Mannschaft daran Teil. Was für ein Skandal!! Aber soetwas steht natürlich nicht zur Debatte. Das Lästern ist das Bocholts liebste Kind geworden