HWK-Herbstumfrage: Konjunktur im Handwerk schwingt ab
Die konjunkturelle Lage im Bezirk der Handwerkskammer Münster ist angespannt. Obwohl das Handwerk eine zurückhaltende Auftragsvergabe von Kunden spürt, macht es tendenziell gute Geschäfte. „In den vergangenen Monaten verstetigte sich jedoch die Befürchtung, in die Schwäche der Gesamtwirtschaft hineingezogen zu werden. Insgesamt hält der Abschwung an“, fasste Präsident Hans Hund (Bocholt) die Ergebnisse der Herbstumfrage der Handwerkskammer in einem Pressegespräch am Donnerstag (14. November) zusammen. Sorgen bereiteten vor allem Beschäftigungsverluste und die Investitionsschwäche.
Der seit 2020 anhaltende Pessimismus zeige eine andauernde Verunsicherung der Betriebe, so Hund. Umso wichtiger sei die schnellstmögliche Wahl einer neuen Regierung und eine verlässliche Politik. Das Handwerk brauche zügig Wachstums- und Investitionsimpulse durch bessere Bedingungen auch für kleine und mittlere Unternehmen.
An der Konjunkturumfrage nahmen 633 Betriebe aus dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region teil. Ihre Geschäfte laufen flauer als im Vorjahr. 44 Prozent der befragten Unternehmen finden ihre Lage „befriedigend“. 38 Prozent bewerten sie mit „gut“. 18 Prozent beurteilen sie als „schlecht“. Im Vorjahr war die Lage noch deutlich positiver. Erstmals seit elf Jahren übersteigt der Anteil der Betriebe mit „befriedigender“ Herbst-Geschäftslage den mit „guter“.
Bei den Erwartungen für das nächste Halbjahr zeichnet sich erneut eine ungute Entwicklung ab. 30 Prozent befürchten eine Verschlechterung über den Winter. 14 Prozent erwarten eine Verbesserung ihrer Geschäfte. Der Geschäftslageindikator, der die aktuelle Lage und die Prognose bis zum Frühjahr für das heimische Handwerk zusammenfasst, erreicht 100,4 Punkte. Das bedeutet Stagnation seit dem Frühjahr. Im Jahresvergleich verbesserte sich der Indikator um 4,7 Punkte. Im Münsterland hellte sich das Geschäftsklima im Laufe des Jahres auf. Der Indikator stieg von 98 auf 103,6 Punkte. In der Emscher-Lippe-Region blieb das Klima dagegen trübe: Der Indikator schlich während eines Jahres von 88,3 minimal voran auf 88,6 Punkte. Im nördlichen Ruhrgebiet ist der Zukunftspessimismus ausgeprägter als im Münsterland.
Über alle Gewerke hinweg sind die Kapazitäten zu 78,9 Prozent ausgelastet – 1,9 Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. Die Auftragsreichweiten betragen 8,4 Wochen. Vor einem Jahr dauerte es noch zehn Wochen, bis Kundenaufträge bearbeitet werden konnten. „Das geht jetzt schneller“, betonte Hund. Die Auftragsverluste verdürben den Betrieben die Laune am meisten, ordnet er ein. Der größte Anteil – 40 Prozent – verzeichnet einen gesunkenen Auftragsbestand. Über mehr Aufträge kann sich nur jeder Fünfte freuen. Der Anteil der Betriebe mit gesunkenen Umsätzen überwiegt den mit gestiegenen Umsätzen um 15 Prozentpunkte. Die Betriebe stellen sich auf weitere Rückgänge ein. Die Dynamik der Preissteigerungen hat nachgelassen. Erstmals seit dem ersten Coronaherbst 2020 bilden die Betriebe, die ihre Verkaufspreise stabil halten konnten, die größte Gruppe.
Das Handwerk muss einen weiteren Beschäftigungsrückgang verschmerzen. Jeder vierte Betrieb hat weniger Personal als im Frühjahr. Mehr Personal als vor einem halben Jahr zählen nur 16 Prozent. Die Befragten erwarten weitere Abgänge. Dabei spielten verschiedene Faktoren eine Rolle, unterstrich Hund: der Auftragsrückgang, weniger Berufsnachwuchs, aber auch das beginnende Ausscheiden der zahlenstarken Boomer aus dem Arbeitsleben. 45 Prozent der Betriebe haben derzeit offene Stellen. Die Bereitschaft zur Ausbildung sei seitens der Unternehmen unvermindert hoch, teilt die HWK mit.
Jeder Dritte hat weniger als vor einem halben Jahr investiert, nur jeder Fünfte mehr. 45 Prozent tätigten in diesem Zeitraum unvermindert Investitionen. Die Investitionsschwäche beeinträchtige die künftige Geschäftslage; sie sei ein Konjunkturrisiko, warnte Hund.
So unterschiedlich die Gewerkegruppen, so unterschiedlich ist auch ihre Konjunktur: Im Gesundheitsgewerbe herrscht Hochkonjunktur (Geschäftslageindikator: 125,4 Punkte). Das Ausbaugewerbe sieht sich von einem immer noch hohen Niveau ausgehend im Abschwung (102,8 Punkte). Auch die Konjunktur im Kraftfahrzeuggewerbe ist durch einen Abschwung charakterisiert (102,0 Punkte). Stagnation bestimmt das Geschäftsklima bei den personenbezogenen Dienstleistern (99,3 Punkte). Die Nahrungsmittelgewerbe wirtschaften in einem nahezu unverändert negativen Geschäftsklima, sehen aber einen Aufschwung auf sich zukommen (96,2 Punkte). Das Bauhauptgewerbe bleibt deutlich im Abschwung, wenngleich die Situation besser als im Vorjahr ist (89,9 Punkte). Die Handwerke für den gewerblichen Bedarf müssen von allen das schlechteste Geschäftsklima verkraften; sie befinden sich im Abschwung an der Grenze zur Rezession (89,6 Punkte).
Der Wettbewerb für die Exportbetriebe im Handwerk wird härter: In der Umfrage melden 4 Prozent aller Befragten Auslandsaktivitäten. In den vergangenen sechs Monaten verschlechterten sich ihre internationalen Geschäfte.
Hund forderte: „Die Belange der mittelständischen Unternehmen müssen endlich konsequent in den Fokus gerückt werden. Die Entlastung von Bürokratie, Kosten für Energie, Lohnzusatzkosten und von Steuern ist überfällig. Das Handwerk braucht echte Reformen, den großen Wurf für Wachstum.“
Aktuell gibt es im Kammerbezirk 30.698 Handwerksbetriebe. Seit Jahresbeginn wuchs der Betriebsbestand um 0,7 Prozent. Von Januar bis September machten sich 2.310 Handwerkerinnen und Handwerker selbstständig. Das sind 209 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. 100 entschieden sich für eine Betriebsübernahme.
HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Banasiewicz stellte die „spannendste Neuigkeit der Geschäftstätigkeit“ vor: die geplante Modernisierung und den Neubau des HBZ Münster bis 2029. Die Handwerkskammer hat von der Stadt Münster Ende Oktober ein Grundstück an der Ossenkampstiege in Nachbarschaft ihres Bildungszentrums erworben. Sie plant dort einen Neubau für Lehrwerkstätten und Unterrichtsräume, mit dem sich Theorie- und Praxisunterricht besser verzahnen lassen, samt Gästehaus und Mensa. Ein bestehender Gebäudeteil soll modernisiert werden. Die Kosten für Neubau und Modernisierung belaufen sich nach Angaben von Banasiewicz auf circa 130 Millionen Euro. Das Vorhaben sei grundsätzlich förderfähig, teilte er mit.