IHK: Industrie spürt schwache Nachfrage
Die Nachfrage nach Industrie-Produkten aus dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region war in den ersten Monaten des Jahres zum Teil deutlich niedriger als im Vorjahr. Das berichtet die IHK Nord Westfalen nach Auswertung von aktuellen Zahlen aus der Landesstatistik (IT.NRW). Danach erzielten die Industrieunternehmen im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region zwischen Januar und Mai einen Gesamtumsatz von rund 19,3 Milliarden Euro. Das entspricht einem Rückgang von 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede je nach Branche und Region: Starke Einbußen verbuchen der Kreis Steinfurt mit einem Industrieumsatz von 4,1 Milliarden Euro (-10,9 Prozent) und der Kreis Borken mit 3,5 Milliarden Euro (-8,9 Prozent). Deutliche Zuwächse verzeichnet dagegen die Industrie in Münster (1,3 Milliarden Euro, +11,9 Prozent) und Bottrop (0,4 Milliarden Euro, +10,0 Prozent).
„Ein durchgreifender Aufschwung ist nicht in Sicht. Die ersten Monate sind für die regionale Industrie enttäuschend verlaufen“, stellt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel fest. Im Münsterland sanken die Industrieumsätze um über fünf Prozent auf fast 13,7 Milliarden Euro. In der Emscher-Lippe-Region gab es dagegen ein Plus von über zwei Prozent, hier setzte das verarbeitende Gewerbe fast 5,7 Milliarden Euro um. Auffällig ist, dass sich die Zahlen an Standorten mit starker Chemieindustrie vergleichsweise gut entwickelten: Dazu zählen Münster, Gelsenkirchen (1,5 Milliarden Euro, +3,1 Prozent) sowie der Kreis Recklinghausen (3,7 Milliarden Euro, +1,0 Prozent) mit Chemiewerken in Marl, Gladbeck und Castrop-Rauxel. Nur leichte Umsatzrückgänge verzeichnet die Industrie in den Kreisen Warendorf (2,8 Milliarden Euro, -0,8 Prozent) und Coesfeld (fast zwei Milliarden Euro, -0,3 Prozent).
In Nord-Westfalen sei vor allem die Grundstoff- und Investitionsgüterindustrie stark vertreten, erläutert Jaeckel. „Entweder investieren die Kunden aus dem In- und Ausland weniger oder sie kaufen woanders ein – beides hat für uns mittel- und langfristig negative Auswirkungen.“ Sorgen bereitet ihm, dass die Auslandsumsätze um 4,4 Prozent überdurchschnittlich stark sanken. Gehen die Exporte zurück, seien davon ganze Wertschöpfungsketten betroffen. „Ohne Exporte der Industrie verliert die Region an Wohlstand“, warnt der Hauptgeschäftsführer.
Im Vergleich zu NRW und Deutschland insgesamt steht Nord-Westfalen mit dem Umsatzrückgang von knapp über drei Prozent sogar noch leicht besser da: Bundesweit sanken die Industrieumsätze in den ersten fünf Monaten um vier, in Nordrhein-Westfalen um fast fünf Prozent. Für Jaeckel sind diese Zahlen mit einem klaren Auftrag an die Politik in der EU, im Bund und in NRW verbunden: „Sie muss auf allen Ebenen attraktive und stabile Rahmenbedingungen schaffen, damit die Industrie ihre Standortnachteile in den Griff bekommen kann.“ Vor allem Fachkräftemangel, Energiekosten, Bürokratie und eine hohe Steuerlast benachteiligten die deutsche Wirtschaft im internationalen Wettbewerb. „Die Verunsicherung der Unternehmen ist groß, weil die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Wirtschaftsstandort nachlässt und die Kurskorrekturen durch die Politik zu zaghaft ausfallen“, erklärt er.
Um dringend notwendige „Impulse für neues Wachstum“ zu setzen, haben Vollversammlungsmitglieder der IHK Nord Westfalen ein gleichnamiges Positionspapier erarbeitet. Darin finden sich eine Reihe konkreter Vorschläge, unter anderem für mehr Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit, für weniger Bürokratie bei der gezielten Arbeitskräfteeinwanderung oder für schnellere Verfahren und Genehmigungsprozesse. „Jetzt ist die Politik am Zug“, unterstreicht Jaeckel.
Foto: Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen Foto: Mensing/IHK Nord Westfalen