In Westfälisch-Kongo liegen die Nerven blank



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Ein Kommentar von BERTHOLD BLESENKEMPER

Jahrelang hat das Kungelei-Netzwerk in Bocholt prima funktioniert. Und zwar so gut, dass die größte Stadt des Westmünsterlandes – wie schon mal berichtet – von den Nachbarn gerne mit dem Begriff „Westfälisch-Kongo“ verspottet wurde. Inzwischen aber liegen an der Aa die Nerven blank. Spätestens mit der offenbar nicht abgesprochenen Preiserhöhung der Ewibo für Schulessen ist das Fass übergelaufen. Der FDP ist der Kragen geplatzt. Die teuren Förderzuschüsse in Richtung Ewibo müssten ein Ende haben. „Es ist der Hohn auf Socken, wie leichtfertig die Stadt das Geld der Bürger ausgibt“, meint Fraktionschef Burkhard Henneken in einer Pressemitteilung. Und Kevin Eising als Vorsitzender der JuLis ergänzt: „Ein Schlag ins Gesicht für alle, die vernünftig wirtschaften und wirtschaften wollen. Die Krake muss endlich aufhören zu wachsen und das Zuschauen von Politik ein Ende haben.“ Gemeint ist damit insbesondere der überwigend aus Ratsmitgliedern bestehende Aufsichtsrat der Ewibo, der in der Öffentlichkeit oft eher einem Fanclub als einem kritischen Kontrollgremium der städtischen Tochter gleicht. 

Selbst in der CDU wird es einigen offenbar langsam zu viel. Während die Fraktion weiterhin vor auf Friede, Freude, Eierkuchen macht, ließ Ortsparteichef Lukas Kwiatkowski im Mai diesen Jahres in einem BBV-Interview schon mal durchblicken: „Es wird Zeit, wieder rationale Entscheidungen zu fällen, die nicht davon abhängig sind, wessen Schwager ich gerade bin, ob ich irgendjemanden aus einem Verein kenne oder in einem Abhängigkeitsverhältnis stehe“. Durchaus markige Worte für jemanden, der als Mitarbeiter der Ewibo professioneller Teil des Systems ist.

Und dieses System funktionierte so lange gut, wie auch die Ewibo funktionierte. Doch damit scheint es vorbei zu sein. Die städtische Tochter schwächelt. Während andere Wohnungsbaugesellschaften beweisen, wie man innerhalb von nicht einmal 18 Monaten Blocks mit 14 Wohneinheiten hochzieht, bleibt es bei der Ewibo in Sachen sozialen Wohnungsbau meist nur bei großspurigen Ankündigungen. Auch die Bewirtschaftung der Tiefgarage ist alles anderes als ein Erfolgsmodell. Hinzu kommen jetzt die völlig überteuerten Schulessen. Und schließlich musste Geschäftsführer Berthold Klein-Schmeink auch noch eingestehen, dass er das vergangene Geschäftsjahr mit 300.000 Euro Verlust abschließt. Peinlicher als diese durchaus zu verkraftende Tatsache ist die Begründung.  Ausbleibende Flüchtlinge nämlich sollen Schuld für das Minus sein. Damit gesteht Klein-Schmeink im Umkehrschluss ein, dass die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern für die Ewibo ein mehr als lukratives Geschäft ist. 

Überhaupt scheint der Chef der städtischen Tochter mehr und mehr seine Souveränität zu verlieren. Im Gespräch mit dem BBV rutschte im heraus, dass die von Made in Bocholt vor Monaten bereits kritisch unter die Lupe genommene Zeitarbeitsfirma PSA GmbH, deren Geschäftsführer Klein-Schmeink ebenfalls ist, einzig und allein aus der Ewibo ausgelagert wurde, um deren Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden. Die PSA GmbH, die privatwirtschaftlich tätig ist, Bocholter  Unternehmen Konkurrenz macht  und damit – gänzlich unkontrolliert von der Politik – bis zu einer halben Million Euro Gewinn jährlich macht, wurde stattdessen von den Sozialvereinen LIA und Jusina übernommen. Die wiederum werden – ebenfalls gänzlich unkontrolliert von der Politik – von Ewibo-Mitarbeitern sowie deren Frauen unter der (An-)Leitung von Berthold Klein-Schmeink geführt. Stellt sich die Frage, was eigentlich mit deren Gemeinnützigkeit ist?

Derweil gruppiert sich der größte Teil des Rates demonstrativ weiter hinter beziehungsweise vor die Ewibo. Die Parteien haben allerdings auch keine andere Wahl. Sie müssen – wenn auch nicht als Verursacher, so doch als Befürworter des Systems – auf Zeit spielen. Denn sollte im Kommunalwahlkampfjahr 2020 die Kungelei-Blase endgültig platzten, könnte den Wahlhoffnungen so mancher Partei das gleiche Schicksal ereilen. 

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