Kerkhoff kocht – und jetzt wird’s peinlich



Ein Kommentar von BERTHOLD BLESENKEMPER

Stellen Sie sich mal vor: Sie haben vier potenzielle Vorgesetzte. Einen davon laden Sie zu einer Party ein – und zwar den, der mit der größten Wahrscheinlichkeit ihr nächster Chef wird. Den anderen drei sagen Sie erst gar nichts von dem Fest. Wäre das aus Ihrer Sicht eine Bevorzugung dieses einen und einen Benachteiligung der anderen drei? Irgendwie doch eindeutig ja, oder?

Und genau das hat die Bocholter Stadtverwaltung gemacht, als sie den CDU-Bürgermeisterkandidaten Thomas Kerkhoff ganz offiziell dazu einlud, in Wahlkampfzeiten auf einer städtischen Webseite ein persönliches Video zu veröffentlichen (wir berichteten gestern). Die anderen drei Kandidaten erhielten diese Einladung nicht. Eine Bevorzugung und damit eine Verletzung der Neutralitätspflicht? Ich meine: Ja. Nein, natürlich nicht, meint indes die Stadtverwaltung in einer Stellungnahme gegenüber Made in Bocholt. Denn den anderen drei stünde der Weg zu einer Videoveröffentlichung ja schließlich ebenfalls offen. Sie müssten sich halt nur selbst melden.

Das heißt bezogen auf den obigen Partyvergleich: Einer wird persönlich eingeladen, drei nicht. Aber diese drei sollen bloß nicht beleidigt sein. Sie hätten ja schließlich – selbst wenn sie mangels Einladung nichts von der Party gewusst haben – trotzdem kommen oder nachträglich beim Gastgeber anklopfen können. Spätestens an dieser Stelle beginnt die Sache, die bis gestern lediglich eine lustige Wahlkampfrandnotiz war, hochnotpeinlich zu werden.

Da man von den drei Benachteiligten nur abraten kann nachzukleckern und die Verwaltung nicht willens ist, die ganz offensichtliche Anbiederung an den und die eindeutige Bevorzugung des favorisierten Kerkhoff einzugestehen, gäbe es drei Lösungen:

1. Kerkhoff, der im übrigen für die ganze Sache selbst nichts kann, zieht die Veröffentlichung auf der städtischen Webseite zurück. Das würde ihm neben der gewünschten und ohnehin schon erreichten Aufmerksamkeit zusätzliche Sympathiepunkte einbringen.

2. Die Verwaltung sieht ihren Fehler ein, stoppt die Veröffentlichung, wartet auf die Videos der anderen drei und zeigt alle vier zeitgleich, neutral an gleicher Stelle und in gleicher Aufmachung.

3. Der Rat zeigt endlich mal Courage und weist die Verwaltung entsprechend Punkt 2 an. Das aber wäre dann der Gipfel der Peinlichkeit.

Ich tippe auf Lösung 1. Und Sie?

Foto: Quelle Youtube

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