KOMMENTAR: Bauerntrick in Sachen Rathaussanierung zieht



Ein Kommentar von BERTHOLD BLESENKEMPER

Die Würfel sind gefallen. Mit ihrem gestrigen einstimmigen Beschluss, für die umstrittene Rathaussanierung Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ zu beantragen, hat sich die Bocholter Politik selbst jede Grundlage genommen, über mögliche Alternativlösungen überhaupt auch nur nachzudenken. Denn sie ist auf einen uralten Bauerntrick hereingefallen. Es war das Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der mit Unterstützung der Bocholter Verwaltung die Unterschutzstellung des Rathauses initiiert hat. Und es war der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der der Stadt jetzt geraten hat, die Bundesmittel zu beantragen, was die Verwaltung (wieder mal im vorauseilenden Gehorsam) prompt auch so gemacht hat.

Ein geschickter Schachzug vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe und der Verwaltung. Denn mit der nachträglichen, einstimmigen(!) Sanktionierung dieses Vorgehens und der daraus resultierenden Beantragung der Mittel unterstreicht die Stadt Bocholt nun auch offiziell und unumkehrbar, dass sie das Denkmal, das (Zitat) „das neu gewonnene Selbstbewusstsein der Stadt” repräsentiert, für ein Gebäude von „nationaler beziehungsweise internationaler Wahrnehmbarkeit“ hält. Damit wiederum nimmt sie sich selbst jedes Argument und jede Chance, eventuell doch noch den Denkmalschutz per Ministerbeschluss zu kippen. Die Taktik der Sanierungsbefürworter ist klar: Die Nennung der wahren Kosten und damit die endgültige Entscheidung über die Rathaussanierung wird auf Teufel komm raus hinausgezögert, damit in der Zwischenzeit Schritt für Schritt möglichst viele unumkehrbare Fakten geschaffen werden können. Am Ende heißt es dann: Tut uns leid, aber es geht nun mal nicht mehr anders!

Schon bricht in den sozialen Netzwerken ein erneuter Sturm der Entrüstung los. Frank Büning von den Linken sieht es derweil ganz pragmatisch. Er meint, dass die Bocholter – Facebookumfragen oder Petitionen hin oder her – eindeutig für die Rathaussanierung sind, weil sie ja beim jüngsten Urnengang eine deutliche Mehrheit dafür gewählt haben. Und der Mann hat vollkommen Recht. Spätestens seit der jüngsten Wahl zur Stadtverordnetenversammlung ist klar, dass die Menschen in Bocholt mehrheitlich die millionenteure Rathaussanierung, den weiteren Ausbau der EWIBO und (das sollte Frank Büning dann aber auch mal akzeptieren) den West-, Nord- und Ostring wollen. Und daran gibt es nichts zu rütteln. Regen Sie sich also bitte nicht mehr auf.

  1. Und genau der letzte Absatz ist entscheidend! Die Bevölkerung wählt den Rat und der beschließt als Vertretung die zukünftige Ausrichtung der Stadt! Ich verstehe nicht, wieso man hier immer diese unterschwellige Kritik gegenüber der Verwaltung äußern muss. Das ist reiner Populismus und bezieht sich in Ihren Artikeln nicht nur auf die Rathaussanierung. Genau aus diesem Grund hat Herr Blesenkemper auch bei der Wahl so schlecht abgeschnitten. Auf die Verwaltung und Maßnahmen draufhauen ist immer sehr einfach… Die Arbeit der Verwaltung und der Politik mal zu würdigen ist Mangelware bei Made in Bocholt!

    • Made in Bocholt says:

      Wir haben in dieser Woche ungefähr 40 positive Berichte über die Stadt veröffentlicht und diesen einen negativen. Das ist aus unserer Sicht verkraftbar. Und so lange die Stadt die Zahlen und Fakten in Sachen Rathaussanierung nicht herausrückt, müssen wir davon ausgehen, dass sie die Absicht hat, die Öffentlichkeit hinzuhalten, um in der Zwischenzeit unumkehrbare Fakten zu schaffen. Made in Bocholt steht im Übrigen mit dieser Meinung nicht alleine da. Das BBV hat ähnlich kommentiert. Als so genannte „vierte Gewalt“ haben Medien die Aufgabe, das politische Geschehen durch Berichterstattung und öffentliche Diskussion kritisch zu bgeleiten und zu beeinflussen. Die Würdigung von Verwaltung und Politik übernehmen diese hingegen meist selbst.

      • reinhold kampshoff says:

        Wie auf der Bauausschuss sitzung schon veröffentlicht , wo sie auch zugegen waren.
        Ist dieser antrag auf Förderung gestellt worden um Falls wir nicht um einer Sanierung des Rathauses umhin kommen, wir zumindest aus einem Fördertopf Mittel bekommen. Falls die plausibele Kostenschätzung bekannt ist , wird entschieden ob man gegen die Sanierung und den Denkmalschutz vorgeht.
        Der Antrag auf Förderung musste jetuzt gestellt werden. Hätten wir das nicht gemacht hätte uns die Presse vorgeworfen das wir diesen Antrag nicht gestellt haben.
        Also stellen wir fest das dieser Antrag keine Festlegung auf irgendwas ist (wie von Ihnen behauptet wird.) Die Stadt kann nach einer stichhaltigen Kostenschätzung festlegen was weiterhin geschieht.

        • Made in Bocholt says:

          Nun, Bürgermeister Kerkhoff sagt immer so treffend, Denkmalschutz und andere Auflagen seien ein Zwangskorsett, aus dem man sich nur scher befreien könne. Bislang hat die Stadt aber nicht einmal ansatzweise einen solchen Befreiungsversuch unternommen. Mit der jetzigen Entscheidung, Fördermittel für die Sanierung zu beantragen, schnürt man das Korsett stattdessen selbst noch enger, indem man eine eventuell notwendige Gegenposition im Zwnagskorsett-Befreiungskampf massiv schwächt. Das zeigt einmal mehr, dass sich die Verantwortlichen bereits festgelegt haben. Aus diesem Grund wird auch seit Jahren einzig und allein an den Sanierungsplänen gearbeitet. An Alternativvorschlägen indes haben die zuständigen Experten meines Wissens noch keine Woche verschwendet. So wird am Ende ein Sanierungsvorschlag herauskommen, der mangels echter Alternativvorschläge in strahlendem Licht erscheint. Den Rest macht die normative Kraft des Faktischen, wie es Juristen so schön nennen. Wir Bocholter kennen das spätestens seit Vorstellung der Machbarkeitsstudie in Sachen Rathaus. Dort war die Sanierung gegegnüber einem Neubau auch derartig schöngerechnet worden, dass letzterer sofort verworfen wurde. Was aber ist, wenn der Rat – eventuell aber auch das Volk per Bürgerbegehren – die teuren Plänen ablehnt. Dann stehen die Verantwortlichen mit leeren Händen da und müssen sich zu Recht den Vorwurf gefallen lassen, keinen Plan B gehabt zu haben.

    • Ihren ersten beiden Sätzen stimme ich zu! Die von Ihnen beklagte Kritik an der Stadtverwaltung ist, wie gewohnt hier, weder populistisch noch unterschwellig, sondern direkt und notwendig! Die Glanzleistungen in den letzten Jahren unter einer überforderten Spitze sind nur mal ein Fakt! Aus diesem Grund hat Herr Blesenkemper, für einen „Einzelkämpfer“ ein beachtliches Wahlergebnis erreicht!! Als Bürger und Nichtangehöriger der Verwaltung empfindet man diese Kritik auch nicht als Draufhauen, sondern als dringend benötigten Finger in der Wunde. Weiter so!

  2. Altenbeck Hermann says:

    Für die SPD ist der Beschluss nur konsequent. Der Rathaussanierung wird zugestimmt, solange die beschlossenen 50 Mio nicht überschritten werden. Ansonsten wird die „Reißleine“ gezogen und das Nutzungskonzept geändert. Siehe SPD Beschluss vom Sommer. Rathaus und Stadttheater bleiben erhalten.

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