Serie 36,5 Grad: Dirk Nienhaus und seine „Bocholter Landschweine“



Herzerwärmende Hofromantik kennt Dirk Nienhaus nur noch aus Kindertagen. Spätestens seitdem der heute 39-jährige Bauernsohn nach der mittleren Reife an der Israhel-van-Meckenem-Realschule seine Agrar-Ausbildung absolviert hat, weiß er, das Ackerbau und Viehzucht genau so ein Beruf ist wie jeder andere auch: Tier- und Umweltschutz, Kosten, Nachfrage, Umsatz und Gewinn dominieren den Alltag. „Die Zahlen zählen“, meint der Stenerner. Und doch hat sich Nienhaus einen kleinen Hauch landwirtschaft

licher Schwärmerei bewahrt. Er züchtet nebenbei die einzigartigen „Bocholter Landschweine“. Und bei der regionalen Vermarktung dieser selbst entwickelten Rasse nutzt der 39-Jährige intensiv die neuen Medien. Tradition trifft Moderne – hier passt dieser Slogan wie Faust aufs Auge.

Das Smartphone ist sein Allzweckwerkzeug. Per Handyapp kontrolliert Dirk Nienhaus regelmäßig die Wettervorhersagen, die Temperatur in den Ställen oder den Futtermittelbestand in den Silos. Ein kurzer Druck auf den Monitor, schon wir automatisch nachbestellt und geliefert. „Landwirtschaft arbeitet heute mit den modernsten Methoden. Anders geht es nun mal nicht mehr“, so der 39-Jährige. Innerhalb des Stalls nutzt der Stenerner inzwischen immer öfter auch die Foto und Videofunktionen seines Mobiltelefons. Dann dreht er Szenen für seinen Bewegtbildblog und die Facebookseite. Mehr als eine Million Aufrufe hat Nienhaus damit bereits erzielt.

„Waldi“ und „Inge“ kennen das nur zu gut. Die beiden schwarz-weißen schwäbisch-hallischen Schweine sind sozusagen die Ureltern der Bocholter Zucht. „Sie sind auch die einzigen Tiere auf dem Hof, die einen Namen haben“, erläutert Dirk Nienhaus. Waldi und Inge zeichnet große Gelassenheit aus – und das sowohl im Umgang mit ihren Artgenossen als auch auch vor der Kamera. „Die kann nichts aus der Ruhe bringen“, erklärt der Bauer.

Nienhaus hat die aus Süddeutschland stammenden Tiere mit Standardschweinen gekreuzt. Das macht das Fleisch der Nachkommen dunkler, marmorierter und schmackhafter. Schon hat ein Bocholter Metzger Interesse gezeigt und möchte geschlachteten Bocholter Landschweine ab Sommer in sein Sortiment aufnehmen. Dirk Nienhaus macht das Mut. Er setzte neben der traditionellen Schweinezucht auch in Zukunft verstärkt auf Nischenprodukte. Aber nicht etwa als Hobby. „Auch das ist ein Geschäft, Nur eben ein anderes“, so der 39-Jährige.

Um seine „Bocholter Landschweine“ bekannt zu machen und – neudeutsch ausgedrückt – die Markenidentität zu erhöhen, dreht Dirk Nienhaus regelmäßig Videos und stellt sie ins Netz. Dabei geht es ihm auch darum, den normalen Alttag auf einem Bauernhof zu zeigen. „Ich beschönige nichts. Wenn ein Tier lahmt, dann lahmt es eben – auch wenn sich dann wieder ganz viele Zuschauer aufregen. Aber so ist es nun mal“, erklärt der 39-jährige. Er hält nichts vom Versteckspiel mancher Berufskollegen und vom ständigen Rechtfertigungsdruck der Branche. „Landwirtschaft ist heute eine unter starkem Druck stehende Zulieferer-Branche. Und so lange die Preise für Lebensmittel so niedrig sind wie zur Zeit, wird das auch so bleiben“, erklärt der Fachmann. Entsprechend selbstsicher und offen stellt er sich Fragen oder der Diskussion mit der Politik.

Dabei knöpft sich der Landwirt aus Stenern auch schon mal Regierungsmitglieder vor. Ein Beispiel dafür ist Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Deren jüngste, bei Landwirten höchst umstrittene Informationskampagne mit Sprüchen wie „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein!“ kritisierte Nienhaus offen als staatliche finanzierte Pauschaldiffamierung und Bauernbashing mit „billigen Parolen“. „Das musste mal raus“ so der Titel seiner entsprechenden Videoblog-Episode, die mehr als ein halbe Million Mal online abgerufen wurde.

Eine der jüngsten Folgen seines Videoblogs beschäftigt sich übrigens mit Karneval. Die Kernfrage lautet: Feiern Schweine die närrischen Tagen und vor allem – haben Sie anschließend eine Kater? Beim Dreh profitierte Nienhaus sichtlich von seinen Erfahrungen, die er als ehemaliger Aktiver der LaPaBo gemacht hatte. Jetzt freuen sich andererseits die Stenerner Schützen bereits auf ihren Saisonhöhepunkt und was ihr Oberst Dirk Nienhaus daraus macht. Aber vielleicht interessiert das dann auch einfach gar kein Schwein…

Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN

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