MehrDemokratie sagt: Wenn Bürger mit entscheiden, werden Finanzmittel effizienter verwendet



Von BERTHOLD BLESENIKEMPER

Wird die Frage, ob das Rathaus für mehr als 60 Millionen Euro saniert wird oder nicht, am Ende doch noch basisdemokratisch entschieden? Ein entsprechender Antrag könnte in der entscheidenden Ratssitzung am kommenden Mittwoch von einer Fraktion gestellt werden. Womöglch bildet sich aber auch eine private Initiative. Schon einmal in der Bocholter Geschichte hat es einen solchen Bürgerentscheid gegeben.

Das war vor 20 Jahren, als sich CDU und Verwaltungsspitze ziemlich sicher waren, der Verkauf der Bocholter Wohnungsbaugesellschaft und deren 2000 Wohnungen sei eine prima Sache. 96,7 Prozent der Wählerinnen und Wähler, die an dem von der SPD daraufhin initiierten Bürgerbegehren teilnahmen, sahen das anders. Die Gegner scheiterten jedoch, weil lediglich 14,8 statt der gesetzlich geforderten 20 Prozent der Wahlberechtigten zu Urne gegangen waren. Die BWG wurde verkauft. Heute wird das in Bocholt mehrheitlich als sehr großer Fehler gesehen.

Nicht selten versuchen Räte und Verwaltungen, Basisdemokratie mit dem Argument zu verhindern, die Sachlage sei für einfache Bürgerinnen und Bürger schlichtweg zu kompliziert. Das meint – anders als noch vor seiner Wahl zum Bürgermeister – auch Thomas Kerkhoff. Zudem verzögere und verteuere eine basisdemokratische Entscheidung die Sanierung, warnt der Verwaltungschef.

Die Initiative MehrDemokratie NRW, die seit Jahren Bürgerbegehen begleitet und auswertet, hat völlig andere Erfahrungen gemacht. „Die mit Bürgerbegehren einhergehenden breiten öffentlichen Diskussionen verschaffen den Bürgerinnen und Bürgern mehr Durchblick. Wenn diese mitentscheiden, werden Finanzmittel effizienter verwendet“, heißt es auf der Webseite des Vereins.

Drei von fünf Bürgerbegehren scheitern allerdings – nicht selten schon deshalb, weil Städte und Gemeinden einen Urnengang nicht gerade erleichtern. Meist gibt es aus Kostengründen deutlich weniger Wahllokale als bei normalen Abstimmungen. Früher wurde sogar auf eine Briefwahl ganz verzichtet. Für den inzwischen verstorbenen, langjährigen Bocholter SPD-Fraktionsvorsitzenden Günter Spangenberg war das laut einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ auch der Hauptgrund dafür, dass das Votum gegen den Verkauf der Bocholter Wohnungsbaugesellschaft 2001 an der gesetzlich geforderten 20-Prozent Hürde scheiterte.

Zwischenzeitlich wurde allerdings das Gesetz geändert. Jetzt könnte ein Bürgerbegehren theoretisch sogar ausschließlich durch Briefwahl entschieden werden. Aber das halten Rechtsexperten für mindestens ebenso fraglich.

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