MIT KOMMENTAR: 1:13 im Wahlkampf Bürger vs. Bürger

Wenige Tage vor dem Bürgerbegehren gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Biemenhorst hat die Verwaltung eine Liste von 13 Flächen veröffentlicht, die im Falle eine Niederlage der Stadt als Alternative für das Gelände an der Straße „Auf dem Takenkamp“ in Frage kommen. Die besagten Immobilien sind rund um die City am Stadtrand verteilt und nach Angaben von Pressesprecher Karsten Tersteegen „eigentlich nicht geeignet“. Viele von ihnen sind nämlich bereits überplant.
Aber: „Die proaktive Schaffung der Voraussetzungen für Handlungsalternativen ist notwendig, da die Zahl der Zuweisungen von Geflüchteten an Kommunen innerhalb Deutschlands unvorhersehbar ist, aber mit einem stetigen Anstieg zu rechnen ist und eine größere Sammelunterkunft perspektivisch in Bocholt nicht mehr zur Verfügung stehen werden“, heißt es in der entsprechenden Sitzungsvorlage für die Ratssitzung am kommenden Mittwoch.
KOMMENTAR
Von BERTHOLD BLESENKEMPER
Es klingt wie eine Drohung. Wer am Sonntag mit „Ja“ und damit gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Biemenhorst stimmt, der muss damit rechnen, dass eine solche dicht vor seiner Haustüre errichtet wird. Das ist die zentrale Botschaft, die mit der Vorlage für die kommende Ratssitzung nur wenige Tage vor dem Bürgerentscheid herüberkommt. Die Stadtverwaltung hat gerade noch rechtzeitig 13 Potenzialflächen schön gleichmäßig über die Siedlungen am Stadtrand verteilt. Das erzeugt nach dem St.-Florians-Prinzip („Heiliger Sankt Florian, verschon’ mein Haus, zünd’ andere an“) einen höchstmöglichen Grad an Nachdenklichkeit.
Die Verwaltungsspitze hätte diese Potenzialflächenliste natürlich auch erst nach dem Bürgerentscheid mittels einer Powerpoint-Präsentation am Mittwoch in die politische Debatte einbringen können. Das macht sie schließlich sonst bei allen möglichen Themen auch immer gerne. Und das wäre diesmal ausnahmsweise auch wohl fairer gewesen.
Aber: Die Sache mit den 13 Alternativflächen könnte für Stadt auch gewaltig nach hinten losgehen. Denn diese Potenzialstandorte erzeugen völlig unnötig sehr viel Unruhe und Angst. Und Angst war noch nie eine gute Berater in wichtigen Entscheidungen. Es könnte also ebensogut sein, dass die Veröffentlichung so kurz vor dem Bürgerbegehren genau diejenigen stärkt und motiviert, die „Wehret den Anfängen“ oder „Schluss jetzt“ rufen und auf die Protestkarte setzen. Wir werden es sehen.













Martin Tenbrock says:
Hallo Herr Blesenkemper,
genau wie in Ihrem Kommentar beschrieben nehmen es die meisten meiner Arbeitskollegen, die mich heute angesprochen haben, auf. Viele finden einen Standort in ihrer eigenen Umgebung und handeln nun „wahrscheinlich“ nach dem St. Florians-Prinzip (bloss nicht bei mir), so wird es auch ganz offen ausgesprochen. Das Unverständnis für diese Aktion ist aber trotz allem sehr groß. Gestern Abend, als die Meldung in Biemenhorster Chat-Gruppen vorab die Runde nahm, war das Entsetzen über diesen Schachzug riesig. Da werden die Verantwortlichen womöglich so einige Wähler für immer verloren haben.
– Woher kommen auf einmal 13 x mögliche weitere Standorte, wobei bislang (trotz des Versprechens der Suche danach) kein einziger für eine gerechtere Aufteilung und mögliche Splittung der Sammelunterkunft [Erstaufnahmeeinrichtung für ca. 6 Wochen bis 6 Monaten) zur gleichmäßigeren Belastung der Bürger gefunden werden konnte?
– Wo werden die 5-6 weiterhin benötigten langfristigeren Unterkünfte (je bis zu 100/120 Personen) für die zweite Unterbringungsphase untergebracht werden? Auf diesen neu genannten Flächen?
Kommentar: Man hätte in der frühen Phase alternative Lösungen gemeinsam mit den Bürgern finden können. Dazu hätte man sich aber zusammensetzen, sprechen und andere Meinungen zulassen müssen (–>Kompromiss finden)!
Viele Grüße
Martin
Dan says:
Ist zwar nicht die feine Art, aber Populisten und Faschisten mit Anstand zu begegnen kann nur nach hinten losgehen. Von daher super Aktion, ich hoffe sie zeigt Wirkung
Made says:
Könnten Sie Ihre Aussage bitte konkretisieren.
Beleidigen Sie gerade mehrere tausend Biemenhorster?
Freue mich auf die Verleumdungsklage!
Uwe Schaffeld says:
Das ist so unfair von der Stadt Bocholt und deren Abgeordneten ich hoffe das diese Aktion nach hinten losgehen wird ?
john says:
Jetzt wissen wir, wer die Strippenzieher sind, die behaupten, der Ratsbeschluss 115/2023 von 250 Personen in Containern auf dem Takenkamp sei die einzige Möglichkeit in Bocholt. Denn genau darum erfolgt der Bürgerbescheid, siehe Seite 1 der Informationsbroschüre.
Wenn nun nach der Abstimmung die Stadt Bocholt mit ihrer Maximalforderung verlieren würde, hat sich die Stadtverordentenversammlung damit eigenhändig aus Biemenhorst verabschiedet. Geschieht ihnen recht, denn sie hätten ihren Beschluss nur zu ändern gebraucht z.B. für 150 Personen! Aber sie wollten unbedingt die Abstimmung, um die Initiatoren der Fremdenfeindlichkeit beschuldigen zu können! Toll!
M.v.Kaler says:
Das war doch von vornherein klar. Wenn der Standort Biemenhorst nicht realisiert werden kann, muss die Unterkunft woanders gebaut werden. Alternativ dauerhaft Sportstätten zu belegen ist ja nun keine gute Lösung. Und auch keine menschenwürdige.
Elisabeth says:
Für die Bürger und Bürgerinnen der Stadt Bocholt macht die Verwaltungsspitze und Politik keine ehrlichen Aussagen zu möglichen anderen Standorten.
Das ist sehr schlechter Stil ,um Vertrauen in Verwaltung (siehe Bürgermeister), sowie die Fraktionen des Bocholter Rates.
Gerade in dieser aufgeheizten Stimmung solche verwerflichen Kniffe anzuwenden verbietet sich eigentlich von alleine.
Jürgen Werning says:
Das undemokratische Verhalten der Verwaltungsspitze, wichtige Informationen bis 2 vor 12 zurückzuhalten, führt hoffentlich zu einem Bürgerbegehren, welches den Rücktritt der Verwaltungsspitze zur Folge hat.
Sonst bitte nicht wundern, dass in Zukunft das Original gewählt wird.
Petra says:
Ist der Bürgerbescheid denn jetzt überhaupt noch gültig? Die Informationen über die weiteren geplanten Standorte hätten vielleicht einige Briefwähler auch gerne gehabt.