MIT KOMMENTAR: Integrationsrat noch immer „schockiert und entsetzt“
Juan Lopez-Casanava ist noch immer „schockiert und entsetzt“. Eine Woche nach der Ratsentscheidung von CDU, FDP und AfD gegen einer stärke Beteiligung des Integrationsrates an der politischen Meinungsbildung in der Stadt, zeigt sich der Vorsitzende des Gremiums konsterniert. In mehr als 50 Kommunen in Nordrhein-Westfalen werde genau das gemacht. In Bocholt dagegen betrachte man den Integrationsrat offenbar eher als „Spielwiese“. „Das wirft uns 30 Jahren zurück“, meint Casanava. Besonders wurmt ihn, dass Union und Liberale – wenn auch offiziell aus formalen Gründen – ausgerechnet einer AfD-Position gefolgt sind.
Für den Integrationsrat kam die ablehnende Haltung der Ratsmehrheit „völlig überraschend“. Bereits vor Monaten habe man den Antrag gestellt, beratende Stimmen in Fach- und Bezirksausschüssen zu erhalten. Außer von der AfD habe es dagegen nie Widerstand gegeben, erläutert der Vorsitzende. Juan Lopez-Casanava hat jetzt für kommenden Donnerstag die Vertreter der Fraktionen zu einem Gespräch eingeladen. Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage.
Foto: Stadt Bocholt
KOMMENTAR
Von BERTHOLD BLESENKEMPER
Unfassbar, was sich da vergangene Woche im Rat abgespielt hat. CDU und FDP stimmen ausgerechnet in einer die Ausländer in der Stadt betreffenden Frage mit der AfD und helfen dieser so, einen Antrag auf stärke Beteiligung des Integrationsrates an der politischen Meinungsbildung zu kippen. Wie dumm ist das denn? Zugegeben: Inhaltlich kann man der Sache durchaus kritisch gegenüberstehen. Aber das ist noch lange kein Grund für einen derartigen politischen Fauxpas. CDU und FDP hätten die Chance gehabt, den Antrag zu vertagen. Das hätte allen die Zeit gegeben, noch einmal darüber zu sprechen und einen Kompromiss zu finden. So aber lacht sich die AfD ins Fäustchen. Und das Netz spottet und spricht schon von „brauner Koalition“. Das kommt davon, wenn man einfach zu „formal“ denkt.
Gunnar WITZMANN (AfD) says:
#bertholdblesenkemper
Ihre verbale Übergriffigkeit ,“braune Koalition“, ist so dümmlich, daß sie unkommentiert bleiben kann.
Der Anspruch des Integrationsrates ist anmaßend und ohne rechtliche Grundlage.
Alle Bürger, die der Integrationsrat vorgibt zu vertreten, haben uneingeschränkte Möglichkeiten sich in politischen Parteien oder Interessengruppen politisch zu betätigen und an der politischen Meinungsbildung und den Entscheidungsprozessen mitzuwirken.
Damit wäre dem Anspruch der Meinungsvielfalt mehr gedient, als mit einem Integrationsrat, der sich häufig darin erschöpft, ausschließlich Partikularinteressen durchsetzen zu wollen.
Das stößt Vertretern der Parteien im Rat ebenso sauer auf, wie gut integrierten Bürgern.
Abdulkadir Kis says:
Liebe Freundinnen und Freunde,
der Hauptgrund, warum wir den IR-Antrag gestellt haben ist, die Änderungen des Paragraphen-27 Gemeindeordnung-NRW „Politische Teilhabe von Menschen mit Einwanderungsgeschichte“
Absatz 8, 9, 10
(8) Rat und Integrationsrat sollen sich über die Themen und Aufgaben der Integration in der Gemeinde abstimmen.
Der Integrationsrat kann sich darüber hinaus mit allen Angelegenheiten der Gemeinde befassen. Auf Antrag des Integrationsrates ist eine Anregung oder Stellungnahme des Integrationsrates dem Rat, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss vorzulegen. Der Vorsitzende des Integrationsrates oder ein anderes vom Integrationsrat benanntes Mitglied ist berechtigt, bei der Beratung dieser Angelegenheit an der Sitzung teilzunehmen; auf sein Verlangen ist ihm dazu das Wort zu erteilen.
(9) Der Integrationsrat soll zu Fragen, die ihm vom Rat, einem Ausschuss, einer Bezirksvertretung oder vom Bürgermeister vorgelegt werden, Stellung nehmen.
(10) Dem Integrationsrat sind die zur Erledigung seiner Aufgaben erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Rat kann nach Anhörung des Integrationsrates den Rahmen festlegen, innerhalb dessen der Integrationsrat über ihm vom Rat zugewiesene Haushaltsmittel entscheiden kann.
D.h. der Integrationsrat soll in die lokale Politik voll integriert werden. Deshalb wollen wir die Zusammenarbeit mit den Ausschüssen, indem wir Mitglieder mit Rederecht zu anderen Ausschüssen entsenden dürfen.
Nach der Änderung der Gemeindeordnung haben viele NRW-Städte bereits ihre Hauptsatzungen entsprechend geändert, sodass der Integrationsrat größere Kompetenzen und Aufgaben bekommen hat. Das Budget des Integrationsrates wurde auch entsprechend erhöht (siehe Beispiel Köln).
Anhang:
§-27 GO-NRW
http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=163147785232870625&sessionID=2488345991868128380&chosenIndex=Dummy_nv_68&templateID=document&source=context&source=context&highlighting=off&xid=146702,28
MFG
Dipl.-Ing. Abdulkadir Kis
Mitglied im Integrationsrat-Bocholt